Der Wille der Notenbanker, den Euro zu retten, sorgt für Erleichterung. Gelöst ist die Kise damit nicht. Nun müssen die Politik liefern.

Frankfurt/Main. Die Bereitschaft der EZB zum unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen hat für Euphorie an den Märkten gesorgt. Die Börsen legten zu, der deutsche Leitindex Dax setzte am Freitag seinen Höhenflug fort und notierte am Vormittag über 7200 Punkte. Er kletterte zeitweise so hoch wie seit August 2011 nicht mehr. Die Risikoaufschläge für Staatsanleihen taumelnder Euro-Schwergewichte wie Spanien und Italien sanken weiter.

Während die hoch verschuldeten Südeuropäer das Machtwort der Währungshüter um den Italiener Mario Draghi begrüßten, hält vor allem in Deutschland die Kritik am Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) an .

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Unmittelbar nach der EZB-Entscheidung vom Donnerstag hatte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann seinen Widerstand bekräftig t. Anleihenkäufe seien zu nah an einer Staatsfinanzierung durch die Notenpresse. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt mahnte: „Die EZB muss eine Stabilitätsbank sein und darf keine Inflationsbank werden.“

EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen hielt am Freitag im RBB-Inforadio dagegen: „Wir haben keinen Inflationsdruck.“ Asmussen betonte: „Jeder muss seinen Teil dazu beitragen, damit der Euro unumkehrbar ist.“ Dabei verwies er darauf, dass die Notenbank das Handeln der Staaten nicht ersetzen könne. „Wir müssen zusammenwirken, um die Stabilität in ganz Europa zu sichern“, sagte Asmussen.

Der EZB-Rat hatte am Donnerstag ein Programm zum unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen von Euro-Krisenstaaten beschlossen („Outright Monetary Transactions“/OMT). Bedingung für ein Eingreifen der Notenbank ist allerdings, dass die betreffenden Länder ihre Politik international kontrollieren lassen. EZB-Präsident Draghi hatte betont: „Die EZB entscheidet unabhängig.“

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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Donnerstagabend in Potsdam, bei der Lösung der Euro-Schuldenkrise seien viel mehr Fortschritte erzielt worden als wahrgenommen werde. Schäuble warnte zugleich davor, die Probleme mit den Mitteln der Geldpolitik zu lösen.

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Italiens Regierungschef Mario Monti bewertete den EZB-Plan positiv. „Wenn Italien sich weiterhin mit einem Bewusstsein für Disziplin und Reform bewegt, könnten diese Hilfen nicht notwendig werden“, zitieren italienischen Medien am Freitag Äußerungen Montis vom Vorabend. „Und ich glaube, sie werden nicht notwendig sein.“

Am Tag nach der EZB-Ankündigung setzte sich die Entspannung an den krisengeschüttelten Rentenmärkten fort. Insbesondere in Spanien, aber auch in Italien und Portugal waren die Risikoaufschläge zu deutschen Staatsanleihen am Freitag weiter rückläufig. In Spanien und Italien liegen die Zinsaufschläge, die private Investoren verlangen, mittlerweile so tief wie seit fast einem halben Jahr nicht mehr.

Trevor Greetham vom Fondsanbieter Fidelity gab zu bedenken: „Ein Haken an der Sache bleibt aber, dass niedrigere Refinanzierungskosten die Peripheriestaaten nicht wettbewerbsfähiger machen.“

Viele Ökonomen begrüßten die Entschlossenheit der Notenbank zur Rettung der Gemeinschaftswährung. Anleihenkäufe könnten „als indirekte Staatsfinanzierung interpretiert werden, zur Vermeidung von Staatsinsolvenzen sind sie aber unumgänglich“, kommentierte das Bankhaus Lampe.

Allerdings bewegt sich die EZB nach Einschätzung von Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise auf schmalem Grat. „Die Beschlüsse der EZB werden die Risikoprämien, zumindest in den kürzeren Laufzeiten, voraussichtlich deutlich reduzieren“, erklärte Heise. „Die Schuldenkrise ist damit allerdings noch nicht überwunden. Die Verantwortung dafür liegt weiterhin bei den nationalen Regierungen und der politischen Kooperation innerhalb der Europäischen Union.“

Mit Material der dpa