Oberster Notenbanker rechtfertigt umstrittene Staatsanleihekäufe als Maßnahme im Kampf gegen die Euro-Krise und die Ängste der Märkte.
Hamburg/Frankfurt. Von Finanzexperten aus Deutschland hagelte es zuletzt scharfe Kritik an der Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB): Europas oberster Währungshüter Mario Draghi setzt sich nun gegen diese Kritik zur Wehr und rechtfertigt die umstrittenen Staatsanleihekäufe seiner Institution. Es sei „wichtig zu verstehen, dass die Treue zu unserem Mandat es gelegentlich verlangt, über die üblichen geldpolitischen Maßnahmen hinauszugehen“, schreibt Draghi in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstag).
„Die Europäische Zentralbank wird alles Notwendige tun, um die Preisstabilität zu gewährleisten“, so Draghi weiter. „Sie wird unabhängig bleiben. Und sie wird immer im Rahmen ihres Mandats handeln.“
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Zuletzt hatten Experten vor allem aus Deutschland der Notenbank vorgeworfen, sie habe im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise „ wiederholt rote Linien überschritten “. Etwa mit dem Kauf von Staatsanleihen gefährde sie die Stabilität des Euro und setze ihre Unabhängigkeit aufs Spiel.
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Der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark hatte das Anleihenprogramm als „verbotene monetäre Finanzierung“ von Staatshaushalten bezeichnet. Bundesbankpräsident Jens Weidmann warnte, solche Hilfsaktionen könnten „süchtig machen wie eine Droge“. Auch für ihn ist die EZB-Strategie, Staatspapiere zu kaufen, um das überhöhte Zinsniveau in den Krisenländern zu drücken, zu nah an einer Staatsfinanzierung durch die Notenpresse.
In der „Zeit“ betonte Draghi, dass die EZB auf die Störung an den Finanzmärkten reagieren müsse: „Wenn an den Kapitalmärkten Angst und Irrationalität vorherrschen, wenn sich der gemeinsame Finanzmarkt wieder entlang der Ländergrenzen aufspaltet, dann erreicht das geldpolitische Signal der EZB nicht alle Bürger der Euro-Zone gleichermaßen.“ Deshalb müsse die Notenbank eingreifen, um Preisstabilität zu gewährleisten: „Dies kann hin und wieder außergewöhnliche Maßnahmen erfordern."
Aus Sicht des EZB-Präsidenten müssen die Euroländer Kompetenzen abgeben, um die Währungsunion langfristig zu stabilisieren. Nötig sei eine effektive Überwachung der Staatshaushalte, Mindeststandards für die Wettbewerbsfähigkeit und eine gemeinsame Finanzmarktarchitektur. Dabei gehe es ausdrücklich nicht um eine „Zentralisierung der Wirtschaftspolitik in Brüssel“. Vielmehr müssten die nationalen Haushalte „effektiv überwacht“ werden.
Mit Material von dpa/dapd