Düsseldorf. Der bekannte Regisseur Wim Wenders besuchte in Düsseldorf das nach im benannte Gymnasium. Was er den Schülern mit auf den Weg gegeben hat.

  • Das Wim-Wenders-Gymnasium hat jetzt endlich seinen 60-Millionen-Euro-Neubau
  • Zur Eröffnung der 12.135 Quadratmeter Neuland, stellt sich auch Prominenz ein
  • Mit dabei: Namenspate Wim Wenders nebst Gattin Donata

Große Prominenz in Oberbilk. Das Wim-Wenders-Gymnasium (WWG) hat nun endlich den ersehnten Neubau, und da stellt sich niemand geringeres als der Namenspate ein. Was er den Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg geben möchte.

Wim Wenders am Wim-Wenders-Gymnasium: „Irgendeinen Namen muss es ja tragen“

Wim Wenders ist einer dieser Düsseldorfer, die ihr Glück erst in der Ferne gemacht haben. Heinrich Heine ist so einer, auch Dieter Forte wäre hier zu nennen – der andere zeitgenössische Namenspatron einer Düsseldorfer Schule. Doch bei Wim Wenders ist die Verbindung zu Düsseldorf niemals so ganz abgerissen. Der Regisseur und Fotograf sucht den Kontakt zur städtischen Kultur und zu „seiner“ Schule in Oberbilk.

Was bedeutet es dem weltbekannten Autorenfilmer, dass eine Schule seinen Namen trägt? Der Künstler antwortet bescheiden: „Ich war früher in Benrath auf dem Schloss-Gymnasium, als ich dann ins Ruhrgebiet gezogen bin, war ich auf dem Freiherr-vom-Stein-Gymnasium.“ Ziemlich typische Schulnamen, wie er findet. Und doch wisse man oftmals nicht, wer sich hinter dem Namen einer Schule verberge. „Wer weiß schon, wer Comenius ist oder Görres. Da find ich ganz gut, dass die Schüler wissen: hier ist einer, der heißt so. Und der war auch ein paar Mal da. Und der kommt auch noch ein paar Mal wieder.“ Spätestens damit hatte der Mann die Fragenden für sich eingenommen.

Wenders: „Die Lehrer sind super, aber ihr lernt vielmehr von euch gegenseitig“

Dass Wenders sich der Schule verbunden fühlt, zeigt er eher durch sein Kommen. Die große Geste liegt dem Mann augenscheinlich nicht, dafür der feine Humor, Understatement. Und doch ist es natürlich eine Ehre, einziger lebender Namenspatron einer Düsseldorfer Schule zu sein. Besonders dann, zentrale Überzeugungen des Namensgebers auf die Fahnen schreibt. Das WWG wolle Ort, „authentischer Begegnung“ sein, wie Schulleiterin und Buchautorin Antonietta Zeoli es ausdrückt. Und genau um diese Begegnung geht es Wenders.

An die versammelten Schüler gerichtet, sagte er: „Die Lehrer sind super, aber ihr lernt vielmehr von euch gegenseitig.“ Zwischen den Schülerinnen und Schülern fänden die eigentlichen Lernprozesse statt, wie Professor Wenders nahelegte. Und genau das sei von herausragender Bedeutung für Gesellschaft und politische Kultur. „Auf Social Media wird viel gesagt und geredet. Es gibt viel zu viele, die einem einreden wollen, was man braucht für sein Leben. Doch jeder muss sich selbst fragen, wie er leben will. Das, was man braucht, das spürt man.. Es ist wichtig, dass man das festhält“. Authentische Begegnung: Bei einer Schule mit 900 Schülerinnen und Schülern aus 42 Kulturen ist da viel Potenzial.

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Kreativität ist Staatsraison am WWG in Düsseldorf

Das WWG setzt auf die Verbindung von künstlerischen und naturwissenschaftlichen Fächern. Wenders appelliert an die Schülerinnen und Schüler neugierig zu bleiben: „Kreativität ist ein großes Wort, aber sie ist nie so groß, wie sie in eurem Alter ist. Denn da beginnt das, was einen dann ein Leben lang begleitet. Später lernt man nicht mehr so viel dazu.“ Kreativität sei das gemeinsame Lernen der Schüler. Hier könne man merken, „was in einem steckt. Und davon zehrt man dann. Die Schule hilft, dass Schüler sich etwas trauen in punkto Kreativität. Das ist ganz wichtig. Viele merken gar nicht, was sie in sich haben, und dann sind sie erwachsen und dann gibt‘s das nicht mehr.“ Kreativität gehe auch mit Mut einher und am WWG gelte, „dass sich jeder was traut und es alle in sich haben. Das ist eine tolle Aufgabe dieser Schule“, war der Künstler des Lobes voll.

Nachkriegszeit als Utopie?

Befragt nach seiner eigenen Schulzeit, erinnert er vor allem den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Nachkriegsgesellschaft: „Ich vermisse eine gewisse Einfachheit. Es gab nichts Digitales, keine Handys. Und. das soziale Gefühl trage ich immer noch als Utopie in mir. Nach dem Krieg. als ich aufgewachsen bin:. Wie wir alle alles geteilt und wie alle nach dem Krieg gleich waren, das ist immer noch eine Utopie. Heute ist es leider nicht mehr so.“

Und doch gebe es Aufgaben, vor denen jeder Mensch stehe und die damals wie heute identisch seien. In der Schule gehe es los. Hier müsse man „erfahren, was in einem steckt“. Wenders erinnert sich besonders an den Deutsch- und Kunstlehrer. Und doch war sein Weg kein vorgezeichneter. Tröstlich: Auch mit der einen oder anderen Ehrenrunde kann noch etwas erreicht werden: „Ich hatte im Herzen immer den Wunsch, Maler zu werden. Aber das war irgendwie so nicht angesagt. Und dann dachte ich auch, ich müsste jetzt etwas machen, was meine Eltern von mir erwarten. Deswegen habe ich angefangen, Medizin zu studieren.“ Schon sein Vater war Mediziner, „ein toller Arzt“, so Wenders. „Ich hab aber gemerkt, dass das nicht das richtige ist. Nach drei Semestern bin ich dann zu meinem Vater gegangen und habe gesagt: So, setz dich mal hin. Wir müssen reden. Da hat er schon gegrinst.“ Sein Vater habe geahnt, was los ist. Am Ende sei er in Lachen ausgebrochen. Manche Schwierigkeiten erschienen im Vorhinein einfach größer.

Gute Wünsche an den ersten Abi-Jahrgang des WWG

Und was wünscht Wenders den Schülerinnen und Schüler, die bald als der erste Abitur-Jahrgang am WWG die Schullaufbahn beenden werden? „Ich würde mir wünschen, dass ihr, wenn ihr dann das Abitur habt und hier weggeht, ein Grundvertrauen habt. Nicht nur in euch selbst, sondern auch in die freie Gesellschaft und in Europa und in ein freies Spiel der Demokratie.“ Wir lebten alle gemeinsam in einer freien Gesellschaft, die aber Arbeit verlange: „Ich wünsche mir, dass ihr das so mittragt.“ Und dann hat der Regisseur noch einen anderen Wunsch. Es sei schön, wenn die Abiturienten „ein wenig Kontakt“ hielten, untereinander und zur Schule. „Und wenn ihr dann irgendwann selbst Kinder habt, dann sagt ihr hoffentlich: die schicke ich auch aufs WWG. Das wünsche ich euch.“

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