Düsseldorf. Der schwarz-grüne Koalitionsvertrag enthält Vereinbarungen zur Wohnungspolitik. Wohnraum-Aktivisten in Düsseldorf zeigen sich davon enttäuscht.

Seit Montag ist der Koalitionsvertrag von CDU und Grünen in NRW unterzeichnet. Das Thema „Bauen und Wohnen“ wird dabei in Düsseldorf stark beachtet. Der Tenor unter Wohnraum-Aktivisten: „Wir sind enttäuscht, wir haben mehr erwartet“, so bringt es Helmut Schneider, Sprecher des Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, auf den Punkt.

„Aus unserer Sicht ist das ein schlechter Witz!“

Viele Vereinbarungen gebe es im Koalitionsvertrag rund um das Thema Wohnen, allerdings seien das vor allem unkonkrete, viel zu vage Ankündigungen, so Schneider. „Nur eine konkrete Zahl gibt es: 45.000 geförderte Wohnungen will die Koalition in NRW bis 2027 bauen“, erklärt er. „Aus unserer Sicht ist das ein schlechter Witz!“ Das zeige sich auch mit Blick auf Düsseldorf. Während etwa die Hälfte der Düsseldorfer Haushalte Einkommen hat, die gering genug sind, um einen Wohnberechtigungsschein zu bekommen, gebe es nur 15.000 Sozialwohnungen in der Stadt.

Ein weiterer Punkt, der dem Bündnis besonders am Herzen liegt: Das Baulandmobilisierungsgesetz, das 2021 auf Bundesebene beschlossen wurde, scheiterte bisher daran, dass in NRW keine Verordnung beschlossen wurde, durch die das Gesetz im Bundesland umgesetzt werden konnte. Das soll sich laut Koalition jetzt ändern. Dadurch können Kommunen mehr Instrumente für die Wohnungspolitik bekommen. Doch ein Aspekt fehle den Wohnraumaktivisten: Die vorgesehene Möglichkeit, dass Kommunen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einzeln genehmigen und ablehnen können, fände im Koalitionsvertrag keine Erwähnung. „Wir vermuten, diesen Teil will man in der Koalition nicht.“ Zwar gebe es aus Sicht des Bündnisses kleinere positive Aspekte, etwa die Stärkung des Mieterschutzes, diese könne den Gesamteindruck aber nicht retten.

Aktionsbündnis fordert landeseigenen Wohnungsgesellschaft

Ähnlich sieht es Hans-Jochem Witzke, Vorstand des Mieterverein Düsseldorf und des Deutschen Mieterbund NRW. „Es ist schon bemerkenswert, dass einerseits bedeutungsschwanger ein Recht auf Wohnen zum Staatsziel in die Landesverfassung eingeführt werden soll, andererseits die echten konkreten Verbesserungen zur früheren Politik mit der Lupe im Vertrag gesucht werden müssen.“ Witzke ist außerdem Sprecher des Aktionsbündnisses „Wir wollen wohnen!“, das den wohnungspolitischen Teil des Koalitionsvertrages schon ausführlich betrachtet hat. Die Zahl der zusätzlich geplanten geförderten Wohnungen müsse etwa dreimal so hoch angesetzt werden, meint Witzke. „Es fehlen etwa 40.000 bezahlbare Wohnungen allein in Düsseldorf.“ Um dauerhaft günstigen Wohnraum zu schaffen und zu erhalten, sollte zudem wieder eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft geschaffen werden. „Man hätte gut daran getan, die LEG nicht zu verkaufen. Auch deren Mieter sind dadurch vom Regen in die Traufe gekommen.“ Es brauche Wohnungsbau- und Vermietung ohne Profitinteresse, so Witzke. Zu den Konditionen, zu denen Wohnraum gefördert wird, seien die meisten privaten Anbieter auf dem Markt gar nicht bereit zu bauen – denn anderweitig könnten sie Wohnungen viel profitabler vermieten.

Zur Kritik des Aktionsbündnisses gehört auch, dass Modernisierungsförderung nicht auf Kosten der Neubauförderung gehen darf. Positive Aspekte sehen die Aktivisten vor allem im den Ansätzen zum studentischen Wohnen und zur Barrierefreiheit. „Die angekündigte Ermittlung des Bedarfs an rollstuhlgerechtem Wohnraum zeigt, dass die Landesregierung hier endlich Verantwortung übernehmen will.“

Witzke: „Ich würde die Note ‘ausreichend’ geben“

Der Gesamteindruck bleibt dennoch bescheiden. Witzkes Bewertung des Koalitionsvertrages in Schulnoten: „Ich würde die Note ‘ausreichend’ geben. Der ‘Schüler’ soll sich in der Legislaturperiode Mühe geben, dann kann daraus ein ‘befriedigend’ werden.“

Ähnlich sieht der Eindruck bei der Opposition aus. Düsseldorfer SPD-Vorsitzende Annika Maus hat das Thema Bauen und Wohnen zu einem persönlichen Fokus gemacht. „Es findet sich im Koalitionsvertrag viel Althergebrachtes. Die wohnungspolitische Kehrtwende, die es bräuchte, bleibt aus.“ Maus pflichtet der Kritik der wohnungspolitischen Bündnisse in Düsseldorf bei. Es fehle in diesem Bereich an Ambition. Die Charakterisierung der schwarz-grünen Partner als „Koalition der Besserverdiener“ treffe auf den Abschnitt zum Wohnungsbau zu. „Das Soziale kommt zu kurz!“