Bochum. Von 2025 an gilt die neue Grundsteuer. Es zeichnet sich ab, viele Bochumerinnen und Bochumer werden stärker belastet – vor allem eine Gruppe.
Viele Bochumerinnen und Bochumer haben es längst befürchtet: Die neue Grundsteuer wird für sie zu einer deutlichen Mehrbelastung führen. Nun räumt auch die Stadt Bochum ein, „dass ein Großteil der Steuerpflichtigen eine steuerliche Mehrbelastung durch die Reform erfahren wird“, wie es in einer Mitteilung der Stadtverwaltung heißt. Die Rede ist von einer „Belastungsverschiebung“.
Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern müssen mehr zahlen
In welche Richtung diese Verschiebung geht, zeichnet sich ab, nachdem das Finanzamt für etwa 80.000 der 105.000 grundsteuerpflichtigen Grundstücke in Bochum die Messbescheiddaten ermittelt hat. Die Messbeträge, die multipliziert mit dem von der Stadt festgelegten Hebesatz die Grundsteuerbelastung ergeben, sinken bei Geschäftsgrundstücken um 66 Prozent und bei gemischt genutzten Grundstücken um 47 Prozent. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern zeichnen sich aber Steigerungen ab: um sechs Prozent bei Einfamilienhäusern und um zwei Prozent bei Zweifamilienhäuser. Bei unbebauten Grundstücken sind es sogar 32 Prozent.
Die Mehrbelastung für Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern scheint zwar auf den ersten Blick moderat zu sein. Aber da Bochum voraussichtlich den Hebesatz deutlich nach oben anpassen muss, um die bisherige jährliche Gesamteinnahme aus der Grundsteuer von insgesamt etwa 88 Millionen Euro zu erreichen, steigt auch die Belastung einzelner. Das wird, so die Befürchtung der Verwaltung, unweigerlich zu Widersprüchen und Klagen führen. Selbst Kämmerin Eva Hubbert spricht von einer „Ungerechtigkeit“.
Hochrechnung: Grundsteuer-Hebesatz steigt in Bochum auf 729 Prozent
Diese freilich, habe nicht die Stadt zu verantworten. „Wir haben immer gesagt, dass es zu Veränderungen kommen wird“, so die Kämmerin. „Die Summe wird sich nicht ändern, aber es wird in der Verteilung zu Veränderungen kommen.“ Die Reform führe dazu, dass einige Steuerzahler weniger als bislang und andere mehr belastet werden. Es zeige sich, „dass insbesondere Ein- und Zweifamilienhäuser wahrscheinlich eine höhere Belastung haben werden; im Gegensatz zum Gewerbe, das wahrscheinlich entlastet werde.“
Was das für den einzelnen bedeutet, lässt sich am folgenden Beispiel zeigen. WAZ-Leser Frank M. (Name ist der Redaktion bekannt) hatte im Oktober 2022 bereits einen Bescheid vom Finanzamt Bochum erhalten. Um mehr als 30 Prozent gestiegen ist für ihn der von 2025 an geltende Grundsteuermessbetrag für seine selbst genutzte Immobilie: von 70,85 auf 106,86. Multipliziert mit dem in Bochum derzeit gültigen Grundsteuerhebesatz von 645 Prozent würde dies eine jährliche Belastung von 689,25 Euro bedeuten. Bislang bezahlt Frank M. 456,98 Euro Grundsteuer.
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Steigt aber nun auch noch der Hebesatz, wird es noch teurer. Nach den aktuellen Berechnungen müsste der Hebesatz von 645 Prozent auf 729 Prozent steigen, so die Hochrechnung der Stadt, damit sie unter dem Strich jährlich etwa die gleichen Gesamteinnahmen aus der Grundsteuer erhält wie bislang. Kommt es so, zahlt Frank M. in Zukunft 779 Euro Grundsteuer jährlich.
NRW will für jede Stadt eine Hebesatzänderung vorschlagen
Ob und wie stark der Hebesatz tatsächlich steigen wird, das lässt Bochums Kämmerin noch offen. Sie sagt derzeit nur, dass bis Mitte 2024 eine Entscheidung herbeigeführt werden müsse, um die Bescheide für 2025 noch rechtzeitig verschicken zu können. „Wir haben immer gesagt, den Hebesatz passen wir so an, dass das Volumen der Grundsteuer gleich bleibt. Wir machen keine indirekte Steuererhöhung.“
Finanzamt wird Angaben demnächst schätzen
Nach Auskunft der Stadt waren bis zum August gut 80 Prozent der eingegangenen Steuererklärungen bei beiden Bochumer Finanzämtern bearbeitet.
Für etwa 5500 Grundstücke lagen zu diesem Zeitpunkt noch keine Steuererklärungen vor, „sodass demnächst Schätzungen vorgenommen werden“, wie es heißt.
Bis zum 30. April 2024 sollen alle Steuererklärungen bearbeitet sein und für alle Grundstücke damit ein neuer Messbetrag vorliegen.
NRW habe bereits angekündigt, für jede Kommune einen neutralen Hebesatz vorzuschlagen, der am Ende dazu führen soll, dass es jeweils beim bisherigen Gesamtsteueraufkommen bleibt. „Das wäre für uns eine große Erleichterung“, so Hubbert, „damit jeder sieht, dass wir uns nicht bereichern“.
Land könnte die Belastungsverschiebung abmildern
Das Land könne aber auch mehr tun, um „die Belastungsverschiebung“, wie es heißt, abzumildern. Dazu müsste sie die von ihm festgelegten Steuermesszahlen verändern; etwa die für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum. Die Zahl (aktuell 0,31 Promille) hat Einfluss auf die Höhe des Steuermessbetrags und am Ende auf die Höhe der Grundsteuer.
Der Städtetag habe die Landesregierung bereits Juni 2021 aufgefordert, eine Änderung zu prüfen, um „insbesondere systematische Lastenverschiebungen zwischen Wohn- und Geschäftsgrundstücken zu vermeiden bzw. abzumildern“. Geschehen sei bislang aber nichts.
13 Prozent legen Einspruch beim Finanzamt Bochum ein
Unbeschadet möglicher Widersprüche und Klagen von Steuerzahlern gegen Grundsteuerbescheide der Stadt Bochum von 2025 an, sind bereits jetzt viele Bochumerinnen und Bochumer mit der vorangegangenen Feststellung des Grundsteuermessbetrag durch das Finanzamt Bochum nicht einverstanden. Die Einspruchsquote bei den Bochumer Finanzämtern liegt bei geschätzten 13 Prozent, so die Stadt. „Die Tendenz ist aber steigend.“