Am Leitzins ändern die Notenbanker nichts. Fokus liegt auf dem umstrittenen Programm zum Kauf von Staatsanleihen – EZB-Chef wird Details nennen.
Frankfurt/Main. Der Leitzins in der Eurozone bleibt unverändert – damit belassen die Währungshüter den Hauptrefinanzierungssatz auf dem Rekordtief von 0,75 Prozent. Das beschloss der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag in Frankfurt, wie die Notenbank mitteilte.
Obwohl Zentralbankgeld für Banken damit bereits so günstig ist wie nie seit Einführung des Euro 1999, hatten viele Volkswirte mit einer weiteren Absenkung gerechnet. Denn die Konjunktur in vielen Euroländern schwächelt. Am Finanzmarkt legte der Euro zunächst kräftig auf 1,2644 Dollar zu, während der Dax an der Frankfurter Börse etwas fester tendierte.
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Hauptaugenmerk legen die Währungshüter derzeit jedoch auf ein neues Programm zum Kauf von Staatsanleihen von Euro-Krisenstaaten. Die Notenbank könnte unbegrenzt Bonds von Ländern wie Spanien oder Italien kaufen und damit den verunsicherten Märkten die Sorge vor einem Zerfall der Eurozone nehmen.
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EZB-Präsident Mario Draghi wird die Gründe für den Beschluss am Nachmittag erläutern. Dabei wird er auch Details des umstrittenen Staatsanleihenkaufprogramms zur Unterstützung überschuldeter Euro-Länder bekanntgeben, das er im August angekündigt hatte. Bundesbank-Chef Jens Weidmann kritisierte das Programm bereits vor der entscheidenden Ratssitzung scharf. Weidmann ist im EZB-Rat jedoch weitgehend isoliert mit dieser Ansicht.
Rückendeckung bekam er allerdings kurz vor dem Treffen der Notenbanker von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Der CDU-Politiker sagte im ZDF-Heute-Journal: „Ich bin ganz sicher, der EZB-Rat weiß, das Mandat der EZB ist auf die vorrangige Sicherung der Preisstabilität konzentriert. Staatsfinanzierung ist nicht Aufgabe der Zentralbank. Wenn wir einmal anfangen würden, Staatsverschuldung mit der Notenbankpresse zu finanzieren, kämen wir auf eine schiefe Ebene.“ Die einzige Lösung der Schuldenkrise sei, dass die Mitgliedstaaten ihre Verschuldung zurückführten.
Die EZB sieht sich zu solchen Sondermaßnahmen gezwungen, weil ihre klassische Geldpolitik die Wirtschaft teilweise nicht mehr erreicht. EZB-Direktor Jörg Asmussen sagte am Dienstag: „Der Leitzins, der eigentlich „leiten" soll, tut dies nur noch eingeschränkt.“
Neue Anleihenkäufe kommen für die Notenbank – so viel ist bereits klar – aber nur infrage, wenn die betreffenden Staaten zuvor einen Hilfsantrag beim Euro-Rettungsfonds EFSF/ESM gestellt haben. Damit wären die Hilfen an politische Auflagen geknüpft.
Kritiker lehnen weitere Anleihenkäufe als Rechtsbruch ab: Die EZB darf nach den EU-Verträgen Staaten nicht mit Hilfe der Notenpresse finanzieren. Darum kaufte sie bislang Anleihen nur am Sekundärmarkt, also etwa von Banken.
EZB-Präsident Mario Draghi sieht auch neue Käufe vom Auftrag der Notenbank gedeckt. Die EZB werde „im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten“, hatte der Italiener betont.
Mit Material von dpa/Reuters