Es war harte Arbeit, die Diva zu spielen, sagt Heike Makatsch. Und kommt der Knef dabei ganz nah.

Berlin. Sie ist überall in Berlin in diesen Tagen, am Potsdamer Platz, in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen und vor der neuen Nationalgalerie: Hildegard Knef, besser gesagt Heike Makatsch, die die Diva in Kai Wessels Film "Hilde" (Kinostart am 12. März) verkörpert. Man kommt nicht vorbei an diesen Plakaten; fast zwanghaft muss man in das von dichtem, blondem Haar umrandete Gesicht blicken. Die Augen mit den schwarz getuschten Wimpern sind zur Hälfte geschlossen, Tagtraumstimmung - und so gesehen ist es nur konsequent, dass auch der Film mit einem Gähnen von Hildegard Knef beginnt.

Dem Gähnen folgen ein müdes Räkeln auf dem Flugzeugsitz und der ritualisierte Griff zur Zigarette. Wir sind im Jahr 1966, Hildegard Knef ist auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angekommen; ein deutscher Weltstar, dessen Karriere jedoch alles andere als strahlend und geradlinig verlaufen ist. In den folgenden 130 Minuten spannt der Film seinen historischen Bogen von der 17-jährigen Knef als Entdeckung der Ufa-Filmproduktion bis zur gefeierten Sängerin Mitte der 60er-Jahre. In der Berliner Philharmonie schließlich, wo sie im März 1966 auftritt, soll es für sie erstmals rote Rosen regnen - ein selten glücklicher (Film)Moment; eine Schlussszene, in der man einen Menschen zu erleben meint, der nach allem Hadern und allen privaten wie beruflichen Tiefschlägen zu sich gefunden hat.

Unterhält man sich mit Heike Makatsch, wird man ebenfalls das Gefühl nicht los, dass hier eine Schauspielerin zu ihrer Bestimmung gefunden hat - zumindest aber zu einer Rolle, die anders ist als all das, was sie bislang gespielt hat. Schwieriger vielleicht und gewiss mehr beachtet. "Ich bin mir der hohen Erwartungen der Zuschauer bewusst - und habe eben härter gearbeitet", sagt Makatsch und zippelt ein paar blonde Ponysträhnen aus der Stirn. Es mag banal sein, ständig die optische Ähnlichkeit zwischen ihr und der Knef zu betonen; das sie vorhanden ist und wohl mit ausschlaggebend für die Besetzung war, ist Fakt. "Man sieht sofort, das passt", sagt Regisseur Wessel.

Man sieht es nicht nur, man hört es auch. Etwa dann, wenn Makatsch dunkel und leicht heiser lacht, ganz so, als würde sie immer noch rauchen (was sie nicht tut). In diesen Momenten klingt es an, dieses vielschichtige und so besondere Knefsche Timbre. "Sie hatte eine Stimme, in der sich alles offenbart hat", findet Makatsch: "Das Zarte und das Harte, das Sexuelle und das Burschikose." Ein Jahr Gesangsunterricht liegen hinter ihr; von Beginn an stand fest, dass sie selbst singen wollte. So gibt es weder eingespielte Knef-Lieder noch Archivaufnahmen der Knef-Filme "Die Mörder sind unter uns" oder dem damals als Skandal empfundenen "Die Sünderin". Stattdessen: Makatsch pur - obwohl das Filmteam darauf verzichtet hat, (Nackt)Szenen der "Sünderin" nachzudrehen. Heike ist unsere Hilde, nennt es Wessel.

Wer war Hildegard Knef? Um diese Frage kreist der Film, der auf Knefs Autobiografie "Der geschenkte Gaul" basiert, und vielleicht darf man es ihm nicht als Fehler anlasten, dass er darauf keine schlüssige Antwort findet - oder nur die, dass die 2002 verstorbene Künstlerin eine Frau mit vielen Gesichtern war. Eine komplexe, unbequeme Frau, die "viele Menschen überfordert hat in ihrer Vielschichtigkeit", sagt Wessel. Wie nähert man sich einer solchen Figur, was hätte man von ihr lernen können? "Sag mal Hilde, wie ist denn das eigentlich so mit dem Leben?" Makatsch lacht; ja, genau das hätte sie Hildegard Knef gerne gefragt, wäre es zu einer Begegnung gekommen. Am Ende der Dreharbeiten sei diese Frau ihr sehr nah gewesen: "Zumindest fühlt es sich für mich so an, als hätten wir uns gut unterhalten können." Makatsch legt den Kopf ein wenig schief, sagt, dass sie "ganz kribbelig" sei vor der Premiere im Friedrichsstadtpalast - und plötzlich ist es wieder da, dieses Gesicht, das man so gut zu kennen meint von jenen Plakaten, die sich durch Berlin ziehen.