Henstedt-Ulzburg. Wo wird 2024 gebaut, was plant die Gemeinde, welche Streitfragen gibt es? Überall in Henstedt-Ulzburg stehen große Veränderungen an.

Die Bandbreite an Themen wird immer größer: Schon 2023 war für Henstedt-Ulzburg geprägt von zahlreichen komplizierten Diskussionen und Beratungen. Viele im Ort treibt die Herausforderung bei der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden um, hier wird die Gemeinde die Planungen für zwei neue Unterkünfte voranbringen. Fast ein halbes Dutzend neuer Wohngebiete ist entweder im Gespräch – oder die Bauleitplanung könnte bald rechtskräftig werden.

Agenda 2024 in Henstedt-Ulzburg: Alle wichtigen Projekte auf einem Blick

Fraglos kommen wird die Ostküstenleitung, jene 380-Kilovolt-Stromtrasse, die Henstedt-Ulzburg seit über einem Jahrzehnt beschäftigt. Spannung verspricht auch die Umgestaltung eines Teils des CCU zu einem „3. Ort“, vielleicht kann die Schaffung einer modernen Lern-, Kultur und Begegnungsstätte vitalisierend wirken für das kriselnde Einkaufszentrum. Der genaue Finanzplan für das Jahr 2024 steht allerdings noch aus, die finalen Beratungen werden in diesen Wochen stattfinden, sodass die Gemeindevertretung voraussichtlich Ende Februar abstimmen könnte.

1. Zwei neue Unterkünfte für Flüchtlinge: Der Beschluss kam kurz vor Weihnachten. Am Kiefernweg im Ortsteil Rhen sowie im Bereich des Bebauungsplans 110 rund um den Heideweg, also am Rande des nördlichen Gewerbegebiets, sollen neue Unterkünfte für Geflüchtete und Asylsuchende gebaut werden, und zwar jeweils für rund 100 Personen. Vom Tisch ist hingegen, einen Standort an der Norderstedter Straße zu realisieren. Im Frühjahr soll die Verwaltung detaillierte Konzepte für die Vorhaben vorlegen, die Kosten dürften bei um die 14 Millionen Euro liegen.

2. Die 380-Kilovolt-Stromtrasse kommt: Schon 2023 hat der Netzbetreiber Tennet mit den Bauarbeiten für die Ostküstenleitung begonnen. Jetzt, wo sowohl der Planfeststellungsbeschluss amtlich ist und es keine Klage geben wird, soll das Riesenprojekt unter Hochdruck vorangetrieben werden. Noch gibt es keinen genauen Zeitpunkt dafür, wann die unterirdischen Düker-Leitungen, unter anderem im Bereich des Pinnau-Biotops, gelegt werden. Von Ostholstein kommend, läuft die künftige Trasse durch den Kreis, sie soll insbesondere Windenergie transportieren. Am Beckershof direkt an der A7 wird Tennet ein neues Umspannwerk bauen.

Die Bauarbeiten für die Ostküstenleitung laufen seit Monaten (hier: Götzberger Straße). Der Netzbetreiber Tennet plant, den westlichen Abschnitt der 380-Kilovolt-Stromtrasse 2025 in Betrieb zu nehmen.
Die Bauarbeiten für die Ostküstenleitung laufen seit Monaten (hier: Götzberger Straße). Der Netzbetreiber Tennet plant, den westlichen Abschnitt der 380-Kilovolt-Stromtrasse 2025 in Betrieb zu nehmen. © Christopher Mey | Christopher Mey

3. Neue Fußballplätze auf dem Rhen: Im Zuge der Beratungen mit der Tennet gelang es der Gemeinde, vom Unternehmen eine Fläche direkt am Umspannwerk an der Edisonstraße zu erwerben. Dieses fast vier Hektar große Grundstück hat einen ganz bestimmten Zweck: Hier sollen neue Fußballplätze samt der nötigen Infrastruktur entstehen, um der akuten Knappheit an verfügbarer Kapazität für den Trainings- und Spielbetrieb entgegenzuwirken. Vorerst geht darum, genau zu untersuchen, wie eine Bebauung hier stattfinden kann. Generell erfährt das Projekt aber große Zustimmung. Kalkuliert wird mit Kosten zwischen 3 und 4 Millionen Euro. Ebenso will die Gemeinde 1,5 Millionen Euro für ein neues Umkleidegebäude im Sportpark Henstedt investieren, zudem soll der dortigen Rasen- in einen Kunstrasen umgewandelt werden. Das Kunstrasenfeld an der Grundschule Rhen wird saniert.

Direkt am Umspannwerk an der Edisonstraße plant die Gemeinde neue Fußballplätze, erwarb hierfür ein Grundstück vom Unternehmen Tennet.
Direkt am Umspannwerk an der Edisonstraße plant die Gemeinde neue Fußballplätze, erwarb hierfür ein Grundstück vom Unternehmen Tennet. © Christopher Mey | Christopher Mey

4. Transformation einer Industrieruine: Seit mehr als acht Jahre ist dieses neue Wohngebiet in Planung. Auf dem Wagenhuber-Areal an der Norderstedter Straße, wo bis 2012 noch Beton produziert, soll ein modernes Quartier entstehen mit fast 200 Wohneinheiten und einer Kita. Der Bebauungsplan könnte zur Jahresmitte rechtskräftig werden. Die größte Hürde – die Verkehrsanbindung – ist mittlerweile geklärt, ein Abbieger auf die Norderstedter Straße ist ohne Ampelanlage möglich, da perspektivisch die Kreuzung zur Schleswig-Holstein-Straße ausgebaut wird.

5. Eine neue Wilstedter Straße: Im März 2023 kam es zum historischen Votum, alle Fraktionen waren sich einig, die Wilstedter Straße soll endlich ausgebaut werden. Die Schlaglochpiste ist ein jahrelanges Ärgernis. Allerdings: In Zukunft würde hier wieder Tempo 50 gelten. Bauträger ist hier aber der Wege-Zweckverband. Baubeginn könnte im Frühjahr sein. Das Projekt kostet 4,9 Millionen Euro, Henstedt-Ulzburg übernimmt hiervon etwa 3,2 Millionen Euro, wobei 60 Prozent gefördert werden könnten über das Land.

Im Frühjahr wurden entlang der Wilstedter Straße bereits Bäume gefällt als Vorbereitung einer künftigen Sanierung. Wenig später stimmte die Politik dem Ausbau endgültig zu.
Im Frühjahr wurden entlang der Wilstedter Straße bereits Bäume gefällt als Vorbereitung einer künftigen Sanierung. Wenig später stimmte die Politik dem Ausbau endgültig zu. © Christopher Mey | Christopher Mey

6. Das Sportzentrum am Beckersberg: Erst „Haus des Sports“, heute „Haus der ZUsammenKUNFT“ – was am Bürgerpark langfristig entstehen könnte, soll der große Wurf sein, um das SVHU-Sportland zu ersetzen und gleich auch das Bürgerhaus zu modernisieren. Auch ein Lehrschwimmbecken gehört zum Paket. Nun hofft Henstedt-Ulzburg auf eine Millionen-Förderung aus Bundesmitteln, wobei die erste Bewerbung im März 2023 scheiterte.

Mittelfristig sollen sowohl das SVHU-Sportland als auch das Bürgerhaus erneuert bzw. modernisiert und dann zu einem „Haus der ZUsammenKUNFT“ zusammengefügt werden.
Mittelfristig sollen sowohl das SVHU-Sportland als auch das Bürgerhaus erneuert bzw. modernisiert und dann zu einem „Haus der ZUsammenKUNFT“ zusammengefügt werden. © TA CAPS / Thorsten Ahlf | TA CAPS / Thorsten Ahlf

7. Neubau des Alstergymnasiums: Es ist eine der größten Schulen in Schleswig-Holstein – und sie soll ersetzt werden. Seitdem sich die Politik für den Neubau des Alstergymnasiums am selben Standort ausgesprochen hat, laufen die Planungen auf vielen Ebenen. Während zusammen mit der Schule ein Raumprogramm in Arbeit ist, wird derzeit per Vergabeverfahren ein Generalplaner gesucht. Bis Ende des Jahrzehnts soll die neue Schule stehen. Eine exakte Kostenberechnung gibt es derzeit nicht, die Investition dürfte um die 50 Millionen Euro betragen. Weiterhin gibt es aber in der Schublade die Alternative, bei einer zu krassen Kostensteigerung doch auf eine Sanierung umzuschwenken, wobei dies aktuell nicht diskutiert wird.

Noch ist der Neubau des Alstergymnasiums im Planungsstadium. Bis Ende der 2020er-Jahre soll die neue Schule stehen.
Noch ist der Neubau des Alstergymnasiums im Planungsstadium. Bis Ende der 2020er-Jahre soll die neue Schule stehen. © TA CAPS / Thorsten Ahlf | TA CAPS / Thorsten Ahlf

8. Neuer Anlauf für ein Wohngebiet „Beckershof“? Ein wenig überraschend landete dieses Thema im Herbst wieder auf der Tagesordnung. Bei der Beratung zur Stellungnahme der Gemeinde für die Neuaufstellung der Regionalpläne war sich die Politik einig, dass es rund um den Bahnhof Ulzburg-Süd Flächen gebe, die für eine „verdichtete Wohnbebauung“ geeignet. Natürlich nur, wenn die Infrastruktur stimmt, auch die Bahntrasse müsste tiefergelegt werden. „Die Wohnungsnot macht es notwendig, dass wir darüber nachdenken“, sagte Bürgermeister Ulrike Schmidt dem Abendblatt.

Das Gebiet Beckershof in Ulzburg-Süd, zwischen AKN und A7, ist wieder im Gespräch als potenzielle Erweiterungsfläche insbesondere für Wohnungsbau.
Das Gebiet Beckershof in Ulzburg-Süd, zwischen AKN und A7, ist wieder im Gespräch als potenzielle Erweiterungsfläche insbesondere für Wohnungsbau. © Christopher Mey | Christopher Mey

9. Die neue Feuerwache für den Rhen: Die Fläche am Kiefernweg wurde bereits vor einigen Jahren durch die Gemeinde erworben, nun werden für 2024 die ersten Entwürfe erwartet, wie die künftige Wache aussehen könnte. Nach einer Fertigstellung soll die gesamte Ortswehr Henstedt hier stationiert sein, um den Standort Maurepasstraße zu entlasten – und insbesondere, um im Südteil Henstedt-Ulzburgs schneller vor Ort zu sein. Die erwarteten Kosten: mindestens 9 Millionen Euro. Schon in diesem Jahr bekommt die Freiwillige Feuerwehr ein neues Wechselladerfahrzeug (1 Million Euro).

10. Das CCU wird „3. Ort“: Wohnung und Arbeitsplatz, hier halten sich die Menschen meistens auf. Die Idee eines „3. Ortes“ beschreibt eine moderne Lern- und Begegnungsstätte. Erst war geplant, hierfür die Gemeindebücherei umzubauen, nun hat die Verwaltung jedoch Flächen im Einkaufszentrum CCU angemietet. Aat Vos, renommierter Planer unter anderem auch des Bildungshauses in Norderstedt, gestaltet bis Sommer ein Konzept, bis Jahresende soll dieses umgesetzt werden, sodass die Eröffnung im Frühjahr 2025 erfolgen könnte.

11. Mehr Flächen für Gewerbe: Im B-Plan 110 soll das Gewerbegebiet weiter erschlossen und letztlich durch die Gemeinde vermarktet werden. Noch laufen die Ausschreibungen für die Erschließung, diese könnte 2025 beginnen. Es geht um rund vier zusätzliche Hektar, die kleinteilig (1000 bis 5000 Quadratmeter) parzelliert werden, bei entsprechender Nachfrage aber auch bis 10.000 Quadratmeter groß sein könnten. Parallel plant Henstedt-Ulzburg auch weitere Gewerbeflächen im B-Plan 123 für Ansiedlungen, die größer wären als 10.000 Quadratmeter.

12. Platznot im Tierheim: Die Städte und Gemeinden im zuständigen Zweckverband sind sich einig, dass das Tierheim am Kirchweg in seiner jetzigen Form zu klein und nicht mehr angemessen ist, um dem heutigen und künftigen Bedarf gerecht zu werden. Daher fasste man einen Grundsatzbeschluss für einen Neubau, die Planungen sollen im Frühjahr konkretisiert werden mit Blick auf ein passendes Grundstück, die Gebäudestruktur und die Kosten.

Die Grundsatzentscheidung für einen Neubau des Tierheims ist getroffen.
Die Grundsatzentscheidung für einen Neubau des Tierheims ist getroffen. © Christopher Mey | Christopher Mey

13. Große Umstellung der Grundschulen: Ab 1. August 2026 greift der Rechtsanspruch auf eine Nachmittagsbetreuung in Grundschulen. Hierfür müssen die Standorte in der Gemeinde teils umfänglich umgebaut werden. Ebenso werden unabhängig hiervon 550.000 Euro in die Ausstattung der Computerräume und in mobile Endgeräte investiert, weitere 600.000 Euro unter anderem für neue Präsentationssysteme an der Lütten School.

14. Vorzeige-Supermarkt im Gewerbepark: „Green Farming“ – nach diesem Motto möchte Rewe gerne auf der ehemaligen Dello-Fläche an der Gutenbergstraße einen Supermarkt realisieren, der komplett auf Nachhaltigkeit setzt, unter anderen mit einem Gewächshaus und einer Fischfarm. Ob daraus etwas wird, ist offen, auch wenn das Bauleitverfahren initiiert wurde. Für Skepsis sorgen die Auswirkungen auf den weiteren Einzelhandel sowie die zunehmende Verkehrsbelastung, beides soll noch einmal untersucht werden.

15. Wohnen beim Friedhof: An der Götzberger Straße, am östlichen Ortsrand, will das Unternehmen Manke in den nächsten Jahren Reihenhäuser, Mehrfamilienhäuser und Doppelhaushälften bauen, insgesamt 85 Wohneinheiten (darunter auch geförderte). Ebenso soll eine Kita entstehen. In diesem Jahr könnte das Bauleitverfahren abgeschlossen werden. Politische Hürden gibt es keine mehr, das neue Quartier in Nachbarschaft zum Friedhof würde über einen Kreisverkehr an die Landesstraße angebunden sein.

An der Götzberger Straße in Henstedt-Ulzburg plant das Unternehmen Manke ein neues Wohnquartier östlich des Friedhofs mit Reihenhäusern, Doppelhaushälften und Mehrfamilienhäusern.
An der Götzberger Straße in Henstedt-Ulzburg plant das Unternehmen Manke ein neues Wohnquartier östlich des Friedhofs mit Reihenhäusern, Doppelhaushälften und Mehrfamilienhäusern. © Christopher Mey | Christopher Mey

16. Mehr als 100 Wohnungen am Heidberg: Zwei Mehrfamilienhäuser wurden in der Straße Am Heidberg abgerissen, weitere noch bewohnte Objekte gehören gleichermaßen zu einem Konzept, das mittelfristig den Bau von 140 Wohneinheiten vorsieht. Noch ist einiges offen, unter anderem fordert die Verwaltung vom Investor, dass aktuelle Mieter auch anschließend ein Mietangebot bekommen. Der nächste Schritt wäre zunächst die Beteiligung der Öffentlichkeit.

17. Was wird aus der Sportanlage Schäferkampsweg? Die Planung für eine Bebauung der traditionsreichen Sportanlage liegt aktuell auf Eis, nachdem es Proteste aus der Bevölkerung gegeben hatte wegen des Wegfalls von Sportflächen. Vorerst wird die Gemeinde daher hier investieren müssen, um die Fußballplätze nutzbar zu halten.

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Rückblick 2023: Henstedt-Ulzburg und die Ostküstenleitung – ein ständiger Kampf

Es ist eines der größten und wichtigsten Infrastrukturprojekte im gesamten Norden, die Gesamtkosten könnten bei rund 1 Milliarde Euro liegen. Und Henstedt-Ulzburg hatte letztlich keine Chance, es zu stoppen. Die Ostküstenleitung kommt, die 380-Kilovolt-Stromtrasse wird seit einigen Monaten gebaut, viele Masten für die Freileitung stehen, während die Vorbereitungen für den unterirdischen Teil laufen. Die Erdkabel werden in Dükern verlegt, das sehen viele in der Großgemeinde als Erfolg, da dies eine umweltschonendere Variante ist, auch wenn nicht hundertprozentig vorhergesagt werden kann, welche direkten Auswirkungen die Starkstromleitung letztlich auf die Fauna, insbesondere rund um das Biotop und auf landwirtschaftliche Flächen, haben wird.

2023 gab es mehrere Versuche einer politischen Mehrheit, den Netzbetreiber Tennet zu stoppen oder zu einer anderen Planung zu zwingen. Zunächst im Frühjahr, nachdem das Unternehmen grünes Licht erhalten hatte durch das Land, vorbereitende Maßnahmen, etwa Gehölzarbeiten, durchzuführen. Eine Eilklage vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde allerdings abgelehnt. Dann wollte Tennet einen Feldweg als Baustraße nutzen. Die Genehmigung wurde versagt. Es folgten zahlreiche Hintergrundgespräche mit der Gemeinde, die schließlich eine Entschädigung erhielt und dazu sogar für einen dem Vernehmen nach sehr guten Preis eine bislang Tennet gehörende Fläche an der Edisonstraße.

Dann kam im Herbst der endgültige Planfeststellungsbeschluss zur Ostküstenleitung. Nun musste eine endgültige Entscheidung über eine Klage her. Vor dem Bundesverwaltungsgericht hätte man Tennet rechtliche Fehler im Abwägungsverfahren verschiedender Korridore nachweisen müssen. Dass die Gemeinde einen Verlauf entlang einer künftigen A20 bevorzugt hätte, ist bekannt, doch da diese Autobahn noch mitten in der Planung ist, griff dieses Argument juristisch nicht. Als eine Einwohnerversammlung zu diesem Großprojekt nur sehr schwach besucht war, zeigte sich, dass die Bevölkerung andere Prioritäten hat. Auch die Anwältin Angelika Leppin riet davon ab, vor Gericht zu ziehen. Teils zähneknirschend schlossen sich dem bis auf die BfB alle Fraktionen an. Der Kampf war vorbei.