Düsseldorf. Werden Demos gegen rechts vom Staat mitfinanziert? Das wird in Medienberichten behauptet. Wir haben darüber mit Düsseldorfer Initiativen gesprochen.

Seit der Abstimmung im Deutschen Bundestag über den Fünf-Punkte-Plan von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und seinem verbundenen Tabubruch, eine Mehrheit für den Antrag durch Stimmen der in großen Teilen rechtsextremen AfD zu erhalten, rollt eine echte Protestwelle durch das Land. Vielerorts gehen seitdem zahlreiche Menschen in Deutschland gegen den fortschreitenden Rechtsruck, gegen das Vorgehen der CDU und gegen die AfD auf die Straße.

Auch in Düsseldorf kam es zuletzt zu Protesten. Ende Januar wurde am Burgplatz in der Altstadt gegen die von Friedrich Merz geforderte Verschärfung der Migrationspolitik demonstriert. Am vergangenen Sonntag (9. Februar) kam es am Schadowplatz in der Düsseldorfer Innenstadt zu Protesten. Für kommenden Samstag (15. Februar) steht in der Landeshauptstadt die nächste Demonstration gegen eine Wahlkampfveranstaltung der AfD am Schadowplatz auf dem Programm. Derzeit sind 10.000 Personen für den Protestzug angemeldet, wie Oliver Ongaro, Sprecher des anti-rassistischen Bündnisses „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ), das die Demo mit organisiert hat, auf Nachfrage erklärt.

Bei Organisatoren und Veranstaltern solcher Kundgebungen sorgen nun jedoch Medienberichte der Bild-Zeitung und des rechten Online-Portals „Nius“ für Aufsehen. Denn wie es darin heißt, seien die Proteste gegen die CDU und die AfD durch Steuergelder staatlich (mit-)finanziert, weil diese Initiativen und Vereine ja Fördergelder von den Kommunen, den Ländern und vom Bund erhalten würden. Ist dies auch in Düsseldorf der Fall? Wir haben bei einigen Anti-Rassismus-Initiativen nachgefragt.

Auch interessant

Die Demo gegen rechts in Düsseldorf ist beendet - laut Polizei waren mehr als 13.000 Menschen auf der Straße, Veranstalter sprechen von 30.000. Alle Informationen zum Nachlesen im NRZ-Blog.
Von Lucas Gangluff, Julia Müller, Stephan Wappner und Christopher Damm

„Omas gegen Rechts Düsseldorf“ finanzieren sich über Spenden

„Das ist totaler Blödsinn, kompletter Bullshit“, schimpft Martine Richli. Die Sozialpädagogin engagiert sich seit mehreren Jahren bei den „Omas gegen Rechts Düsseldorf“ und weiß daher, dass „wir uns nur über Spenden finanzieren“. Von dem Geld werden unter anderem Flyer, die bekannten Regenschirme und Buttons finanziert. Unterstützung aus Fördergeldern der Stadt oder des Landes, um Demonstrationen mit zu organisieren, gebe es aber nicht, stellt Richli klar.

Viel eher sei es so, dass „wir bei jedem unserer Treffen einen Betrag in unsere Kasse legen“. Staatliche Zuschüsse bekomme die Düsseldorfer Initiative jedoch nicht, betont Martine Richli. Lediglich der Bundesverband der Omas gegen Rechts habe für den Kongress, der im Sommer 2024 stattfand, Gelder vom Staat erhalten. Deswegen leisten die engagierten Omas in Düsseldorf einen monatlichen Beitrag von sechs Euro, um die Kasse aufzubessern. „Das ist aber nicht verpflichtend. Jeder muss nur so viel geben, wie er kann.“

Dass die Behauptung, Demos gegen Rechts seien staatlich mitfinanziert, bereits seit längerer Zeit im Netz und mittlerweile auch in Teilen der Gesellschaft salonfähig geworden ist, stößt Richli jedenfalls sauer auf. „Ich finde, dass erschüttert den Rechtsstaat, wenn Medien sowas einfach ungeprüft veröffentlichen können. Das könnte vermutlich auch daran liegen, dass die Faktenprüfung in Sozialen Netzwerken wie Facebook oder X mittlerweile abgeschafft wurde, und Behauptungen sich leichter verfangen. Denn was ich festgestellt habe, ist, dass man vielen Leuten gar nicht mehr mit Argumenten kommen kann und nur noch das glauben, was sie im Internet aufschnappen.“

+++ Folgen Sie der NRZ Düsseldorf jetzt auch bei Instagram! +++

Dabei bezieht sich die Pädagogin auch auf das immer wieder aufkommende Gerücht, vorwiegend aus der rechten (Internet-) Blase, dass Menschen Geld gezahlt bekommen, wenn sie an Demos gegen rechts teilnehmen würden. „Das ist natürlich ein Ammenmärchen. Wenn dem so wäre, hätte ich schon sehr viel Geld bekommen, so oft wie ich in meinem Leben schon auf Demos gegen Fremdenfeindlichkeit war. Außerdem waren im vergangenen Jahr 100.000 Menschen in Düsseldorf unterwegs. Wer hätte die alle bezahlen sollen?“

Vorsitzende von Düsseldorfer Flüchtlingsverein: „Harter Tobak“

Die Berichte der Bild-Zeitung und von Nius habe sie „sprachlos gemacht“, berichtet Hildegard Düsing-Krems, Vorsitzende des Vereins „Flüchtlinge Willkommen in Düsseldorf“. „Das ist schon ganz harter Tobak, solch eine Behauptung einfach aufzustellen. Aber da sieht man leider, wo Teile des deutschen Journalismus mittlerweile angekommen sind.“ Hinter der Berichterstattung vermutet sie einen Versuch, die vielen engagierten Personen, die „sich gegen Hass und Hetze auflehnen, zu diffamieren. Aber das zeigt auch, wo wir in Gesellschaft derzeit stehen. Wenn man vor einem Jahr gesagt, es ist fünf vor Zwölf, ist es mittlerweile eine Minute vor Zwölf, wenn Medienanstalten auf sowas anspringen.“

Denn Fördermittel vom Staat erhalte ihr Verein ausschließlich für die fachliche Arbeit, betont Düsing-Krems. „Von dem Geld bieten wir Beratungen für Geflüchtete in unseren Räumlichkeiten an. Die Stadt Düsseldorf habe dem Verein mehrere Räume dafür zur Verfügung gestellt, unter anderem im „Welcome Center“ an der Heinz-Schmöle-Straße hinter dem Düsseldorfer Hauptbahnhof sowie im Hotel „Alt Graz“ an der Klosterstraße.

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Düsseldorf

Ansonsten laufe die gesamte Arbeit des Vereins über Spenden „und seit 2016 auch durch die Unterstützung der Schmitz-Stiftungen“, die sich seit über 25 Jahren für bedürftige Menschen in ausgewählten Entwicklungsregionen der Welt engagiert. Zuletzt wurden größere Projekte von „Flüchtlinge Willkommen in Düsseldorf“ von bekannten Initiativen wie der Aktion Mensch und der Deutschen Postcode Lotterie unterstützt, so Düsing-Krems weiter. „Aber insgesamt sind wir nach wie vor auf Spenden angewiesen, um die Arbeit mit Geflüchteten zu finanzieren.“

Düsseldorf stellt sich quer „dringend auf Spendengelder angewiesen

Auch bei „Düsseldorf stellt sich quer“ gebe es keine staatliche Mitfinanzierung für die Organisation von Demonstrationen, stellt DSSQ-Sprecher Oliver Ongaro klar. Dies habe auch einen Grund: „Das Geld, was wir aus Fördertöpfen oder anderen Mitteln des Landes, Bundes oder der Kommune erhalten, ist immer zweckgebunden. Wir müssen als Verein auch ganz genau nachhalten, wofür die Gelder verwendet werden“, so Ongaro weiter.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Für die politische Arbeit von DSSQ und der Flüchtlingsinitiative „Stay“ gebe es zwar auch Unterstützung von der Stadt, dies betreffe aber nicht die politische Arbeit. Flyer oder Werbeplakate, um für Demos wie am kommenden Samstag zu werben, dürften durch solche Gelder nicht finanziert werden. Deswegen sei das anti-rassistische Bündnis weiterhin „dringend auf Spendengelder angewiesen“, wie DSSQ in einem Beitrag auf Instagram mitteilte. Die Erzählung, dass Demos durch Steuergelder mitfinanziert würden, abgesehen von den Polizeikosten sowie, dass Demo-Teilnehmer Geld bekommen würden, hält Oliver Ongaro daher „für sehr albern.“