Macht eine gemeinsame Bankenaufsicht in Europa die Finanzbranche sicherer? Die EZB ist grundsätzlich bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen.

Frankfurt/Main. Die Europäische Zentralbank (EZB) knüpft ihre Mitwirkung in einer übergeordneten europäischen Bankenaufsicht an Bedingungen. „Die Geldpolitik muss von der Bankenaufsicht nach außen und nach innen organisatorisch und auch personell getrennt werden“, betonte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen am Dienstag bei der „Handelsblatt“-Bankentagung in Frankfurt. Die Unabhängigkeit der Notenbank dürfe „in keiner Weise beeinträchtigt“ werden. Zudem müsse die EZB über ausreichende Eingriffsrechte verfügen, um Banken notfalls auch zu schließen.

Nach dem Willen der EU-Kommission soll die EZB künftig mehr als 6000 Banken in den Euroländern zentral kontrollieren – möglichst schon ab 1. Januar 2013. Sparkassen und Volksbanken wehren sich weiterhin, mit den großen, internationalen Finanzkonzernen in einen Topf geworfen zu werden.

Asmussen deutete eine mögliche Kompromisslinie an: „Aus meiner persönlichen Sicht ist es sinnvoll, zumindest anfangs die europäische Aufsicht auf die europaweit und national systemisch relevanten Institute zu begrenzen. Zum Jahresanfang 2013 eine Aufsicht über alle Banken des Euroraums zu organisieren, ist weder zielführend noch darstellbar.“

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Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen mahnte, die aktuelle Krise für mutige Schritte zu nutzen. „Die Bankenunion macht sehr viel Sinn, wenn wir über Europa als einheitlichen Marktplatz reden.“ Es dürfe bei der Regulierung nicht um den „geringstmöglichen Nenner“ gehen.

Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon erneuerte seine Kritik: „Mir hat noch niemand erklären können, weshalb es die Bewahrung der Systemstabilität in Europa notwendig macht, dass sich statt der Bundesbank und der Bafin die EZB mit der Sparkasse Westmünsterland, der Volksbank Paderborn-Höxter-Detmold oder der Fürstlich Castell’schen Bank in Würzburg beschäftigt.“

Fahrenschon bekräftigte, zweifellos müssten einige Institute über die nationale Ebene hinaus beaufsichtigt werden. Das betreffe aber schätzungsweise nur etwa 25 Institute. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich, sagte, es mache überhaupt keinen Sinn, dass die EZB die kleine Volksbank oder die kleine Sparkasse überwache.

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Deutsche-Bank-Chef Fitschen sprach sich gegen Sonderregelungen aus: Schere gerade das wirtschaftlich erfolgreiche Deutschland aus, würde das andere Staaten verleiten, dies ebenfalls zu tun.

Die Finanzbranche insgesamt stimmte der Manager, der den Dax-Konzern seit Juni gemeinsam mit Anshu Jain führt, auf schwierige Zeiten ein. „Die Zukunft des Bankensektors kann sich nicht darauf berufen, von dramatischen Wachstumsmöglichkeiten auszugehen“, sagte Fitschen. „Wir sind gut beraten, wenn wir uns für die kommenden Jahre auf anhaltende Volatilität einstellen.“

Für sein Haus kündigte Fitschen weitere Konsequenzen an: Am nächsten Dienstag (11.9.) will die Führungsspitze der Deutschen Bank Details zu ihrer künftigen Strategie veröffentlichen. Fitschen wehrte sich zugleich gegen pauschale Kritik zum Beispiel am Investmentbanking: „Radikallösungen werden nicht helfen.“

Rückendeckung für diese Position kam aus der Industrie. Unternehmen bräuchten auch strukturierte Produkte und alternative Finanzierungsformen wie Derivate, sagte BDI-Präsident Hans- Peter Keitel: „Wir brauchen die Koexistenz von Universal- und Spezialbank.“

Unterdessen werden neue Eingriffe der EZB an den Anleihenmärkten wahrscheinlicher. „Ein geldpolitisches Signal, wie es die EZB beispielsweise mit der Zinssenkung im Juli gesetzt hat, kommt uneinheitlich oder zum Teil überhaupt nicht in der Realwirtschaft an“, erklärte Asmussen. „Der Leitzins, der eigentlich „leiten„ soll, tut dies nur noch eingeschränkt.“ Bei der EZB-Ratssitzung am Donnerstag (6.9.) werden Details zu einem neuen Kaufprogramm der EZB für Anleihen von Krisenstaaten wie Spanien und Italien erwartet.