Und sie hatten “viel Spaß dabei“, verrät Schauspielerin Kate Winslet über ihre Liebesszenen im Kinofilm “Der Vorleser“ mit dem Bargteheider Jungschauspieler David Kross (18).

Berlin. Geweint hat sie in Berlin nicht. Zumindest nicht bis zum späten Freitagabend. Dass das nicht selbstverständlich ist, zeigt die ungewohnte Kritik, die der ehemalige "Titanic"-Star Kate Winslet vor Kurzem für ihre von Tränen überströmte Dankesrede bei der Verleihung der Golden Globes einstecken musste. Auf der Berlinale zeigte sie sich ruhiger, wirkte aufgeschlossen und sehr sympathisch. Am Freitag hatte ihr Film "Der Vorleser", in dem sie Jungschauspieler David Kross amourösen Unterricht erteilt, während er ihr im Gegenzug aus Büchern vorliest, an der Spree seine Deutschlandpremiere.

Ganz so locker allerdings ging Winslet - trotz ausbleibender Tränen - den erneuten Rummel dann auch wieder nicht an: In ihren Interviews steckte sie sich buchstäblich eine Zigarette mit der anderen an.

Angst habe die 33-Jährige vor dieser Rolle gehabt, hieß es. Kate Winslet nickt und stöhnt: "Hanna war so ein komplizierter Charakter. Ich konnte überhaupt kein Verhältnis zu ihr finden. Und das ist für eine Schauspielerin sehr beängstigend. Man muss doch irgendetwas haben, woran man anknüpfen kann." Zunächst jedoch fand sie nur ein "weißes Nichts" und begegnete stattdessen alten Selbstzweifeln wieder: "Bin ich gut genug, habe ich die richtigen Fähigkeiten?"

Also versuchte sie es mit einer Negativauslese: "Ich konnte sie ja nicht nur als Nazi, als Monster oder als Analphabetin spielen. Ich wollte wahrhaftig sein." Was genau sie allerdings über diese Frau dachte, habe sie weder mit dem Regisseur noch mit ihrem Ehemann Sam Mendes geteilt. "Ich kann schließlich nicht alles verraten."

Nach Ende der Dreharbeiten im vergangenen Jahr sei sie vor allem erschöpft gewesen. "Die letzten zwei Wochen der Dreharbeiten in Köln waren hart. Ich war allein, die Kinder bei meinem Mann in England. Alle Liebesszenen haben wir in dieser Zeit gedreht und die Szenen, in denen ich so stark gealtert bin. An einem Tag war ich 86 und drehte eine Szene mit Ralph Fiennes, am nächsten Tag jung und drehte Liebesszenen mit David Kross. Sehr merkwürdig."

Den deutschen Schauspieler hat sie bei den Dreharbeiten schätzen gelernt. "Er war total professionell", lobt Winslet und legte ihm mütterlich den Arm auf die Schulter. Aufgeregte Fragen nach den gemeinsamen Sexszenen lässt sie lässig abperlen. "Wir haben es einfach gemacht und hatten viel Spaß dabei."

Offenbar aber nicht nur. Wegen des Stresses habe sie einige Kilo verloren und "ziemlich lange" gebraucht, um aus der Rolle wieder heraus zu finden. "Es war manchmal richtig schmerzhaft." Als sie vor der US-Premiere im November die ersten Interviews dazu gab, begann sie immer wieder zu weinen.

Vor den Dreharbeiten hatte Winslet deutsche Geschichte gepaukt "wie für eine Prüfung". Ihre Vorbereitungszeit war kurz, denn sie war für Nicole Kidman eingesprungen, die den Part zurück gegeben hatte, als sie schwanger wurde. "Wenn wir wieder in Berlin sind, wird alles gut, dann werden wir schon verstehen, warum wir das alles getan haben", habe sie sich selbst beruhigt, erzählt Kate Winslet. Ihr erster Ausflug führte sie zur Holocaust-Gedenkstätte. "Ich finde es dort überwältigend."

Ihr "Berlin-Gefühl" wird die Hollywood-Schauspielerin noch eine ganze Weile festhalten: "Dies hier ist die wahre Premiere", gestand sie. Und ein gerechter Lohn für die Angst.