Henstedt-Ulzburg. Historischer Beschluss nach einem Jahrzehnt Diskussion. Wegen der Pläne auf dem Rhen gibt es aber Sorgen um Sicherheit.
Dass es eine besondere Sitzung sein würde, war auf den ersten Blick in den Ratssaal von Henstedt-Ulzburg klar. Jeder Stuhl war besetzt, zahlreiche Anwohner vom Rhen wollten genau wissen, was die Politik im Planungs- und Bauausschuss beschließen würde. Rund ein Jahrzehnt hatte der Ort über die Wilstedter Straße diskutiert, ehe jetzt endgültig entschieden worden ist: Die wichtige Ost-West-Verbindung am Südrand wird aufwendig ausgebaut. Bemerkenswert: Alle Fraktionen waren sich einig, es gab keine Gegenstimmen.
Zunächst die Details: Die Fahrbahn wird nach ihrer Erneuerung durchgehend sechs Meter breit sein. Die Verkehrsinseln verschwinden. In westlicher Richtung entsteht am nördlichen Rand ein Fahrradschutzstreifen (1,50 Meter breit). Auf der gegenüberliegenden Seite wird es zwischen Norderstedter Straße und Am Wittmoor einen drei Meter breiten, gemeinsamen Geh- und Radweg geben.
Henstedt-Ulzburg: Ohne Gegenstimme – Die Wilstedter Straße wird ausgebaut
Wiederum am nördlichen Straßenrand wird es zwischen Immbarg und Norderstedter Straße einen 1,65 Meter breiten Gehweg geben, im weiteren Verlauf bis Moorweg dann 2,50 Meter. Der südliche Gehweg hat von Heidelweg bis Am Wittmoor eine Breite von 2,50 Metern. Die Bushaltestellen werden barrierefrei ausgebaut – und die Buswendeschleife wird asphaltiert sein.
„Ich bin froh, eine Lösung zu präsentieren, die Verkehrsarten berücksichtigt, die bisher nicht berücksichtigt worden waren“, sagte Volker Duda, Leiter des Bauamts. Da es sich um einen sogenannten Gemeinde-Verbindungsweg (G1K) handelt, ist der Wege-Zweckverband verantwortlich. Für den WZV erläuterte die Diplom-Ingenieurin Christine Bales das Vorhaben. „Man muss das eine oder andere reduzieren. Die sechs Meter breite Fahrbahn ist ein Kompromiss.“ Bei einem Neubau wären mindestens 6,50 Meter vorgeschrieben gewesen. Trotzdem werde es möglich sein, dass Busse – mit verminderter Geschwindigkeit – aneinander vorbeifahren können.
Wilstedter Straße: Der Ausbau kostet 4,9 Millionen Euro
4,9 Millionen Euro wird der Ausbau kosten – der Gemeindeanteil beträgt 3,255 Millionen Euro, jener des WZV 1,645 Millionen Euro. Bales: „Die Maßnahme wird gefördert. Dafür wurde im Vorwege ein Antrag beim Land gestellt.“ Das Geld gibt es aber erst nach Abschluss der Arbeiten, wenn die endgültigen Kosten vorliegen. 60 Prozent hiervon kommen für Zuwendungen infrage. „Der Gehweg ist nicht zuwendungsfähig, auch nicht der Parkstreifen und die Mehrkosten dafür, dass der Geh- und Radweg in Pflaster hergestellt werden.“
Grundsätzlich wird künftig wieder Tempo 50 die Regel sein – die heutige Beschränkung ist dem schlechten Zustand der Wilstedter Straße geschuldet. Die CDU forderte: Vor der Paracelsus-Klinik müsse 30 km/h gelten. Die Verwaltung signalisierte: Das sei machbar, schließlich handelt es sich um einen sensiblen Bereich. Die weiteren Anträge – nächtlicher Lärmschutz mit Tempolimits, eine Querungshilfe, vielleicht eine Bedarfsampel – stießen bei Volker Duda auf Skepsis.
Tempo 50 – Gemeinde sieht nur geringe Chancen
Außerhalb des Bereichs am Krankenhaus habe die Gemeinde keine Berechtigung, die Geschwindigkeit einzuschränken. Und: „Eine Querungshilfe haben wir mehrfach diskutiert, sie wird vom Landesbetrieb abgelehnt.“ Denn der Bedarf sei nicht nachgewiesen worden – es geht darum, wie viele Menschen stündlich an einem bestimmten Punkt über die Wilstedter Straße gehen. Im Raum steht eine Zahl von 50, die offenbar nicht erreicht wird. Zudem hatte das Land mitgeteilt: Ohne Tempo 50 werde es keine Fördermittel geben, genauso verhält es sich mit einer Querung – ein Dilemma für die Gemeinde. Zumindest einigten sich Politik und Verwaltung darauf, dass es nach dem Ausbau eine verkehrsrechtliche Betrachtung geben solle.
Für viele Anwohner ist das unbefriedigend, sie sorgen sich, dass der Durchgangsverkehr zunimmt – und dass gerast wird. „Es ist ein schlechter Kompromiss. Was hier passiert, hat mit Sicherheit Auswirkungen auf das Wählerverhalten der Bürger in der Wilstedter Straße“, sagte Jürgen Rieger, Sprecher der örtlichen Bürgerinitiative. Er forderte eine Einwohnerversammlung – was nach jetzigem Stand unwahrscheinlich ist, auch wenn dies im Ältestenrat noch einmal angesprochen werden soll. Ein anderer Mann warnte: „Man kann doch vorhersehen, dass Kinder nicht so einfach über die Straße gehen können, wenn dort kein Zebrastreifen oder eine Ampel ist bei Tempo 50.“
Der ADFC sieht eine Gefährdung für Radfahrer
Und Jens Daberkow, Vorsitzender des ADFC in der Gemeinde, erkannte weitere Probleme: „Ich als Radfahrer sehe einen Schutzstreifen, der mit 1,5 Metern angepriesen ist. Wenn man 30 Zentimeter Rinnstreifen abzieht, sind es noch 1,2 Meter. Mein Fahrrad ist 70 Zentimeter breit – ich fahre eigentlich schon auf der gestrichelten Linie im Kfz-Verkehr. Besonders für Senioren und Kinder sehe ich eine Gefährdung.“
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Christine Bales antwortete, dass der Rinnstreifen befahrbar sei – und „ein Schutzstreifen die bessere Option, als den Radverkehr ungeschützt auf der Straße fahren zu lassen“. Volker Duda wies auf den Unterschied zwischen einem Neubau und einer Sanierung hin. „Die Welt ist nicht so, wie wir uns das immer wünschen. Besser geht immer, aber dafür braucht man auch mehr Platz.“ Und das Naturschutzgebiet Henstedter Moor ist in diesem Fall eine Grenze.
Aus der Politik gab es ansonsten Lob für die Planung. Tenor: Die jetzige Wilstedter Straße ist weitaus unsicherer als die künftige Lösung. Allerdings wird mittelfristig die Entlastung des Rhen weiter eine Rolle spielen. Da gibt es viele Ansätze: einen Ausbau der Schleswig-Holstein-Straße inklusive Umbau der Kreuzung zur Ulzburger Straße ähnlich wie am Ochsenzoll, weniger Ampeln und dafür Kreisverkehre auf der Hamburger Straße.
Wilstedter Straße: Im Oktober sollen die Bauarbeiten starten
Aber das sind vorerst nur Gedankenspiele. Wie es jetzt weitergeht? „Wir gehen davon aus, dass wir im September den Auftrag vergeben können und im Oktober beginnen. Wir rechnen mit einer Bauzeit von zwei Jahren“, sagte Christine Bales. Der Ausbau verläuft abschnittsweise, dann jeweils unter Vollsperrung. „Man versucht schon, dass Anwohner jederzeit auf ihre Grundstücke kommen.“ Es könne aber sein, dass es für „ein, zwei Tage“ einmal nicht möglich ist.
Genau im Ausbaugebiet befindet sich die Paracelsus-Klinik. Nicht nur für Krankenwagen, für die es eine zweite Zufahrt von Süden gibt, sondern auch für alle anderen Bürgerinnen und Bürger muss diese erreichbar sein. „Das wird man gewährleisten müssen“, so Christine Bales, man wolle ein Konzept zusammen mit dem Krankenhaus erarbeiten. Weitere Einzelheiten hierzu nannte sie nicht.