Gutachter rechnen mit viel “Biomasse“ im Kühlwasser. Sorge um die Elbe. Vattenfall drohen sehr teure Auflagen.

Hamburg. Ob das Kraftwerk Moorburg auch unter einer schwarz-grünen Landesregierung genehmigt wird, bleibt umstritten. Vieles, womöglich alles hängt jetzt von der wasserrechtlichen Genehmigung ab. Knackpunkt: die enormen Mengen von aufgeheiztem Kühlwasser, die das Kohlekraftwerk der Vattenfall AG in die Elbe leiten würde. 231 800 Kubikmeter pro Stunde würde es ansaugen - geschähe dies in der Binnenalster, wäre sie in zwei Stunden leer. Mit im Wasser sind riesige Mengen Fischlarven, Plankton oder Algen. Die Süderelbe vor Moorburg ist Hauptlaichgebiet des Stints, die kleinen Larven sind nur etwa zwei Millimeter groß. Zu klein für die von Vattenfall geplanten engmaschigen Gitterlöcher von drei Millimetern. Selbst der von Vattenfall beauftragte Fischökologie-Gutachter Hans-Joachim Schubert geht davon aus, dass kaum ein Fisch überleben würde, wenn er in das Kühlsystem geriete. Mit einer "Fischrückführungsanlage" will Vattenfall das verhindern. Doch auch dort seien die druckempfindlichen Jungstinte gefährdet. Eine geforderte Überlebensrate von 90 Prozent könne nicht garantiert werden, so Schubert.

Doch wenn Larven und Jungfische derart traktiert werden, fürchten Fischer einen Einbruch der Population. "Dann sind wir wirtschaftlich tot", sagt Wilhelm Grube, Elbfischer aus Hoopte. Die Wochenzeitung "Die Zeit" vergleicht den Stint daher bereits mit dem Wachtelkönig. Dieser Wiesenvogel (Crex Crex) brachte in Neugraben ein geplantes Wohngebiet zu Fall, es musste um 3000 Wohnungen abgespeckt werden.

Naturschützer dämpfen allerdings zu große Erwartungen der Moorburg-Gegner an den beliebten Speisefisch. Stint sei ein Massenfisch in der Elbe. Zusammen mit großen Mengen pflanzlicher Organismen würden aber auch Stintlarven in das Kühlwassersystem gezogen. Die tote Biomasse würde bei ihrem biologischen Abbau zu einem enormen Sauerstoffverbrauch in der Elbe führen. "Und dann schwimmen wieder Fische kieloben", sagt Nabu-Gewässerexperte Tobias Ernst. Er rechnet damit, dass es für Vattenfall letztlich eine wasserrechtliche Genehmigung geben werde, allerdings mit hohen Auflagen für den Sauerstoffgehalt. Ernst: "Dann wird sich höchstens ein viel kleineres Kraftwerk rechnen."

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sagte in einem Abendblatt-Interview, dass er hinter der Vattenfall-Drohung mit Schadenersatz "derzeit keine rechtliche Substanz" sehe