Bochum. Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäuser werden durch die Grundsteuerreform angeblich mehr belastet. Dafür gibt es eine Ausgleichsmöglichkeit.

Nach den Sommerferien beginnt die Stadtverwaltung Bochum in der Regel damit, die Grundsteuerbescheide für das kommende Jahr zu verschicken. Diesmal werden die Eigentümerinnen und Eigentümer von Häusern und Grundstücken länger auf die Benachrichtigung für 2025 warten, kündigt Eva Hubbert an. „Wir brauchen erst einen politischen Beschluss; noch in diesem Jahr“, sagt Bochums Kämmerin auf Anfrage dieser Redaktion.

Noch hat Bochum einen Hebesatz 645 Prozent

Schon jetzt bahnt sich eines an: Der Hebesatz von derzeit 645 Prozentpunkten für die Grundsteuer B muss steigen, wenn – wie vorab festgelegt – die Gesamteinnahmen aus diesem Topf durch das neue System im Vergleich zur bisherigen Variante nicht sinken sollen; also der Wechsel aufkommensneutral erfolgt. 91,4 Millionen Euro erwartet die Stadt Bochum aus der Grundsteuer für das Jahr 2025. Und das geht nur, so die Berechnung der Verwaltung vom Herbst 2023, als 80 Prozent der Daten von etwa 100.000 grundsteuerpflichtigen Grundstücken und Gebäuden vorlagen, wenn der Hebesatz von derzeit 645 auf dann 839 Prozent steigt.

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Ob es dazu kommt, muss die Politik entscheiden. Und seit diesem Donnerstag liegen dafür weitere Daten vor, die das Land NRW vorgibt. Um die vermeintlichen Ungleichgewichte auszugleichen, die sich durch die „neue Grundsteuer ergeben“ – so etwa eine erhöhte Belastung vieler Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäuser und eine Entlastung der Besitzer von Gewerbeimmobilien, hat das Land Hebesätze für jede der 396 Kommunen in NRW vorgeschlagen, die übernommen werden können, aber nicht übernommen werden müssen. Und: Es nennt darüber hinaus differenzierte Hebewerte für Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke; etwas, was es bislang nicht gab. Hintergrund dafür ist die Grundsteuerreform, die nach einem Urteil des Verfassungsgerichts von 2018 zu einer Neubewertung von Grundstücken und Gebäuden führt.

Land schlägt vor, der Hebesatz soll auf 843 Prozentpunkte steigen

Die Zahlen für Bochum sehen so aus: Der Hebesatz für die Grundsteuer sollte 843 Prozentpunkte betragen, so das Land; also beinahe genau der Wert, den die Bochumer Stadtverwaltung selbst schon errechnet hat. Um die vermeintliche Mehrbelastung von Häusle- und Bodenbesitzern abzufedern, schlägt NRW vor, dass für Wohngrundstücke ein Hebesatz von nur 710 Prozentpunkte, für Nichtwohngrundstücke von 1211 Prozentpunkte angesetzt werden könnte. Unterm Strich sollen dann die 91,4 Millionen Euro Einnahmen aus der Grundsteuer B herauskommen; ergo die Aufkommensneutralität erreicht werden.

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Wofür Bochum sich entscheidet? Das ist noch ungewiss. „Ich finde es gut, dass das kommt“, sagt Kämmerin Hubbert zu den Vorschlägen des Landes. „Aber wir müssen uns das erst einmal genau angucken“. Aus ihrer Sicht sind auch diese Zahlen erst einmal „noch vorläufig, weil wir noch gar nicht alle Messbescheide verarbeitet haben.“ Und: Ein steigender Hebesatz heißt nicht automatisch, dass die steuerliche Belastung für jeden zunimmt. „Es wird Gewinner und Verlierer geben“, heißt es.

106.500 Grundstücke veranlagt

Die Grundsteuer wird so ermittelt: Das Finanzamt ermittelt den Grundsteuerwert eines Grundstücks und/oder Gebäudes. Dieser wird mit der Steuermesszahl multipliziert, um den Grundsteuermessbetrag zu erhalten. Die Höhe der festzusetzenden Grundsteuer wird – sowohl im bisherigen, als auch im künftigen Verfahren – durch Multiplikation des Grundsteuermessbetrages mit dem Grundsteuerhebesatz ermittelt.

In Bochum werden derzeit etwa 106.500 Grundstücke zu Grundbesitzabgaben veranlagt. Die Anzahl der grundsteuerpflichtigen Grundstücke beläuft sich auf 100.000; die restlichen Objekte sind grundsteuerbefreit. Bochum hat 2023 Einnahmen aus der Grundsteuer in Höhe von 88,1 Millionen Euro erzielt. Für 2024 werden 89,6 Millionen Euro erwartet, für 2025 sind es 91,4 Millionen Euro.

Die von der Finanzverwaltung vorgeschlagenen aufkommensneutralen Hebesätze sind „nur als Referenzwert zu verstehen“, heißt es im NRW-Finanzministerium. „Der Stadtrat entscheidet darüber, ob für die Grundsteuer B ein einheitlicher oder differenzierter Hebesatz festgelegt wird und wie hoch dieser sein wird“, so Sibylle Nagel-Brütting, Leiterin des Finanzamts Bochum-Süd.

Sollte der Hebesatz höher als bislang sein, bedeute das nicht automatisch, dass alle Bürgerinnen und Bürger auch mehr Grundsteuer zahlen. Bei der Frage, wie viel Grundsteuer im Einzelfall zu zahlen ist, komme es neben dem Hebesatz und der Steuermesszahl auch auf den Grundstückswert an.

Auch die wirklichen Auswirkungen der Grundsteuerreform seien so klar noch nicht. Richtig sei, dass Ein-und Zweifamilienhäuser mehr belastet werden. „Aber das sind in erster Linie Häuser mit großen Grundstücken in bevorzugten Lagen. Ein normales Reihenhaus wird – jedenfalls nach unserer Analyse – gar nicht so viel mehr belastet“, so Hubbert.

Finanzämter verschicken Messbescheide an Eigentümer

Die von den Finanzämtern verschickten Messbescheide sind Grundlage für die Grundsteuer. Der Messbetrag multipliziert mit dem Hebesatz ergibt die Grundsteuerbelastung. Von den Messbescheiden, die in Bochum angeblich von den Finanzämtern Mitte und Süd mittlerweile zu 100 Prozent verschickt sein sollen, seien bei der Stadt zu etwa 90 Prozent verarbeitet worden.

Bleibt die Frage, ob Bochums es bei einem Hebesatz für die Grundsteuer B belässt, wie hoch er auch immer sein mag, oder ob er zwei unterschiedliche Hebesätze für Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke ansetzt. Hubbert: „Ob wir differenzieren oder nicht differenzieren, das muss man sehen. Wir werden rechnen, werden die Auswirkungen diskutieren und dann muss das ja auch noch politisch betrachtet werden. Der Rat entscheidet darüber.“

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Eine Empfehlung könne sie zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeben, dafür fehle ihr noch die Grundlage. Sie kündigt aber an: „Nach den Sommerferien müssen wir uns positionieren, welche Entscheidungsgrundlage wir vorlegen. Allerdings sagt die Kämmerin auch: „Ich halte den differenzierten Hebesatz für rechtlich höchst angreifbar.“ Mit Spannung erwarte sie das Ergebnis einer entsprechenden Prüfung durch den Deutschen Städtetag.

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