Bochum. Ein Einheits-Steuersatz von 843 Prozent oder splitten, je nach Nutzung? Eine Variante belastet viele Bochumer mehr, die andere ist riskanter.

Vom 1. Januar 2025 an gilt die „neue“ Grundsteuer. Wie hoch sie für jeden Eigentümer von Wohnungen und/oder Häusern in Bochum ausfällt, ist weiterhin unklar, da der Stadtrat noch nicht über die Höhe des Hebesatzes entschieden hat. Das soll nach den Vorstellungen von Bochums Kämmerin Eva Hubbert noch in diesem Jahr geschehen.

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Kämmerei legt der Politik eine Entscheidungsgrundlage vor

Nun hat die Stadtverwaltung der Politik einen Vorschlag dazu gemacht. In einem Schreiben an die Fraktionen und Einzelmandatsträger, das der Redaktion vorliegt, begründet sie ihre Empfehlung, die aus Sicht von Experten zwar für eine höhere Rechtssicherheit, aber auch zu einer Mehrbelastung vieler Bochumerinnen und Bochumer führt.

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Zwei Varianten liegen auf dem Tisch, um in Summe das gleiche Steueraufkommen zu erhalten wie nach dem bisherigen Modell. Dabei geht es um einen Gesamtbetrag in Höhe von 91,4 Millionen Euro.

Mehrbelastung bei Ein- und Zweifamilienhäusern mit älterem Wohngebäude und großem Grundstück

Variante A: Der Hebesatz für die Grundsteuer B steigt einheitlich von jetzt 645 auf künftig 843 Prozentpunkte. Der Nachteil: Eigentümer von Wohngrundstücken werden tendenziell höher belastet, Eigentümer von Gewerbegrundstücken eher entlastet. „Mit einer Mehrbelastung ist insbesondere bei Ein- und Zweifamilienhäusern mit älterem Wohngebäude und großem Grundstück zu rechnen“, heißt es im Schreiben der Kämmerei an die Fraktionen. Und: „Erhebliche Minderbelastungen erfahren z.B. Geschäftsgrundstücke mit größeren Lagerhallen.“

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Variante B: Um die Mehrbelastung von Häuslebesitzern abzufedern, räumt das Land NRW den Städten die Möglichkeit ein, den Hebesatz zu splitten. Für Bochum ist vorgesehen, dass für Wohngrundstücke ein Hebesatz von lediglich 710 Prozentpunkte und für Nichtwohngrundstücke von 1211 Prozentpunkte angesetzt werden können. Das Ergebnis: „Die Differenzierung der Hebesätze führt zu einer Verringerung der Mehrbelastung für die Gruppe der Einfamilienhäuser bzw. der Zweifamilienhäuser“, heißt es in dem Schreiben an die Fraktionen. Bei Mietwohngrundstücken und Wohnungseigentum komme es sogar zu einer Entlastung.

Bochums Kämmerin hält die Hebesatzdifferenzierung für riskant

Während Essens Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp sich für die gesplitteten Hebesätze ausspricht, sie seien bürgerfreundlicher und preisgünstiger, außerdem sei die Gefahr von beträchtlichen Steuerausfällen gering, schlägt Bochums Finanzverwaltung den anderen Weg vor: Kämmerin Eva Hubbert hat bereits vor einigen Wochen im Gespräch mit dieser Redaktion von einer „Sympathie für einen einheitlichen Hebesatz“ gesprochen; „weil ich einfach glaube, die Differenzierung ist für uns riskanter.“

Bochum folgt dabei der Einschätzung eines Gutachtens, das der Städtetag NRW in Auftrag gegeben hat und das sich von einem zweiten Gutachten unterscheidet, das im Auftrag des Landes erstellt wurde. Es heißt: Demnach bergen die differenzierten Hebesätze „erkennbar ein erhebliches rechtliches und finanzielles Risiko“. Diese Variante sei daher „kein geeignetes, rechtssicheres Instrument, um den Belastungsverschiebungen zu begegnen“.

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Für die Stadt Bochum geht es dabei um viel Geld. Sollten die differenzierten Hebesätze nicht verfassungsgemäß sein – genau das fürchten viele Kommunen und die kommunalen Spitzenverbände in NRW – drohe ein jährlicher Steuerausfall in Höhe von bis zu 14,5 Millionen Euro, weil dann der niedrigere Hebesatz für alle Grundstücke angesetzt werden müsse. Der Entlastungsvorteil für Wohngrundstücke „rechtfertigt diese Risiken aus Sicht der Verwaltung nicht“, heißt es. Sie rege daher an, „von differenzierten Hebesätzen abzusehen und die Grundsteuer nach einem einheitlichen Hebesatz zu erheben“.

Städte erheben Grundsteuer

Die Grundsteuer ist eine Steuer auf Grundstücke und Immobilien. Sie wird jährlich auf vorhandenen Grundbesitz erhoben und von Städten und Gemeinden eingenommen.

Unterschieden wird zwischen Grundsteuer A (für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) und Grundsteuer B (private und gewerbliche Grundstücke).

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