An Rhein und Ruhr. Die Initiative der „Omas gegen Rechts“ setzen sich seit Jahren gegen Rassismus und für Demokratie ein. Auch an Rhein und Ruhr sind sie aktiv.
Wenn eine rechte Demonstration durch eine deutsche Stadt läuft, dann gibt es fast immer Gegenprotest. So auch am kommenden Samstag in Wuppertal, wo rechte Gruppen unter dem an NS-Parolen erinnernde Motto „NRW erwacht“ demonstrieren wollen. Dagegen formiert sich Widerstand des Bündnisses „Wuppertal stellt sich quer“. Mit dabei: Die „Omas gegen Rechts“.
Dinslakener „Omas“ demonstrieren gegen Corona-Leugner
Ab 2017 gründeten sich regionale und lokale Gruppen unter dem Namen „Omas gegen Rechts“. Es ist eine lose, aber vernetzte Initiative, die sich rechten Demonstrationen in den Weg stellt. 2020 wurden die „Omas“ für ihr Engagement mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrates der Juden ausgezeichnet. Und auch an Rhein und Ruhr sind die „Omas“ aktiv.
Dagmar Bergs ist Mitgründerin der Gruppe in Dinslaken. Im November 2018 stand die heute 57-Jährige auf einer Gegenkundgebung gegen eine rechte Demo in Dinslaken, trug eine Jacke mit der Aufschrift „Omas gegen Rechts“ und traf dabei zufällig eine Gleichgesinnte. „Danach haben wir die Dinslakener Gruppe gegründet“ erzählt Bergs. Nun gebe es etwa 120 Mitglieder, von denen bis zu 30 an Treffen und Aktionen teilnehmen.
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Mit Bewohnern des Seniorenheims gegen die AfD
Die erste eigene Aktion der Gruppe war ein Gegenprotest gegen Corona-Leugner, die vor dem Dinslakener Rathaus demonstrieren wollten. „Wir haben dagegen protestiert, weil eine rechtsextreme Partei zu der Demo aufgerufen hat“, sagt Bergs. Sie hätten nur mit vielleicht 80 Teilnehmern bei ihrem Gegenprotest gerechnet. „Es war uns nur wichtig, das wir uns dagegen stellen. Aber dann kamen fast 600 Menschen.“ Seitdem stehen sie jeden Montag vor dem Rathaus und bieten den Corona-Leugnern Paroli, die auch heute nach Ende der Pandemie noch unterwegs sind.
Heute gebe es etwa 130 regionale Gruppen der „Omas“, erklärt Bergs. Über Soziale Medien sei man gut vernetzt. „Und bei größeren Aktionen wird dazu aufgerufen, sich zu beteiligen.“ Auch zur Verleihung des Paul-Spiegel-Preises sei eine kleine Abordnung aus Dinslaken nach Berlin gereist.
„Unsere älteste ‚Oma‘ ist 84 und viele andere sind auch nicht mehr so gesund“, erzählt Dagmar Bergs weiter. „Einige haben Rollatoren. Aber wenn geht kommen sie, auch wenn es nur für eine Stunde ist.“ Besonders gefreut habe sie sich über die spontane Unterstützung aus einem Seniorenheim. „Letztes Jahr hat die AfD vor der Neutorgalerie einen Stand aufgebaut und wir hatten dazu aufgerufen, sich dagegen zu stellen“, berichtet Bergs. „Dann kamen Bewohner aus dem Seniorenheim. Die hatten unseren Aufruf gelesen, haben sich zu uns gestellt und gesagt: ‚Das geht nicht, dass die sich hier wieder breit machen.‘“ Das fand ich toll, denn das waren Zeitzeugen, die die NS-Zeit erlebt haben.“
Auch in Oberhausen sind die „Omas“ aktiv
Auch bei den „Omas gegen Rechts“ aus Oberhausen spielt die Lebenserfahrung eine Rolle. „Eine aus unserer Gruppe ist Ende der Dreißigerjahre geboren, hat den Krieg selbst erlebt und musste mit ihrer Familie fliehen“, erzählt Cornelia von der Oberhausener Gruppe. Sie möchte ihren Nachnamen nicht nennen, denn in anderen Städten seien „Omas“ schon von Rechten bedroht worden, sagt sie. Auf einer Gegendemo seien auch sie selbst von den Rechten gefilmt worden. „Da waren Leute dabei, die man nachts nicht allein treffen möchte“, sagt Cornelia.
Die Oberhausener Gruppe habe sich Anfang 2020 gegründet. Jetzt seien etwa 40 „Omas“ dabei. Dabei müsse man keine Enkel haben, um dabei zu sein. „Es sind aber schon alle im Oma-Alter“, erklärt Cornelia. „Wir haben beobachtet, dass die Rechten immer stärker werden. Auch in Oberhausen gab es Aktionen und Demos von denen. Für unsere Kinder und Enkel müssen wir uns dagegenstellen“, betont die Oberhausener „Oma“. Ihr ist es wichtig, „dass rechte Kräfte unsere Demokratie nicht weiter bedrohen können.“
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Politischer Aktivismus endet nicht im Alter
Initiativen wie die „Omas gegen Rechts“ sind für Fabian Virchow, Sozialwissenschaftler an der Hochschule Düsseldorf, „ein wichtiges Signal, dass die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht Parteien vorbehalten ist, sondern gesamtgesellschaftlich angegangen wird.“ Dabei falle die Lebenserfahrung der „Omas“ auf. „Es gibt das Bild, dass politischer Aktivismus eine Sache von jungen Leuten sei“, so Virchow. Bei den „Omas“ sehe man aber Menschen, die teils jetzt erstmals aktiv geworden sind, weil sie das Erstarken des Rechtsextremismus umtreibe. „Das zeigt, dass ziviles Engagement nicht aufhört, sondern auch in einem späteren Lebensabschnitt bedeutsam ist.“