San Antonio. Streik und Corona wirbeln einiges durcheinander. Weltreisender berichtet auch, warum er nicht mehr im Gästechor mitsingen darf.
Die schönsten abendlichen Musik- und Tanzshows im Theatrium unserer „AidaMar“ sind meist diejenigen der örtlichen Ensembles. Schon mehrmals auf den Atlantik-Inseln und in Südamerika hatten wir Folkloregruppen aus den jeweiligen Hafenstädten zu Aufführungen auf unserem Kreuzfahrtschiff. Absoluter Höhepunkt war vor Kurzem die Truppe Familia Bombotrio aus der chilenischen Hafenstadt San Antonio.
Die peitschenden Trommelrhythmen der Band trieben nicht nur deren Tänzer scheinbar schwerelos übers Parkett, sondern hoben auch das nicht unbedingt durchweg taufrische Aida-Publikum alsbald von den Sitzen. Am Ende tobte der halbe Saal. Ganz großes Kino.
Kreuzfahrt „AidaMar“: Hafenarbeiterstreik sorgt für neuen Essensplan
Chiles größte Hafenstadt war auch für eine zweite Überraschung gut. Ein mehrtägiger Hafenarbeiterstreik führte dazu, dass drei für uns bestimmte Container mit Lebensmitteln erst am Tag nach unserer Abreise dort eintrafen. Ersatzweise ließ deswegen unser Küchenchef drei Container mit chilenischen Lebensmitteln kommen, und die werden wir nun verfrühstücken.
Wir sind alle schon recht gespannt, was uns da erwartet. Frische Kirschen beim Abendbüfett am ersten Tag und frische Erdbeeren am zweiten Abend waren schon mal was Feines; andererseits gibt es jetzt morgens keine Leberwurst und kein Birchermüsli mehr. Wir werden es verschmerzen.
Beim Auslaufen sitzen alle plötzlich in einer Rußwolke
Auch von einer dritten Überraschung in San Antonio kann ich berichten, dazu kam es beim Auslaufen zur „Sail away“-Hymne am frühen Abend. Ich saß hinten auf dem Restaurant-Deck meinem Reisekumpel Michy gegenüber, und plötzlich konnten wir einander nicht mehr sehen, weil wir in einer pechschwarzen Rußwolke saßen. Die waberte offenkundig aus unserem schneeweißen Aida-Schlot und war annähernd so schnell wieder verschwunden, wie sie herangeweht war.
Die Flurschäden aber waren nennenswert. Die meisten Gäste holten sich einen neuen Teller Leckeres vom Büfett, weil den alten Teller nun ein grauer Schmierfilm zierte. Michy beschränkte sich darauf, ein halbes Dutzend schwarze Flocken von seinem Bierschaum abzuschöpfen, und trank dann unbeirrt weiter. Was uns nicht tötet, macht uns nur härter, meinte er.
Tags darauf in der Talkshow bat Kapitän Felix Rothe um Verzeihung für das mittelkleine Malheur. „Ich persönlich war zu dem Zeitpunkt zwar nicht auf der Brücke, aber meine Mannschaft hat beim Auslaufen zu sehr auf die Tube gedrückt. Daher sprang automatisch der dritte Schiffsmotor an, und wenn so ein Motor kalt startet, ist er eine üble Dreckschleuder.“
Überraschung: Plötzlich ist Corona mit an Bord
Bis vor Kurzem habe ich im Gästechor mitgesungen, den Entertainment-Vizechefin Johanna leitet. Das macht richtig Spaß, und ich würde es auch jetzt noch tun, wenn der Chor nicht eine Zwangspause hätte, weil da vorgestern dieser Corona-Schnelltest war, den alle auf dem Schiff machen musste. Das Ergebnis: Die Crew ist komplett negativ, aber 59 der etwa 1500 Gäste sind positiv getestet und wurden isoliert. Der Kapitän verhängte zudem Maskenpflicht in allen geschlossenen Räumen. Auch unsere Chorproben hat er untersagt, selbst für den Fall, dass wir mit Masken singen könnten. Können wir aber auch nicht.
„Keiner der positiv getesteten Passagiere hat Symptome, und zehn von ihnen sind schon wieder negativ getestet“, versicherte mir heute Hoteldirektor Christopher Leikauf. „Der Chor darf also höchstwahrscheinlich bald wieder singen.“ Egal: Unser für den 11. Dezember angesetztes Adventskonzert fällt erstmal aus, weil uns drei Probentreffen fehlen. Johanna will noch versuchen, das Konzert auf den vierten Adventssonntag zu schieben. Schauen wir mal.
Ruheständler Thomas Voigt reist auf der „AidaMar“ um die Welt. Seine bisherigen Berichte:
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