Herne. Viele Hausbesitzer in Herne müssen 2025 deutlich mehr für die Grundsteuer ausgeben. Grund ist eine Reform. Wer mehr zahlen soll - und wer nicht.
Die Grundsteuer-Reform trifft viele Hausbesitzerinnen und -besitzer in Herne mit voller Wucht. Sie müssen ab 2025 deutlich mehr Grundsteuer zahlen. Freuen dürfen sich dagegen die Eigentümerinnen und Eigentümer von Gewerbeimmobilien. Sie müssen zum Teil deutlich weniger Steuern zahlen. Treffen wird die Reform am Ende vor allem auch viele Menschen, die in Mietwohnungen leben: Es ist abzusehen, dass die Mehrkosten auf sie abgewälzt werden.
Eine Reform der Grundsteuer hatte das Bundesverfassungsgericht verlangt, und die Kommunen müssen sie nun umsetzen. „Wir nehmen dadurch keinen Cent mehr ein“, betont Hernes Kämmerer Marc Ulrich gegenüber unserer Zeitung. Veränderungen soll es nur für einzelne Eigentümerinnen und Eigentümer geben. Nach dem Motto: Die einen zahlen mehr, die anderen dafür weniger. Das Land hatte zuletzt für jede Stadt Hebesätze ausgerechnet, damit sie nach Inkrafttreten der Reform keine Einbußen bei ihren Grundsteuer-Einnahmen haben. Für die Stadt Herne liegt dieser Satz bei der Grundsteuer B für alle Grundstücke bei 990 Prozent (aktuell 830). Diesen einheitlichen Satz will der städtische Finanzchef übernehmen. Gibt der Rat in der kommenden Woche dafür grünes Licht, dann tritt die neue Grundsteuer-Regelung zum 1. Januar so in Kraft.
Herne:54 Prozent der Eigentümer zahlen mehr
Die Folge: 54 Prozent der Eigentümerinnen und Eigentümer in Herne, so der Kämmerer zu unserer Zeitung, müssten dann eine höhere Grundsteuer zahlen. Betroffen seien vor allem Besitzerinnen und Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern. Weniger zahlen müssten 26 Prozent, bei 20 Prozent bleibe die Steuer in etwa gleich. Wieviel mehr oder weniger Grundsteuer anfalle, das sei individuell sehr unterschiedlich. Das liege daran, dass die Grundstücke mehr oder weniger wert geworden seien. Der neue Grundsteuerwert sei durch das Finanzamt festgelegt worden, nicht durch die Stadt Herne, so das Rathaus in einer Mitteilung.
Nur grob und durchschnittlich könnten die Mehrbelastungen beziffert werden: Ein- und Zweifamilienhaus-Eigentümerinnen und -eigentümer müssten mit einer Steigerung von 30 bis 40 Prozent rechnen, bei den Mietwohngrundstücken und Eigentumswohnungen liege die Mehrbelastung bei 13 bis 15 Prozent, so eine Berechnung der Stadt aus dem Sommer. Besitzerinnen und Besitzer von Geschäftsgrundstücken profitierten trotz des höheren Hebesatzes und müssten im Schnitt 46 Prozent weniger Grundsteuer zahlen.
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Dass die Stadt Herne einen einheitlichen Hebesatz für Wohn- und für Gewerbeimmobilien einführen will, ist übrigens keine Pflicht. Das Land erlaubt es den Kommunen durchaus, unterschiedliche Sätze zu erheben. Essen etwa will das beispielsweise nutzen, um Wohneigentümerinnen und -eigentümer und somit auch Mieterinnen und Mieter, auf die die Mehrkosten über die Nebenkosten abgewälzt werden dürften, vor einer Preisexplosion zu schützen. Auch Duisburg und Witten planen differenzierte Hebesätze. Hernes Kämmerer lehnt das ab. Unterschiedliche Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke seien an hohe rechtliche Hürden geknüpft, die Herne nicht nehmen könne. Möglich seien unterschiedliche Sätze etwa dann, wenn es in einer Stadt Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt gebe; das sei in Herne aber nicht der Fall.
Außerdem, das will Ulrich nicht verhehlen, habe der einheitliche Hebesatz auch einen Vorteil: Er entlaste die heimische Wirtschaft und stütze die Unternehmen in schwierigen Zeiten. Deshalb sei der neue, einheitliche Hebesatz auch „eine Wirtschaftsförderungsmaßnahme“.
Dass viele Hernerinnen und Herner - vor allem die in Ein- und Zweifamilienhäusern - durch die Grundsteuer-Reform überproportional belastet werden, sorgt dennoch seit vielen Monaten für Kritik bei der Stadt Herne. Nur das Land NRW hätte diese Mehrbelastung durch Anpassung der Steuermesszahl verhindern können, so das Rathaus. Die Verwaltung habe zusammen mit anderen Kommunen und kommunalen Spitzenverbänden die Landesregierung mehrfach aufgefordert, diese Steuermesszahl - also die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer - anzupassen. Das sei leider nicht geschehen, kritisiert der Kämmerer.
>>> Die Grundsteuer-Reform
- Das Bundesverfassungsgericht hatte die Grundsteuer in ihrer bisherigen Form im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt. Das Berechnungsschema für die Grundsteuerwerte beruhte auf Zahlen aus dem Jahr 1964 beziehungsweise 1935 (neue Bundesländer) und konnte die aktuellen Wertverhältnisse nicht mehr abbilden. Der Bundestag hat daraufhin Ende 2019 ein Gesetz zur Grundsteuerreform verabschiedet.
- Dieses Gesetz gilt grundsätzlich bundesweit, jedoch hat der Gesetzgeber eine Klausel eingefügt, dass einzelne Länder eigene Berechnungsmodelle entworfen haben. Nordrhein-Westfalen hat sich zusammen mit zehn anderen Bundesländern für das „Bundesmodell“ entschieden.