Abendblatt:

Ihr Film "The International" eröffnet die Berlinale. Sind Sie das Aushängeschild des deutschen Kinos?

Tom Tykwer:

Ich hab da gar keine vereinsbezogene Identität. Ich kann mich nur für meine eigene Arbeit verantwortlich fühlen. Wahrscheinlich ist es der Eröffnungsfilm geworden, weil er viele Kriterien unter einen Hut bringt: eine internationale Produktion mit Schauspielern wie Naomi Watts und Clive Owen, die für so eine Premiere ja auch wichtig sind. Gleichzeitig ist die kreative Heimat des Films in Berlin.



Abendblatt:

Ist so ein großes Budget für einen Regisseur ein Traum - oder doch eher ein Albtraum?

Tykwer:

Weder noch. Es ist natürlich immer ein wenig grotesk. Im Verhältnis zum Geld, das man auf dem Konto hat, ist so ein Budget hanebüchen riesig. Mein erster Film hat eine Million Mark gekostet. Wenn es später 50 oder 60 werden, ist der Unterschied wirklich nur marginal in der Wahrnehmung. Man beschäftigt irrsinnig viele Leute und kann diese Summen dann irgendwann nachvollziehen. "The International" hat spektakuläre Action-Sequenzen. Dass so etwas Geld kostet, ist dann doch offenkundig.



Abendblatt:

Einer der herausragenden Höhepunkte des Films ist eine Schießerei im Guggenheim-Museum. Wie viel haben Sie vom Original nachgebaut?

Tykwer:

Quasi den gesamten Innenraum. Wir haben in Babelsberg einen alten Lokschuppen gefunden. Von außen sah man eine abgetakelte Fabrikhalle, wenn man hineinkam, stand man plötzlich in der Ikone der modernen Architektur. Wir haben fast sechs Wochen an diesen Szenen gedreht, die im Film acht Minuten dauern. Da weiß man, was manchmal bei James-Bond-Filmen los sein muss.



Abendblatt:

Sie kritisieren das Finanzwesen - ohne Banken kann man so einen Film aber nicht machen.

Tykwer:

Der Film verdammt Banken ja nicht generell. Er weist darauf hin, dass einzelne Institutionen ihre Macht überschätzen oder missbrauchen. Aber es ist in erster Linie ein Thriller.



Abendblatt:

In diesen Tagen erscheint eine DVD-Box mit Ihren Filmen, von "Lola rennt" bis "Das Parfum". Das ist sehr früh für einen 43-Jährigen - befinden Sie sich schon mitten in Ihrem Spätwerk?

Tykwer:

Das habe ich mich auch schon gefragt. Tatsächlich ist es aber bestenfalls Halbzeit. Ich fühle mich viel zu jung für eine Retrospektive. Die Box ist nicht Ausdruck meiner letzten Ölung.