Durban. Gummibärchen-Krise und Cola-Aufguss auf „AidaMar“ – Weltreisender verliert Glauben an Mitreisende. Was er für die Reise gezahlt hat.

  • Weltreisender Ruheständler Thomas Voigt verliert Glauben an Mitreisende auf der Aida.
  • Gummibärchen-Krise sorgt für Unmut bei einem Passagier und ein anderer kippt Cola in den Sauna-Ofen.
  • Ist die Aida der Ballermann der Weltmeere?

Schon wieder ein Notfall an Bord unserer „AidaMar“: Wir sind aufs Schlimmste geschüttelt von einer Gummibärchen-Krise. Gähnende Leere im Haribo-Regal des Bordshops, wo letzte Woche noch die 450-Gramm-Tüten für 3,50 Euro lagen. Auch die Colorado-Mischung ist ausverkauft. Die Folgen sind fatal: Immer mehr adipöse Haribo-Junkies krümmen sich mit Entzugsschmerzen in den Kabinengängen, und die Krankenstation auf Deck 3… nein, Spaß. Natürlich stimmt das so nicht.

Aber im Bordshop hat vorgestern tatsächlich einer gedroht, sich beim Kapitän zu beschweren, wenn nicht unverzüglich wieder Gummibärchen an Bord verfügbar sind. Da waren wir noch 400 Seemeilen vor Afrika auf dem Indischen Ozean. Zum Glück ist Kapitän Felix Rothe derlei Kummer auf dem Aida-Kreuzfahrtschiff gewohnt. Es haben sich auch schon Gäste beschwert, weil beim Schnorcheln die Fische wegschwimmen oder weil der Kabinennachbar immer so komisch grunzt, wenn man ihn auf dem Gang trifft.

Aida-Kreuzfahrt bei Ballermann-Touristen beliebt

Nein, nicht jeder Aida-Passagier ist die hellste Kerze auf der Torte. Letzten Donnerstag in der Sauna hat einer – oder eine – einen halben Liter Cola in den glühend heißen Saunaofen gegossen. Es dauerte keine 20 Sekunden, da qualmte und puffte das Ding und stank nach verbranntem Zucker. Die Sauna fiel einen Tag lang aus, das Spa-Personal musste jeden Stein einzeln sauberbürsten.

Warum schlendert auf dieser Weltreise so bemerkenswert viel Ballermann-Publikum übers Deck? Eine Führungskraft von der Crew hatte jetzt – streng vertraulich – eine Erklärung für mich parat (selbstverständlich nenne ich hier nicht den Namen der Person): „Thomas, schau doch mal auf den Kreuzfahrten-Markt. Aida bietet die billigsten Weltreisen an. Wir sind die Holzklasse.“ Na toll. Der Preis, den ich für meine Balkonkabine bezahlt habe, fühlt sich aber anders an.

50.000 Euro für die Holzklasse aller Weltreisen

Das liegt natürlich auch daran, dass ich allein unterwegs bin und daher für die zweite Person im Doppelbett, die da ja gar nicht liegt, noch mal 70 Prozent vom Reisepreis draufzahlen muss. Auch durfte ich keine günstige Innenkabine buchen. Angeblich waren die alle schon belegt. Wollte ich aber auch gar nicht, weil ich nachts so gern das Meer rauschen höre. So kommt es, dass ich für diese knapp vier Monate lange Tour mehr als 50.000 Flocken auf den Tisch gelegt habe. Ich weiß, das wollten viele Leser schon längst mal wissen. „Fährt der Kerl da etwa gratis mit, nur weil er einmal in der Woche einen flapsigen Text schreibt und ein paar Fotos schickt?“ Nein, leider nicht.

Kontrastreiches Showprogramm an Bord der AidaMar: Rock-Röhre Dana Zich.
Kontrastreiches Showprogramm an Bord der AidaMar: Rock-Röhre Dana Zich. © Thomas Voigt | Thomas Voigt

Wenden wir uns den erfreulichen Dingen zu. Ich habe mich ein bisschen verknallt. Gott sei Dank nur ein bisschen, schließlich könnte die Frau bei sportlichem Angang meine Enkeltochter sein. Dana ist so Anfang, Mitte zwanzig, ich bin nun schon 64. Sie kommt aus Bienenbüttel in der Lüneburger Heide und gehört als Sängerin und Entertainerin zu den Aida-Stars, die uns abends immer mit ihren Shows unterhalten.

Dana ist wie kein anderes Aida-Sternchen mit Leib, Herz und Seele bei der Sache. Neulich bei ihrer kurzfristig eingeprobten Solo-Show mit handfesten Rock-Titeln statt den üblichen Abba-, Musical- oder Queen-Songs war es um mich geschehen. Was für ein Energiebündel, die Stimme voller Lust auf mehr. Ich bilde mir ein, dass ich sie zusätzlich nervös gemacht habe, wie ich da in der ersten Reihe saß und abwechselnd mit meinen Augen und meinem Smartphone an ihr klebte. Beschwert hat sie sich aber nicht, als ich sie heute ansprach und ihr sagte, wie toll ich die Show fand. Sie war sehr charmant zu mir und kein bisschen hochnäsig.

„AidaMar“: Ruheständler Thomas Voigt reist um die Welt. Seine bisherigen Berichte:

Wunderschöne Sonnenuntergänge jenseits von Afrika

Dem Vernehmen nach soll Afrika die schönsten Sonnenuntergänge auf der Welt haben. Was wir an den vergangenen Abenden auf dem Weg nach Durban in Südafrika erleben durften, war schon mal sehr vielversprechend. Bei einem der Vorträge von Astronom Dr. Hartmut Renken im Theatrium unserer „AidaMar“ habe ich gelernt, dass das Licht acht Minuten braucht, um von der Sonne zu uns zu gelangen. Sonne und Erde sind also acht Lichtminuten voneinander entfernt.

Das ist fast nichts im Vergleich zu den vier Sternen im „Kreuz des Südens“, seit Jahrhunderten eine wichtige Orientierung für Seefahrer auf der Südhalbkugel. Diese Sterne sind zwischen 80 und 300 Lichtjahre entfernt. Sollte einer von ihnen verglühen, merken wir das hier also erst viele Jahre später.

Jawohl, man kann allerhand lernen auf der „AidaMar“. Aber nur, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Vielleicht sollte ich häufiger im Theatrium sitzen – und seltener in der Sauna.