Wentorf. Serie „Anstoß“: Heute geht es um einen Fußball-Bezirksligisten, der auch ohne Geld zahllose Spieler anlockt. Das Erfolgsgeheimnis.
Das gibt es unter den Fußballvereinen des Bergedorfer Raums wohl kein zweites Mal: Gleich acht Spieler aus dem aktuellen Kader des Fußball-Bezirksligisten SC Wentorf haben noch nie ein anderes Trikot getragen als das ihres Lieblingsvereins. Für Kristoffer Karkosch, Frederik Wulff-Hodt, Nis Jonathan Petersen, Robert Renner, Jonas Ebel, Levy Rogowski sowie Lionel und Joel Benett ist es ein Leben in Schwarz-Gelb. „Hinzu kommen sechs, sieben weitere Spieler im Kader, die von klein auf eng mit dem Verein verbunden sind“, schwärmt SCW-Coach Slavec Rogowski.
So kehrte Leon Rönnau nach nur einem Jahr in der A-Jugend-Regionalliga beim VfL Lohbrügge zurück zum SC Wentorf, bei dem er groß geworden ist. Ähnlich verhält es sich mit Dennis Reckstadt, der bis zur A-Jugend in Wentorf spielte, dann sechs Jahre lang für den SV Curslack-Neuengamme und SV Altengamme auflief und nun mit 23 Jahren wieder in Schwarz-Gelb unterwegs ist. „Dabei gilt bei uns nach wie vor: keine Kohle fürs Kicken“, betont Rogowski. „Solange ich hier an der Seitenlinie stehe, wird das auch immer so sein.“
Der SC Wentorf ist der Europameister in Sachen Vereinstreue
Trotzdem sind die Wentorfer ein wahrer Europameister in Sachen Vereinstreue. Wie also lockt Rogowski die Spieler in sein Team? Beispiel Reckstadt: „Ich bin immer mit ihm in Kontakt geblieben, habe signalisiert, dass er gerne kommen kann, wenn er irgendwann einmal an dem Punkt angekommen ist, an dem er einfach nur Fußball ohne Geld in einem schönen Umfeld spielen möchte“, schildert Rogowski. Denn eine Sache sei in Wentorf besser als bei jedem anderen Verein weit und breit. „Ich bin ja sonst sehr zurückhaltend“, hebt der SCW-Coach an, „aber eines ist völlig klar: Wir haben die schönste Anlage im Hamburger Osten! Die ist ein absoluter Traum!“
Hinzu kommt das familiäre Ambiente, das den SCW seit jeher auszeichnet. Leon Rönnau etwa ist der jüngere Bruder von Justin Rönnau und der Sohn vom früheren Wentorfer Trainer Olaf Rönnau. Neuzugang Luca Zengeley, der aus Lohbrügge kam, ist der Bruder der Wentorfer Urgesteine Lionel und Joel Benett. Im Trainerstab wird Slavec Rogowski von Lucas Runge unterstützt, dem Vater von Torhüter Niklas Runge sowie Spieler Thore Runge. Zudem hat der Coach auch selbst mit seinem 19-jährigen Sohn Levy Rogowski einen Verwandten im Team. Und schließlich ist Coach Slavec Rogowski auch mit Co-Trainer Thorsten Koß verwandt. Rogowski: „Unsere Frauen sind Cousinen.“
Familiäres Umfeld sorgt für eine Wohlfühl-Atmosphäre
Das alles führt zu einem Zusammenhalt im Team, der sich sportlich auszahlt. Höhepunkt war die Vize-Meisterschaft 2022, zuletzt reichte es immerhin zu Rang fünf. „Schlechter wollen wir auch in dieser Saison nicht abschneiden“, fordert Rogowski. „Wir bleiben ganz bei uns und versuchen, in der Liga unter dem Radar zu fliegen.“ Die Grundlagen dazu wurden wie jeden Sommer im Trainingslager in Malente gelegt.
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Und nicht nur hier setzen die Wentorfer auf Beständigkeit. „Unsere Spieler tragen auch seit Jahren dieselben Trikots“, verrät Rogowski. „Ich versuche, in unserer Wegwerf-Gesellschaft Nachhaltigkeit vorzulegen. Wenn dann ein Spieler zu uns zurückkehrt und nach Jahren wieder sein altes Trikot anzieht, dann geht ein Lächeln über sein Gesicht. Das ist Fußball-Romantik pur!“