Inoffizieller Tag der Frauen auf dem Kinofestival: Gleich eine ganze Reihe von Regisseurinnen stellte gestern ihre Filme vor.
Berlin. "Es macht mir nichts aus, wenn man Angst vor mir hat." Die Frau, die das kühl kalkulierend über sich selbst sagt, ist ebenso wissbegierig wie geschäftstüchtig - und grausam. Erzebet Bathory lebte vor rund 400 Jahren in Ungarn und konnte sich nicht mit dem Älterwerden abfinden. "Die Zeit hat keinen Respekt vor der Schönheit", schnaubt sie in Julie Delpys "Die Gräfin" und schickt ihre Diener los, um junge Frauen zu jagen. Sie lässt sie ermorden und ausbluten und glaubt, mit ihrem Blut die eigene Schönheit erhalten zu können. Eine Geschichte, die tatsächlich so - oder wenigstens so ähnlich - gewesen sein soll.
Gestern war Tag der Frauen bei der Berlinale. Genau genommen ist das natürlich jeder Tag, allein optisch, aber am Montag stellten besonders viele Regisseurinnen neue Filme vor.
Wer hätte gedacht, dass die französische Schauspielerin Julie Delpy ("Before Sunrise") sich nach ihrem leichtfüßigen, komödiantischen Regiedebüt "2 Tage Paris" so ein düsteres und blutiges Thema aussuchen würde? Wobei Delpy in "Die Gräfin" nicht den Vampireffekt in den Vordergrund stellt - obwohl die Blutsauger im Kino gerade sehr angesagt sind -, sondern Fragen stellt nach Vergänglichkeit, Verlustangst und dem Stellenwert von Schönheit. Die große Liebe ihres Lebens verkörpert Daniel Brühl. Er muss dafür nur eine Haarlocke opfern, wird aber ansonsten nicht angezapft.
Delpys Beitrag, in dem sie auch die Hauptrolle selbst spielt und für den sie außerdem das Drehbuch schrieb, lief in der Berlinale-Reihe Panorama.
Im Wettbewerb feierte "The Private Lives of Pippa Lee" Weltpremiere. US-Regisseurin Rebecca Miller hat dafür ihren eigenen Roman verfilmt. Im Zentrum steht Pippa (Robin Wright-Penn), eine elegante Frau um die 50, die genug hat von ihrer Rolle als Gastgeberin und "Frau an seiner Seite". Zum Entsetzen ihres Sohnes und begleitet von der Anerkennung ihrer Tochter schnappt sie sich nach dem Tod ihres Ehemanns einen Jüngeren (Keanu Reeves).
Eine bemerkenswerte Besetzung hat die Regisseurin, Tochter von Dramatiker Arthur Miller und Ehefrau von Schauspieler Daniel Day-Lewis, da zusammenbekommen, darunter auch Julianne Moore, Alan Arkin und Winona Ryder. Der Produzent heißt Brad Pitt - das könnte geholfen haben. Leider versinkt der Film zu lange im braven Alltagsgeplänkel, bevor die Lebenslust doch die Oberhand über die Protagonistin gewinnt. Ein rebellischer Aufbruch sieht anders aus.
"Du bist so peinlich!" Chris beschwert sich wütend bei seiner Freundin Gitti über ihre angebliche Taktlosigkeit. Gerade hat sie im gemeinsamen Urlaub auf Sardinien einem befreundeten Paar schonungslos die Meinung gegeigt. Dabei ist eigentlich er die Memme, während Gitti in dieser Situation undiplomatisch, aber mutig Flagge zeigt. "Alle Anderen" von Maren Ade ist der einzige ausschließlich deutsche Beitrag im Wettbewerb. Regisseurin Ade hat schon in ihrem Lehrerinnen-Drama "Der Wald vor lauter Bäumen" gezeigt, dass sie einen feinen Sinn für die Darstellung zwischenmenschlicher Abgründe hat. Hier seziert sie eine Zweierbeziehung mit schmerzhafter Genauigkeit - und bisweilen großer Komik, was der Film vor allem den geschliffenen Dialogen und einer starken Birgit Minichmayr als Gitti verdankt. Ob das für einen Bären reichen wird, ist trotzdem fraglich; die Geschichte ist doch etwas zu sehr auf die Nabelschau konzentriert.
Solche Sorgen brauchte sich Hermine Huntgeburth gar nicht erst zu machen. Ihr Film "Effi Briest" - mit einer erfrischenden Julia Jentsch in der Titelrolle - hatte am Montagabend in der Reihe Berlinale Special außerhalb des Wettbewerbs Premiere im Friedrichstadtpalast. Da war sogar die Kanzlerin neugierig genug vorbeizuschauen. Anschließend bekam Produzenten-Altmeister Günter Rohrbach für seine langjährigen Verdienste um den Film die Berlinale-Kamera überreicht - wie schon der französische Regisseur Claude Chabrol am Tag zuvor. Die Männer sollen sich ja auch mal freuen können.