Düsseldorf. Stillgelegte Aufzüge, dazu Dreck und Gestank im Treppenhaus: Mieter in Golzheim leiden unter Umbauplänen der Besitzer. Es gibt einen bösen Verdacht.

Mit einem Protestschild in der Hand steht Friedhelm Zogass vor seinem Wohnhaus an der Bankstraße in Düsseldorf-Golzheim. Der 74-Jährige muss jedoch kurz innehalten, bevor er von seiner Situation erzählt. Mit leicht zittriger Stimme berichtet er, dass er im Treppenhaus mehrere Pausen machen muss, wenn er mit Einkäufen nach Hause kommt. Manchmal muss es jedoch schnell gehen, weil der Düsseldorfer an einer Blasenschwäche leidet.

Bis Mai dieses Jahres war all dies kein Problem für den Rentner, der seit 40 Jahren an der Bankstraße lebt. Denn in den Mehrfamilienhäusern in Golzheim gibt es drei Aufzüge, die vor allem älteren Mieterinnen und Mietern eine große Hilfe sind. Mittlerweile sind die Fahrstühle jedoch abgeschaltet und stillgelegt worden. Und das, obwohl der TÜV erst im Frühjahr die Fahrstühle bis April 2025 genehmigt hat.

Anwohner: „Ich gehe nur noch dreimal die Woche raus“

Hinter der Stilllegung der Aufzüge steckt die Monheimer Eigentumsgesellschaft „B 7 - 11 GmbH & Co. KG“, die die Häuser an der Bankstraße 7 bis 11 sowie 11a zum 1. Januar 2022 gekauft hat. Die Gesellschaft plant nun, die Wohngebäude, in denen sich viele ehemalige Sozialwohnungen befinden, umzubauen und zu modernisieren. Dabei soll auch das Dach- und das Staffelgeschoss abgerissen werden, obwohl in den Gebäuden noch Mieter wohnen.

Als eine der ersten Maßnahmen für die Umbauarbeiten wurden im Mai die Aufzüge abgestellt. So heißt es zumindest in einem an Friedhelm Zogass adressierten Schreiben der Rechtsanwälte, die die Eigentumsgesellschaft vertreten. Der Anwohner wollte nämlich wissen, warum die Aufzüge stillgelegt worden sind. In dem Brief, der dieser Redaktion vorliegt, heißt es: „Für eine Wiederinbetriebnahme müssten die Sicherheitsstandards des Jahres 2024 erfüllt werden. Dies ist technisch nicht möglich. Der Aufzug aus den 50er-Jahre fuhr zuletzt nur aufgrund Bestandschutzes.“ Zudem müsse im Zuge der Abrissarbeiten der Schachtkopf zurück gebaut werden“, heißt es in dem Brief an Friedhelm Zogass weiter.

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Erst nach Abschluss der Sanierungsarbeiten könne ein neuer Aufzug in Betrieb genommen werden. Dies werde „voraussichtlich frühestens im Jahr 2026 der Fall sein“, teilen die Rechtsanwälte Zogass weiter mit. Für den betagten Anwohner, der an der Lungenkrankheit COPD leidet, hat dies weitreichende Konsequenzen.: „Ich gehe nur noch dreimal die Woche raus. Ich bin auf den Aufzug angewiesen. Seitdem er stillgelegt wurde, bin ich in eine regelrechte Schockstarre verfallen.“

Verdrängung in Düsseldorf-Golzheim: Viele Mieter sind schon ausgezogen

Doch nicht nur Friedhelm Zogass hat sich am Mittwoch (18. September) an der Bankstraße eingefunden. Rund 30 ehemalige und aktuelle Anwohnende protestierten ebenfalls vor Ort - und erhalten prominente Unterstützung von der Bundestagsabgeordneten Zanda Martens. Die Vorsitzende der SPD Düsseldorf hat den Fall publik gemacht und bereits den persönlichen Kontakt mit der Monheimer Eigentumsgesellschaft gesucht. In einem Gespräch soll der Investor keinen Hehl daraus gemacht haben, dass er das Haus lieber ohne Mieter sanieren möchte und dann einzelne Eigentumswohnungen verkaufen will.

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Für Zanda Martens ist dies ein klarer Fall von Mieterverdrängung. Denn in den Mehrfamilienhäusern an der Bankstraße sorgt nicht nur der stillgelegte Aufzug für Unmut bei den Anwohnern. Garagen- sowie Fahrradstellplätze seien gekündigt worden, an leerstehenden Wohnungen wurden zwischenzeitlich die Türen ausgebaut. Außerdem wird das Treppenhaus seit Monaten durch eine beauftragte Firma nur selten und unzureichend gereinigt. „Sie wollen uns einschüchtern“, schimpft eine Anwohnerin.

Ein weiteres Ärgernis: Durch offene Abwasserrohre stinkt es oft im Treppenhaus an der Bankstraße. Viele Mieter seien seit 2022 bereits ausgezogen, andere wiederum haben Kündigungen erhalten, berichten die verbliebenen Mieterinnen und Mieter.

So wie die Tochter von Friedhelm Zogass, die ebenfalls an der Bankstraße lebt. Zuletzt hat sie für viel Geld ihre Wohnung renoviert. Wenig später schneite das Kündigungsschreiben bei ihr rein. Der Grund für die fristlose Kündigung seitens der Monheimer Firma: „Es soll bei den Renovierungsarbeiten in die Bausubstanz eingegriffen worden sein. Deswegen bin ich nun in einem Rechtsstreit mit der Gesellschaft.“ Zanda Martens vermutet hinter dem Vorgehen der B 7 - 11 GmbH & Co. KG einen Plan: „Da steckt eine Taktik dahinter, um die Mieterinnen und Mieter zu verunsichern. Leider sind das keine bedauerlichen Einzelfälle.“

Forderung nach einer sozialen Erhaltungssatzung

In das gleiche Horn bläst Johannes Dörrenbächer vom Bündnis für sozialen Wohnraum Düsseldorf. Denn im Viertel sind mehrere Quartiere von Mieterverdrängung betroffen. Ähnliche Fälle gebe es auch an der Mauer- und Zietenstraße sowie am Kennedydamm, so der Sozialarbeiter weiter. „Die Spekulanten versuchen, die Mieterinnen mit allen möglichen Mitteln rauszuekeln.“ Das Vorgehen solcher Immobiliengesellschaften sei jedoch „leider oft auch rechtens“, wie Zanda Martens anmerkt. Deshalb nehmen die Politikerin und Johannes Dörrenbächer die Stadt nun in die Pflicht.

Die Mehrfamilienhäuser an der Bankstraße in Düsseldorf-Golzheim sollen kernsaniert und als Eigentumswohnungen verkauft werden.
Die Mehrfamilienhäuser an der Bankstraße in Düsseldorf-Golzheim sollen kernsaniert und als Eigentumswohnungen verkauft werden. © NRZ Düsseldorf | Christopher Damm

Würde die Stadt Düsseldorf eine soziale Erhaltungssatzung für Golzheim erlassen, wären Umbauten, Abrisse und Modernisierungen nicht nur nach dem Baurecht, sondern auch unter Berücksichtigung sozialer Faktoren genehmigungspflichtig. Die Stadt könnte der Mieterverdrängung dann einen Riegel vorschieben. Zwar sei dies in der Verwaltung seit 2020 diskutiert, aber auch mehrheitlich von CDU. FDP und Grüne abgelehnt worden. Lediglich die SPD und die Linke stimmten dafür. „Wir vom Bündnis halten das für einen Skandal. Damit werden die Mieter von der Stadt im Stich gelassen“, ärgert sich Dörrenbächer.

Bündnis lädt zur Mieterversammlung

Am kommenden Dienstag, 24. September, lädt das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum alle Mieterinnen und Mieter, die in Düsseldorf von Entmietungen betroffen sind, zu einer Mietervollversammlung ein. Die Veranstaltung findet ab 18 Uhr im Forum Freies Theater (FFT) am Konrad-Adenauer-Platz 1 statt. Ziel ist es, gemeinsam im Rahmen einer politischen Kampagne für mehr Mieterschutz zu kämpfen. Die Teilnahme ist kostenlos.

Anwohner klagt gegen Monheimer Eigentumsgesellschaft

Auch Friedhelm Zogass beklagt sich über zu wenig Unterstützung und über das Vorgehen der Monheimer Eigentumsgesellschaft: „Man kann es immer noch nicht begreifen, wie man so mit Mietern umgehen kann. Es ist sehr belastend.“ Seine Wohnung in der 4. Etage erreicht der Rentner seit Mai nur noch zu Fuß.

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Deswegen will der 74-Jährige nun vor Gericht erwirken, dass die Aufzüge wieder in Betrieb genommen werden. Bis es so weit ist, wird jedoch noch viel Zeit vergehen. Der Gütetermin ist für März kommenden Jahres angesetzt. „Das spielt der Gesellschaft natürlich in die Karten, weil sie nun weiterhin schön auf Zeit spielen können“, moniert Friedhelm Zogass.