Bochum. Die neue Grundsteuer belastet Eigentümer von Wohngebäuden mehr als Gewerbetreibende. Das lässt sich abmildern. So wird sich Bochum entscheiden.

Durch die neue Grundsteuer werden vor allem Eigentümer und Mieter von Wohngebäuden stärker zur Kasse gebeten als bislang. Wem Gewerbeimmobilien gehören, der wird eher entlastet. Mit einer vom Land NRW vorgeschlagenen Anpassung können Städte diesen Effekt abmildern. Und darauf läuft es in Bochum nun hinaus. Die Stadt würde damit dem Weg folgen, den andere große Kommunen im Ruhrgebiet ebenfalls wählen.

SPD, Grüne und CDU in Bochum wollen keine weitere Erhöhung der Wohnkosten

Bevor der Stadtrat am 19. Dezember über die Höhe des neuen Grundsteuerhebesatzes entscheidet, haben die größten Fraktionen und damit die deutliche Mehrheit des Rats ihre Entscheidung bereits getroffen: Die Rathaus-Koalition mit SPD und Grünen, aber auch die CDU sprechen sich für einen differenzierten Hebesatz für Wohn- und Nichtwohngebäude aus. Damit fällt der drohende Steueranstieg für Wohnhausbesitzer und für Mieter entweder moderater aus, für einige sinken die Grundsteuern sogar. Stärker belastet werden Gewerbetreibende.

91,4 Millionen Euro will Bochum aus Grundsteuern einnehmen

Bislang gibt es in Bochum einen einheitlichen Hebesatz für Wohngebäudebesitzer und Eigentümer von Gewerbeimmobilien in Höhe von 645 Prozent. Um nach der Steuerreform unterm Strich auf die gleichen Einnahmen in Höhe von etwa 91,4 Millionen zu kommen, hätte der Hebesatz auf 843 Prozent steigen müssen – mit dem Effekt der stärken Belastung von Hausbesitzern, Wohnungsvermietern und -mietern auf der einen Seite und einer deutlichen Entlastung von Betrieben und Unternehmen. Diese Umverteilung liegt an den von den Finanzämtern neu festgelegten Grundsteuermessbeträgen („So berechnen Sie die neue Grundsteuer“).

So berechnen Sie die neue Grundsteuer

Die Grundsteuer B für bebaute und unbebaute Grundstücke kann jeder Eigentümer selbst berechnen.

Dazu muss der Grundsteuermessbetrag, den die Finanzämter festgelegt und jedem Eigentümer mitgeteilt haben, mit dem von jeder Stadt beschlossenen Grundsteuerhebesatz multipliziert werden (in Bochum mit 7,15 für Wohneigentum und mit 11,90 für gewerbliche Immobilien). Das Ergebnis ist der jährliche Grundsteuerbetrag.

Betroffen von der Veränderung sind auch Mieter. Denn: Die Grundsteuer kann zu 100 Prozent auf Mieter umgelegt werden.

Anders verhält es sich, wenn das „differenzierte Modell“ angewendet wird. Und das sieht so aus: Für Wohngrundstücke steigt der Hebesatz nur auf 715 Prozentpunkte, für Nichtwohngrundstücke aber auf 1190 Prozentpunkte. Und so soll es in Bochum kommen.

„Nach reiflicher Überlegung werden wir für differenzierte Hebesätze stimmen“, sagt SPD-Fraktionschef Burkart Jentsch. „Bei einheitlichen Hebesätzen würden viele Wohneigentümerinnen und -eigentümer, aber auch Mieterinnen und Mieter überproportional belastet. Das widerspricht ganz klar unserer Richtlinie. Wir sind gegen weitere finanzielle Belastungen im Bereich Wohnen.“

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Der grüne Koalitionspartner sieht es genauso, auch wenn der Fraktionsvorsitzende Sebastian Pewny Verständnis für den Vorschlag von Kämmerin Eva Hubbert aufbringt, einen einheitlichen Steuersatz zu beschließen. Sie hat in erster Linie Bedenken angemeldet, das differenzierte Modell könnte rechtlich angefochten werden und nachträglich zu Steuerausfällen führen. „Unterm Strich brauchen die Bochumer Bürgerinnen und Bürger gerade jetzt keine weitere Belastung bei den Wohnkosten. Diese belasten die normalen und geringen Haushaltseinkommen gerade in den Ruhrgebietsstädten ganz besonders, weil dafür ein großer Teil des zur Verfügung stehenden Geldes ausgegeben werden muss“, so Pewny.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt die CDU, für die Fraktionschef Karsten Herlitz erklärt: „Eine Differenzierung der Hebesätze führt zu einer Entlastung bzw. kleinerer Mehrbelastung für die Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern. Auch für Mietwohngrundstücke und damit für die Mieterinnen und Mieter ergibt sich eine Entlastung.“

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Was die rechtliche Einordnung betrifft, verweist Herlitz auf das Gutachten des Landes NRW. Dies komme zu dem Ergebnis, „dass differenzierte Hebesätze verfassungsrechtlich zulässig und ohne erhebliche rechtliche Risiken eingeführt werden können“.

Vergeblich hat damit die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet im Vorfeld vor einer stärkeren Belastung von Unternehmen gewarnt und die Politik aufgefordert, sich für einen einheitlichen Hebesatz zu entscheiden.

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Auch die anderen großen Städte im Ruhrgebiet haben sich für den differenzierten Hebesatz entschieden: Duisburg (Hebesatz von 886 Prozent für Wohngrundstücke wie Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücke und Hebesatz von 1469 Prozent für Nichtwohngrundstücke wie Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum, sonstige bebaute Grundstücke und unbebaute Grundstücke), Essen (655 und 1290 Prozent), Dortmund (625 und 1245 Prozent) sowie Gelsenkirchen (696 und 1387 Prozent).

Andere gehen diesen Weg nicht. Die Stadt Herne hat den einheitlichen Grundsteuerhebesatz von 990 Prozent für alle beschlossen. Mülheim an der Ruhr behält sogar seinen bisherigen Steuersatz von 890 Prozent und verzichtet damit auf Grundsteuereinnahmen von etwa zehn Millionen Euro.

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