Hamburg. Serie „Anstoß“: Der neue Trainer Olaf Poschmann hat am Gramkowweg merklich die Zügel angezogen. Was die Vierländer für Ziele haben.

„Los, warmmachen!“, weist Olaf Poschmann seine Ersatzspieler an. Nach gerade mal fünf Minuten hat der Coach des SV Curslack-Neuengamme genug gesehen. Gerade hat der Fußball-Landesligist beim Vierlandencup gegen den klassentieferen SV Börnsen das 0:1 kassiert. Schlimmer noch: Der SVCN lässt sich vom Gegner den Schneid abkaufen. Das will Poschmann nicht akzeptieren. „Ich erwarte, dass wir im Spiel immer alles abrufen“, erklärt der 56-Jährige. Larifari? Nicht mehr beim SV Curslack-Neuengamme! Und erst recht nicht mit Olaf Poschmann! Nachdem der erfahrene Trainer in den ersten Monaten nach seinem Amtsantritt am Gramkowweg Mitte März noch hauptsächlich als „Gute-Laune-Bär“ gefragt war („Die Stimmung war schlecht, es ging erst mal darum, den Spaß zurückzubringen“), hat er nun die Zügel deutlich angezogen.

„Wir müssen lernen, dass wir widerstandsfähig sind und gewisse Situationen wie einen Rückstand oder einen schlechten Auftritt annehmen, um nicht in eine Lethargie zu verfallen, in der wir dann unstrukturiert sind“, sagt Poschmann. Im besagten Duell mit dem SV Börnsen zeigt seine junge Mannschaft nicht die von ihm geforderte Resilienz. Sie verliert überraschend mit 1:2 und wird vom Trainer zum „Nachhilfeunterricht“ in die Kabine zitiert. Dass „Poschi“, wie der Coach gerufen wird, dabei klare Worte wählt, ist ziemlich deutlich für jeden zu vernehmen, der sich rund um das Gebäude aufhält. „Nun ist aber wieder alles positiv“, erklärt der neue Co-Trainer Tim Stegmann nach dem rund zehnminütigen Monolog Poschmanns hinter verschlossenen Türen.

Beim SV Curslack-Neuengamme soll unter Poschmann Schluss sein mit Larifari

Inwieweit das schwache Abschneiden beim prestigeträchtigen Vierlandencup – auch gegen den SC Vier- und Marschlande kommt Curslack nicht über ein 1:1 hinaus – einen Lerneffekt für die kommende Saison haben wird, muss sich zeigen. Möglicherweise war es ja ein Dämpfer zur richtigen Zeit nach einer bis dahin vorzüglich verlaufenen Vorbereitung. So gewann der SVCN eine Woche zuvor auswärts hochverdient mit 3:0 beim ambitionierten Oberligisten FC Süderelbe. „Das war wirklich eine super Leistung von uns. Die Jungs haben mir erzählt, dass es ihr bestes Spiel seit zwei Jahren war“, berichtet Poschmann. Die Vorstellung am Kiesbarg gibt ihm zwar in seiner Einschätzung recht, dass er über eine „sehr talentierte Mannschaft“ verfügt, andererseits ist dem Trainer-Routinier natürlich bewusst, dass Rückschläge kommen werden. „Es wird sich zeigen, wie die Jungs dann damit umgehen können“, blickt Poschmann voraus.

Dank junger Talente wie dem 18-jährigen Philip Owusu hat sich der Altersschnitt der Vierländer deutlich verjüngt.
Dank junger Talente wie dem 18-jährigen Philip Owusu hat sich der Altersschnitt der Vierländer deutlich verjüngt. © BGZ/Hanno Bode | Bode

Grundsätzlich sieht der 56-Jährige sein Team jedoch auf einem guten Weg. „Wir haben eine sehr, sehr junge und talentierte Mannschaft, die nach vorn gehen will und absolut motiviert ist“, frohlockt der Coach und lobt seine Schützlinge dafür, dass sie im Training „sehr viel aufsaugen“ und „unheimlich viel Gas geben“. Er und die Sportliche Leitung um SVCN-Ikone Torsten Henke und Nils Marx haben sich nach Rang sechs in der abgelaufenen Spielzeit erneut für einen größeren personellen Umbruch entschieden. Zum einen, weil einige Akteure aus dem Kader der Vorsaison schlichtweg die Lust verloren hatten, weiter für die Vierländer aufzulaufen. Andererseits bot es sich an, den ohnehin nach dem Oberliga-Abstieg vor zwei Jahren eingeschlagenen Weg der Verjüngung noch einmal zu forcieren.

Kapitän Witalij Wilhelm, der „Papa der Kompanie“, ist gerade Vater geworden

„Wir haben uns gezielt nach jungen Leuten umgeschaut, die auch vom Charakter her zu uns passen“, erläutert Poschmann die „Shopping-Strategie“. „Uns war wichtig, dass sie alle die Motivation haben, etwas zu bewegen und Bock auf Fußball haben.“ Der Altersdurchschnitt des Teams liegt nun bei unter 23 Jahren. Kapitän Witalij Wilhelm ist mit seinen 32 Jahren der „Papa der Kompanie“ beim SVCN – und passenderweise Mitte Juli das erste Mal selbst Vater geworden. Neben dem Allrounder stehen in Robert Pallasch (28), Jonas Holz (28), Stjepan Brkic (28), Artur Hoppe (29) und Marvin Schalitz (28) noch eine ganze Reihe weiterer erfahrener Kräfte im Kader. Sie sollen die „jungen Wilden“ an die Hand nehmen.

Die erfahrenen Kräfte um Verteidiger Jonas Holz (28) sollen die „jungen Wilden“ im SVCN-Kader führen.
Die erfahrenen Kräfte um Verteidiger Jonas Holz (28) sollen die „jungen Wilden“ im SVCN-Kader führen. © BGZ/Hanno Bode | Bode

Davon kamen in Marcio Johannsen (Phönix Lübeck II), Jan Malinowski (SCVM), Keeper Leon Muharemi (Oststeinbeker SV), Philip Owusu (SC Eilbek) sowie Florian Böttcher (SV Eichede, U19) gleich fünf, die noch nicht einmal ihr 19. Lebensjahr vollendet haben. Auch die weiteren Zugänge um Abwehrkante Oliver Panknin, Stürmer Marvin Möller sowie Nathaniel Schade fallen bei Weitem noch nicht in die Rubrik Routiniers. „Wir wollen nachhaltig mit jungen Leuten aus der Region arbeiten“, erklärt Poschmann.

Die Curslacker Elf ist jünger und schneller geworden. Reicht das sogar für den Aufstieg?

Nach dem dritten großen personellen Umbruch binnen drei Jahren – auch vor der Oberliga-Abstiegssaison war der Kader wild durchgewürfelt worden – soll nun am Alten Bahnhof ein Team zusammenwachsen, das den Club zumindest mittelfristig in die Oberliga zurückbringt. Für die kommende Serie wird der Aufstieg, zumindest offiziell, noch nicht als Zielsetzung ausgerufen. „Wir sind schneller und vor allem jünger geworden. Das sind schon einmal gute Voraussetzungen, um den sechsten Tabellenplatz zu bestätigen. Und dann wollen wir einfach mal schauen, wo die Reise hingehen kann“, sagt Poschmann.

Die Serie „Anstoß“ im Überblick

Wer den ehrgeizigen Trainer kennt, weiß jedoch, dass es nicht sein Anspruch ist, um die berühmt-berüchtigte „Goldene Ananas“ mitzuspielen. Natürlich schielt der 56-Jährige zumindest mit einem Auge nach oben, was auch in seiner Aussage deutlich wird: „Es ist unser Anspruch, ambitionierten, guten und physisch starken Fußball zu spielen. Um uns zu schlagen, muss jede Mannschaft bereit sein, über das Limit zu gehen. Denn wir werden immer 100 Prozent geben.“