Papeete. Unser Weltreisender wundert sich über notorische Nörgler, die Rückkehr seiner gestohlenen Mütze – und lernt “Meuterer“ kennen.

Die Pandemie und andere globale Unbilden stellen die Mannschaft unserer „AidaMar“ vor immer neue Herausforderungen: gesperrte Inseln, unterbrochene Lieferketten, mürrische Passagiere. Weil bei der jüngsten Test-Aktion an Bord unseres Kreuzfahrtschiffes rund 60 Gäste corona-positiv waren – allesamt ohne Symptome –, verweigerten die chilenischen Behörden auf der Osterinsel uns den Zutritt. Was waren wir alle enttäuscht!

Doch Kapitän Felix Rothe hatte ein dickes Trostpflaster für uns auf Tasche, ein richtiges Ass im Ärmel: Wir nahmen stattdessen Kurs auf Pitcairn. Das ist die ehemals unbewohnte Insel, welche die Meuterer von der „Bounty“ Ende des 18. Jahrhunderts nach vollbrachter Tat für sich entdeckten und wo sie Zuflucht fanden. Die heutigen 42 Einwohner von Pitcairn sind Nachfahren der Meuterer, die sich damals zwecks Fortpflanzung junge Südsee-Frauen von einer Nachbarinsel herangeholt hatten.

"AidaMar": Ein Pitcairn-Stempel im Reisepass – für zwölf Euro Gebühr

Zwar konnten wir Pitcairn nicht betreten, weil der Bootsanleger selbst für die Tenderboote unseres Dampfers zu klein ist. Aber 30 Pitcairner kamen mit ihrem kleinen Boot zu uns, bauten auf unserem Pooldeck ruckzuck einen Markt auf, wo wir ihren Honig, Briefmarken, T-Shirts, Schnitzereien und allerlei mehr kaufen konnten. Und ebenso wie ich gönnten sich viele Passagiere den Pitcairn-Stempel im Reisepass – für zwölf Euro Gebühr.

Schließlich dümpelten wir im Hoheitsgewässer der kleinen Insel. Tags zuvor hatten die geschäftstüchtigen Insulaner eigens für uns 15 Thunfische gefangen, wurden dann mit unserem Küchenchef schnell handelseinig. So konnten wir beim nächsten Poolbrunch gebratenen Thunfisch genießen, der frischer nicht sein kann. Richtig lecker. Inzwischen liegen wir im Hafen von Papeete auf Tahiti und haben schon wieder ein Versorgungsproblem.

Schon wieder steht der bestellte Container nicht bereit

Wie schon vergangene Woche im chilenischen Hafen San Antonio stehen die bestellten Container mit unserem Proviant nicht am Kai bereit. Der Aida-Reederei in Rostock blieb daher nichts anderes übrig, als einen Frachtflieger zu chartern und unsere Frikadellen von Hamburg halb um die Erde nach Tahiti zu schicken. Teurer Spaß. Jetzt zum Wochenende soll die Maschine hier landen, und weil Papeete weit und breit der einzige Airport ist, müssen wir nach einem Abstecher zu den Nachbarinseln Moorea und Bora Bora noch einmal hierher zurück. Um danach wieder in den Zeitplan zu rutschen, fallen die nächsten beiden Inseln Rarotonga und Nukualofa auf unserer Route aus.

Der Markt der Pitcairner an Deck der „AidaMar“.
Der Markt der Pitcairner an Deck der „AidaMar“. © Thomas Voigt

Vielen der älteren Gäste ist manches nicht gut genug

Carmen und Florian kommen aus Wien und gehören zu den wenigen jüngeren Passagieren auf unserem Kreuzfahrtschiff. Schätzungsweise 95 Prozent der Gäste hier sind 70plus. Darunter leider auch allerlei notorische Nörgler, denen es überall an Bord entweder zu warm oder zu kalt ist. Oder zu hell oder zu dunkel oder zu feucht oder zu trocken. Und zu laut. Und zu leise. Umso beglückender ist es für mich, hin und wieder Leute um die Dreißig zu treffen, die das Lachen noch nicht verboten haben.

Carmen hatte im November Geburtstag, ich übrigens auch. Carmen ist 32 geworden, ich 64. Zusammen mit Florian hatte ich errechnet, an welchem Dezembertag seine Carmen haargenau halb so alt werden würde wie ich. Den Abend haben wir dann mit Cocktails gründlich gefeiert, mein allmorgendlicher 1000-Meter-Lauf fiel am nächsten Tag ersatzlos aus.

Eine Service-Mitarbeiterin fand die Mütze auf einer Liege an Deck

Meine Mütze ist wieder da. Zur Erinnerung: Vor gut zwei Wochen verschwand sie auf ausgesprochen schäbige Weise von meinem Frühstückstisch, während ich am Büfett wartete. Offenbar hat der oder die zwischenzeitliche Besitzer(in) festgestellt, dass er oder sie das gute Stück mit der Aufschrift „Bergedorfer Zeitung“ auf dieser Weltreise schwerlich tragen kann, ohne alsbald Ärger am Hals zu haben.

Und so fand gestern Abend eine Service-Mitarbeiterin meine Mütze auf einer Liege an Deck und brachte sie zur Fundstelle bei der Rezeption, wo ich sie heute in Empfang nehmen konnte. Sagt man in so einem Fall eigentlich allen Beteiligten Danke?

"AidaMar": Ruheständler Thomas Voigt reist um die Welt – und erzählt davon: