Das Bordpersonal der Lufthansa streikt 24 Stunden lang. In Hamburg fielen zwei Drittel der Flüge aus. Vereinzelt lagen die Nerven der Passagiere blank.

Hamburg/Frankfurt/Main. "Der Pilot hat sich einfach Urlaub genommen" - mit dieser nicht ganz korrekten Beschreibung des Geschehens versucht Bianca Dieckmann an diesem Freitagmorgen ihrem kleinen Neffen zu erklären, warum ihr Flug nach Mallorca sich verzögert. Zu viert wollten sie auf die spanische Insel fliegen, nun müsse sie umbuchen und fliegen mit Air Berlin. "Wir haben lange gewartet, das Krisenmanagement ist schlecht", kritisiert die 37-jährige Dieckmann. Auch einige andere hat der bundesweite Streik der Lufthansa-Flugbegleiter an diesem Morgen in Hamburg-Fuhlsbüttel Nerven gekostet.

Sie habe keinerlei Verständnis für den Streik, schimpft etwa die 83 Jahre alte Hildegard Skorezyk. Die Auseinandersetzung werde auf dem Rücken der Passagiere ausgetragen, sagt die Hamburgerin verärgert. Zehn Minuten vor dem Boarding ihres Fluges nach London-Heathrow hatte eine Lautsprecher-Durchsage sie zurück an den Lufthansa-Schalter geführt: Der Pilot sitze schon im Cockpit – die Crew fehle, hieß es. "Es gibt eine lange Schlange vor dem Lufthansa-Schalter, dafür fehlen ausreichend Sitzplätze", stellt die alte Dame ernüchtert fest. Und ihr Reiseziel Kanada wird sie erst einen Tag später erreichen.

+++ Airline und Gewerkschaft suchen wieder das Gespräch +++

+++ Flugbegleiter streiken bundesweit - Lange Schlangen in Hamburg +++

"Heute Abend waren wir zum Tanzen auf der griechischen Insel Milos verabredet", schluchzt die 69 Jahre alte Gerda Oetken. Gefühlte hundert Mal habe sie auf der Lufthansa-Homepage nach ihrer Maschine geschaut – und nachts kein Auge zugetan. Kurz vor dem Betreten des Flugzeugs kam dann die schlechte Nachricht: Der Flug über Zürich wird nicht starten. "Die Info kam einfach zu spät", sagt die Seniorin aus Hamburg. Der Zürich-Flug wurde wie auch der Flug nach London-Heathrow kurzfristig vom Sonderflugplan genommen.

Aufregung aber auch bei einer jungen Russin, deren Visa an ihrem Flugtag abläuft. Sie steht ratlos und verwirrt am Terminal, während die Lufthansa-Mitarbeiter der Frau gut zureden und sie mit Wasser versorgen.

Trotz vereinzelter kritischer Stimmen sind massive Beschwerden über schlechte Vorbereitung und fehlende Informationen aber kaum zu hören. Die Stimmung ist trotz der Flugausfälle und den bis zu zweistündigen Wartezeiten am Lufthansa-Schalter weitgehend entspannt. "Das kann eben passieren“, sagt der 65 Jahre alte Sigfried Feindt aus Kiel, der fünf Minuten vor seinem Abflug nach Mallorca eine SMS bekommen hat, dass sein Flieger am Boden bleibt. In der Hansestadt wurden schon am Vormittag mehrere Dutzend Flüge gecancelt – an einem normalen Tag starten und landen 180 Lufthansa-Maschinen. Zwei Drittel aller Flüge in Hamburg sollten nach Einschätzung von Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber gestrichen werden.

"Die Passagiere haben größtenteils mit Verständnis auf den Streik reagiert", stellt Timo Szameitat von der Gewerkschaft Unabhängiger Flugbegleiter (Ufo) fest. "Wir sind mit dem aktuellen Streikverlauf sehr zufrieden. Die Streikbereitschaft ist gestiegen." Rund 100 streikende Flugbegleiter in gelben Warnwesten demonstrieren unterdessen mit Plakaten wie "Guten Morgen Hr. Franz, dies ist ihr Weckruf" am Flughafen gegen die Politik des Lufthansa-Vorstandsvorsitzenden Christoph Franz.

"Die Lage ist total ruhig", heißt es am Freitagnachmittag von einer Sprecherin des Hamburger Flughafens. Die meisten Betroffenen wären gar nicht gekommen, weil sie rechtzeitig informiert gewesen wären. Die Schlangen vom Morgen hätten sich aufgelöst. Auch die Autovermieter am Hamburger Flughafen sprechen von einem ruhigen Freitag. "Einige Kunden wollen ihre Autos in anderen Städten abgegeben", sagt eine Hertz-Mitarbeiterin. Das Buchungsverhalten sei nicht ungewöhnlich, meint auch eine Kollegin von Sixt.