PODCASTS: Die Mischung aus “iPod“ und “Broadcast“ hat das Netz erobert. Am 13.3. folgt der nächste LIVE-Szene-Podcast

Viele der Sendungen sind hochgradig unprofessionell, verlieren sich in schlechter Tonqualität oder thematischen Belanglosigkeiten. Doch was den Podcastern an High-End-Equipment und journalistischer Erfahrung fehlt, machen sie mit Kreativität und unbefangenem Charme wieder wett. In seiner "Rundfunktheorie" schrieb Bertolt Brecht 1932: "Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsystem, das heißt, er wäre es, wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur zu hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn auch in Beziehung zu setzen."

2002 setzten Dave Winer und Adam Curry die brechtsche Forderung quasi in die Tat um: Sie schraubten ein Skript zusammen, das es Internet-Nutzern ermöglicht, Audiodateien aus dem Netz auf mobile Audioplayer zu überspielen - und legten damit den Grundstein für das personalisierte Ich-Radio: den Podcast (zusammengesetzt aus den Begriffen "iPod" und "Broadcast"). "We don't need no stinkin' transmitters!", schallt es seitdem durchs Netz, mehr und mehr Hobbymoderatoren gehen online und on air - im Februar 2006 zählte die deutsche Szene etwa 1300 Podcasts. Laut NDR werden alle vier Monate rund eine Million Podcast-Dateien heruntergeladen. Die viel zitierten "15 minutes of fame" (Andy Warhol), die jedem Normalsterblichen im Leben zustehen, sind dabei niemals präsenter gewesen als heute.

Die Sendung "Hörspielzeit" ist solch ein Fall: Ein Podcaster verliest dort holprig-charmant seine persönlichen Interpretationen alter "TKKG"- und "Benjamin Blümchen"-Folgen und erntet dafür Lob von der Community. In der Szene beliebt ist auch "The B-Side wins again", eine Musik-Sendung, die nur Underground-Bands spielt, die Songs in Blogs und auf Net-Labels veröffentlichen. Viel Beachtung finden die Shows "Hallo, Mister Gott", in denen ein Pfarrer mit Märchenonkelcharme Bibelgeschichten podcastet, sowie das "Raumschiff Wolpertinger" - Parodien alter "Star Treck"-Folgen.

Bei so viel kreativem Chaos zog die Musik- und Medienbranche nach: Plattenfirmen, Musiksender, Zeitungen - alle launchen heute Podcasts. Doch nicht immer ist die Graswurzelebene über die Kommerzialisierung ihrer Cyber-Domäne glücklich: Als herauskam, dass Hape Kerkelings Video-Podcast "Horst Schlämmer macht Führerschein" ein PR-Produkt von VW ist, hagelte es Hasskommentare auf den Ausverkauf der Kunst - ohne der Beliebtheit der Show Abbruch zu tun.

Auf Kurzweil setzt indes auch iLIVE, der LIVE-Szene-Podcast: In der Show vom 13. März interviewt die iLIVE-Crew unter anderem Funk-'n'-Soul-Legende Deodato und präsentiert O-Töne der Eröffnungsfeier des neuen Foo-Clubs am Hamburger Berg.