Glinde. Serie „Anstoß“: Warum der langjährige Innenverteidiger freiwillig auf die Bank wollte, aber das Spielfeld nicht verlassen durfte.
Der TSV Glinde, um den sich der heutige Teil unserer Fußball-Vorschauserie „Anstoß“ dreht, schwimmt auf einer Erfolgswelle. In der vergangenen Saison wurde das Team von Trainer Kevin Karras Vierter in der Fußball-Bezirksliga Ost. Dies war die beste Platzierung der Stormarner seit neun Jahren. Ein wichtiger Faktor war dabei die stabile Abwehr. In sieben ihrer 26 Spiele blieb die Glinder Defensive um Abwehr-Hüne Dominik Heikaus ohne Gegentor. Zudem war der 35-Jährige vor allem bei Standards auch torgefährlich, erzielte insgesamt vier Treffer.
Bereits seit 2020 gehört Heikaus zum Team und ist aus der Glinder Abwehrformation eigentlich kaum noch wegzudenken. Wer jedoch nach dem Trainingsauftakt Ende Juni beim Treichel-Match-Day beim TSV Glinde vorbeischaute, staunte nicht schlecht. Der langjährige Innenverteidiger stand plötzlich neben Trainer Kevin Karras und coachte das Team. Er gab seine Anweisungen also nun nicht mehr auf dem Feld, sondern von der Seitenlinie aus.
„Anstoß“: Verwirrspiel beim TSV Glinde um Abwehr-Hüne Dominik Heikaus
Zwei Tage später folgte die offizielle Bestätigung des TSV Glinde via Instagram: „Dominik Heikaus ist aus der Innenverteidigung an die Seitenlinie gewechselt, wird künftig Kevin Karras als Co-Trainer unterstützen.“ Was war passiert? „Dominik ist 35 Jahre alt. Er ist zwar fit, aber seine Knochen wollen nicht mehr so, wie er es gerne hätte“, verriet Coach Karras die Hintergründe der überraschenden Personalrochade. „Es ist sein Wunsch gewesen, als Co-Trainer weiterzumachen“, fügte Karras an.
Das Co-Trainer-Dasein des Dominik Heikaus währte jedoch nur sechs Tage. Denn bereits im Testspiel am 4. Juli gegen den Kreisligisten ASV Bergedorf 85 schnürte der Defensiv-Spezialist wieder die Fußballschuhe. Er wurde zu Beginn der zweiten Hälfte eingewechselt und half mit, den 6:0-Sieg zu erringen. Wieder einmal ein Zu-Null-Erfolg also für die Stormarner. Und tatsächlich: Die Rückkehr aufs Spielfeld war alles andere als ein zufälliger Ausflug.
Innerhalb von sechs Tagen war Heikaus erst Spieler, dann Co-Trainer, dann wieder Spieler
„Dominik ist bis zum Winter kein Trainer mehr“, verkündete Karras hinterher die Rolle rückwärts. „Es gibt bei uns einfach zu viele Ausfälle im Kader. Daher rückt er wieder in die Mannschaft. Wir haben zunächst überlegt, ob er als Spielertrainer weitermacht. Aber dann ist er zu dicht am Team, ist viel in der Kabine. Das könnte auch störend sein. Deshalb haben wir entschieden, dass er nur Spieler ist.“
Schon im folgenden Testspiel beim Landesligisten VfL Lohbrügge kehrte Heikaus wie gewohnt in die Startelf zurück, konnte die 0:5-Niederlage aber auch nicht verhindern. „Unsere Vorbereitung ist schon anstrengend“, erläutert Karras. „Vor dem Spiel gegen Lohbrügge waren wir in den Boberger Dünen. Viele hatten schwere Beine, Lohbrügge hat zudem in der Halbzeit komplett gewechselt, und deshalb gab es in Durchgang zwei einfach mal vier Stück.“
Zehn Neuzugänge müssen in den TSV-Kader integriert werden
Als neuer Co-Trainer wird nun Stefan Brandt, der Vater von Torhüter Mirko Brandt, Karras an der Seitenlinie unterstützen. „Er war schon vorher mit im Team. Er macht viele Übungen mit dem Ball, das kommt bei den jungen Spielern natürlich gut an. Wir ergänzen uns ganz gut“, ist der Coach mit der Lösung zufrieden.
Gleich zehn Neuzugänge müssen in diesem Sommer integriert werden. Thomas Drews (TSV Glinde II), Kevin Passow (SVT Bad Oldesloe), Max Lindemann (SV Eichede II), Leon Rother, Mohamed Almesreb, Iraj Razai (alle TuS Hamburg), Tom Busacker (Barsbütteler SV), Joshua Rarrek (Willinghusener SC), Finn Nzegwu und Michel Jähnig (beide vereinslos) sollen den Konkurrenzkampf im Kader anheizen. Doch Jähnig, Nzegwu und Lindemann fallen bereits aus. „Alle drei plagen sich mit muskulären Problemen herum. Die Belastung war für sie zu hoch“, gibt Karras zu Protokoll. „Ich hoffe, dass es nur Zerrungen sind und keine Muskelfaserrisse.“
Drei davon fallen schon verletzt aus. Also müssen die Routiniers wieder ran
Somit bleiben im Moment nur die Routiniers Shawn Scheele und Dominik Heikaus als Innenverteidiger übrig. Aber es gibt ja die zweite Herrenmannschaft als Unterbau. „Wir arbeiten zusammen. Gibt es mal personelle Probleme, sind wir im Austausch und handlungsfähig. Beide Teams machen ihr Ding, aber wenn einer Hilfe benötigt, sind wir füreinander da“, berichtet Karras.
Der große Wunsch in Glinde ist es natürlich, an die so erfolgreiche vergangene Saison anzuknüpfen. „Es muss aber schon viel passen, damit es wieder so gut läuft“, bleibt Trainer Karras vorsichtig. „Wenig Verletzungen, einen kleinen Lauf, ein Quäntchen Glück. Hinzu kommt, dass die Bezirksliga Ost in dieser Saison sehr stark und ausgeglichen ist. 60 Punkte könnten schon für ganz oben reichen.“
Die erfolgreichste Bezirksliga-Saison aller Zeiten, das ist das erklärte Ziel des TSV Glinde
Zu den Favoriten zählt der TSV-Coach den Meiendorfer SV, der als Vizemeister der Bezirksliga Nord nun in die Staffel Ost gewechselt ist. „Auch der SC Wentorf hat sich mit guten Spielern verstärkt“, erinnert Karras. „Vorwärts-Wacker Billstedt II kann uns alle überraschen, mit dem Oststeinbeker SV und Atlantik 97 muss man ebenfalls rechnen, und Concordia II ist der Unterbau eines Oberligisten. Ich möchte einen Zähler mehr holen als vergangene Saison.“
Die Serie „Anstoß“ im Überblick
- TSG Bergedorf: Das Thema „Aufstieg“ ist tabu
- SV Nettelnburg/Allermöhe: Mit 20 Mann auf Mallorca gefeiert
- Atlantik 97: Klappt es dieses Mal mit dem neuen Trainer?
- TuS Aumühle-Wohltorf: Achterbahnfahrt der Gefühle
- Escheburger SV: Der Aufstiegsfavorit, der keiner sein will
- TSV Reinbek: Traumlos und Hammerstart
- SC Wentorf ist der Europameister in Sachen Vereinstreue
Damals waren es 55 Zähler, vor allem dank einer bärenstarken Rückrunde. Das ist das beste Ergebnis in der zwölf Jahre währenden Bezirksliga-Historie des Vereins. Das von Karras so bescheiden vorgetragene Saisonziel wäre also nichts weniger als die beste Bezirksliga-Saison der Stormarner aller Zeiten.
Mit Heimspielen im Pokal und in der Liga geht es in die neue Saison
Das Zeug dazu haben sie. Die Glinder können selbstbewusst in die neue Spielzeit gehen und müssen sich keinesfalls verstecken. Zum Saisonstart geht es im Pokal gegen den Landesligisten HT 16 (26. Juli, 20 Uhr, Am Sportplatz), dann folgt zum Punktspielbeginn ein Heimspiel gegen den SC Eilbek II (4. August, 15 Uhr, Am Sportplatz). Sollte es gelingen, den Start positiv zu gestalten und Fahrt aufzunehmen, kann es für die Glinder für die Top Drei reichen.