Rund 100.000 Passagiere sind bislang vom heftigsten Streiktag betroffen. Bringt ein Treffen der Tarifpartner am Abend die Wende?

Frankfurt/Main. Mitten im bislang größten Streik bei der Lufthansa keimt Hoffnung auf eine Lösung des Tarifkonflikts mit den Flugbegleitern. Nach gut einer Woche Funkstille kam am Freitag Bewegung in den erbittert geführten Tarifkonflikt: Der Chef der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies, und Lufthansa-Passagevorstand Peter Gerber treffen sich am Freitagnachmittag zu ersten Sondierungsgesprächen, wie ein Ufo-Sprecher sagte.

„Das könnte der letzte Streiktag sein“, machte Ufo-Chef Baublies den Lufthansa-Passagieren Hoffnung. Es handele sich zunächst um ein Vorgespräch, um überhaupt Wege für einen konstruktiven Wiedereinstieg zu finden. „Und zur Übermittlung der jeweiligen roten Linien“, ergänzte Baublies. Er sei auch bereit, sofort gemeinsam einen Schlichter zu suchen. Die Tarifgespräche waren vor zehn Tagen nach 13-monatigen Verhandlungen abgebrochen worden.

+++ Lage am Flughafen Hamburg trotz Streiks "total ruhig" +++

+++ Flugbegleiter streiken – und wo bleibt der Fluggast? +++

Europas größte Fluggesellschaft musste am Freitag weit mehr als die Hälfte ihrer Flüge streichen, rund 100.000 Reisende waren von dem bislang beispiellosen Ausstand der Flugbegleiter betroffen. Chaos gab es aber zunächst weder an Flughäfen, Bahnhöfen noch auf den Autobahnen.

Lufthansa hatte bereits am Morgen bestätigt, dass bereits seit Donnerstag nach einem Ausweg gesucht werde. Es sei aber noch nicht entschieden, ob ein Schlichter eingesetzt werden solle, hieß es in Unternehmenskreisen. Zunächst solle bilateral gesprochen werden. Der Lufthansa-Personalmanager Peter Gerber hatte selbst die Möglichkeit einer auf wenige Fragen begrenzten Schlichtung ins Spiel gebracht.

+++ Flugbegleiter streiken bundesweit - Lange Schlangen in Hamburg +++

Ufo-Chef Nicoley Baublies signalisierte „Kompromissbereitschaft“ bei den Sparplänen des Konzerns. Nun stünden Verhandlungen im Vordergrund, sagte er. Weitere Streiks solle es zunächst nicht geben. In Frankfurt sagte der Gewerkschafter dazu: „Wir werden, egal was jetzt in den nächsten ein, zwei Tagen passiert, keine weiteren Streiks planen und verkünden.“ Den Kontakt zwischen den Tarifparteien habe er wieder hergestellt. Die Lufthansa habe quasi kapituliert, indem sie für Freitag fast alles gestrichen habe. Daher habe er den ersten Schritt gemacht.

Am Freitag erreichte der Streik der rund 18.000 Stewards und Stewardessen seinen vorläufigen Höhepunkt. Nach zwei regionalen Streikwellen hatte Ufo zu einem bundesweiten Ausstand aufgerufen. Die Lufthansa hatte nach der Ankündigung bereits am Mittwoch rund 1000 ihrer 1800 Flüge für Freitag gestrichen. Selbst die Pilotenstreiks aus den Jahren 2001 und 2010 hatten nicht eine derart durchschlagende Wirkung.

Wegen des Streiks bei der Lufthansa hatten sich die Konkurrenten der Airline sowie die Bahn zum Ferienende in Süddeutschland auf einen großen Ansturm eingerichtet. Dieser blieb bei der Bahn und bei Autovermietern bis zum Mittag aber aus. Auch auf den Autobahnen lief der Verkehr normal.

+++ Flugbegleitern geht es um viel mehr als höhere Löhne +++

+++ Lufthansa-Vorstand Carsten Spohr verteidigt Sparkurs +++

Das Restprogramm der Lufthansa besteht wesentlich aus Flügen nicht bestreikter Tochtergesellschaften wie Germanwings. Nur wenige Überseeziele sollten am Freitag von Frankfurt und München angeflogen werden. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt blieb es zunächst ruhig, wie ein Lufthansa-Sprecher sagte. Mit 55.000 SMS und E-Mails habe die Fluggesellschaft ihre Gäste schon früh über Flugausfälle informiert.

In Berlin sicherten die von Ufo bekämpften Leiharbeiter die Europaflüge, wie Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber berichtete. Gleichwohl fielen in der Hauptstadt zwei Drittel aller Lufthansa-Verbindungen aus. Viele Passagiere konnten aber umgebucht werden. Auch in Hamburg wurden etwa zwei Drittel der Flüge abgesagt, während auf kleineren Airports wenig vom Streik zu spüren war. Dort sind vor allem die Regionaltöchter der Lufthansa unterwegs, die nicht bestreikt werden.

Ufo fordert in dem seit 13 Monaten währenden Tarifkonflikt fünf Prozent mehr Lohn, das Ende der Leiharbeit und Schutz gegen die Auslagerung von Jobs. Lufthansa bietet bei einer längeren Laufzeit 3,5 Prozent Lohnerhöhung, plant aber eine große konzerninterne Billigtochter mit niedrigeren Gehaltstarifen. Für die verbleibenden Lufthanseaten will das Unternehmen die Gehaltsstufen abflachen und für Neueinsteiger niedrigere Bedingungen durchsetzen.

Mit Material von dpa/Reuters/dapd