Siegen. Mitten in Siegen soll es sein, in Bahnhofsnähe, für 300 Beschäftigte – da ist die Standort-Auswahl für die Justiz nicht gerade groß.
- Justizzentrum auf beiden Seiten der Berliner Straße ist sanierungsbedürftig
- Das Oberlandesgericht Hamm sucht in Siegen einen neuen Standort
- Das alte Gebäude weiterzubetreiben wäre theoretisch auch denkbar
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm sucht 11.600 Quadratmeter Nutzfläche für Staatsanwaltschaft, Amts- und Landgericht Siegen – in Bahnhofsnähe. Einzug in das neue „Justizzentrum“ soll 2024 sein. So war es in der „unverbindlichen Markterkundung“ per Zeitungsanzeige formuliert. Angeboten werden konnten ein vorhandenes Gebäude oder ein Neubau, den die Justiz für 15 Jahre mieten wurde. Das war im Januar.
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Die gewünschte Immobilie, in der rund 300 Beschäftigte arbeiten können sollen, scheint machbar. „In dem Interessenbekundungsverfahren haben sich auf die Anzeige Interessenten gemeldet“, bestätigt OLG-Sprecher Bernhard Kuchler. „Deren Informationen werden nun Eingang in das weitere Verfahren finden.“ Auskünfte zu möglichen Standorten und Investoren mochte Kuchler noch nicht geben: „Die Prüfungen stehen insgesamt noch am Anfang.“
Der Auszug aus den Gebäuden zu beiden Seiten der Berliner Straße ist aber noch längst nicht beschlossene Sache, lässt der OLG-Sprecher durchblicken: „Neben den Interessenbekundungen werden im weiteren Verfahren auch eine fortgesetzte Nutzung des bestehenden Objekts und die hierzu erforderlichen baulichen Maßnahmen geprüft.“ Das würde dann eine Sanierung und Erweiterung der vorhandenen Gebäude im laufenden Betrieb bedeuten, die sich über einige Jahre hinziehen dürfte. 1976 sind die Justizbehörden vom Unteren Schloss in den Neubau an Kochs Ecke eingezogen, der längst unübersehbare Mängel aufweist: Manchmal regnet es sogar hinein.
Außerhalb der Siegener Innenstadt kämen mehrere Standorte in Frage
Über die angebotenen Standorte kann derzeit nur spekuliert werden. In Frage kommen könnten der Bereich der Hammerhütte zwischen Kochs Ecke und Leimbachstraße oder Badstraße, zwischen Kochs Ecke und Kölner Tor oder zwischen Hindenburg-, Heeserstraße und Bahn – beide in der geforderten Bahnhofsnähe, aber nicht ohne großflächigen Abriss nutzbar. Nicht ausgeschlossen wären Angebote auf der anderen Seite der Bahn.
Immer wieder ins Auge fallen auch Standorte außerhalb der zentralen Innenstadtlage, die sich das Gericht wünscht: In Weidenau wird das Gebäude der Kreispolizeibehörde frei, die in einen Neubau nach Geisweid zieht – gegenüber, auf der anderen Straßenseite, steht ein ehemaliges Möbelhaus leer. Der Komplex könnte aber auch für die Siegener Stadtverwaltung interessant sein: Das Rathaus Weidenau – nach Abriss wiederum ein weiterer denkbarer Justiz-Standort – ist ein Sanierungsfall. Alle Weidenauer Standorte haben die geforderte Bahnhofsnähe, nur eben nicht zum Siegener Hauptbahnhof, sondern zum Vorortbahnhof Siegen-Weidenau.
Schließlich: Wo für die Polizei neu gebaut wird, nämlich auf dem Gelände des ehemaligen Stahlwerke-Hochhauses in Geisweid, ist in der Nachbarschaft auch noch Platz. Was auch immer die Anbieter dem OLG vorgeschlagen haben: Nachweisen mussten sie die „rechtliche Verfügungsgewalt“ über die jeweilige Immobilie.
Links und rechts des Siegbergs hat sich die Uni Siegen Flächen reserviert
Wohl eher tabu dagegen die Innenstadt-Bereiche um Bahnhofstraße und Herrengarten, in den gerade Bürgerpark und Johann-Moritz-Quartier entstehen, das Gebiet zwischen Siegberg, Sandstraße und Löhrtor, das sich die Uni für ihren Umzug vom Haardter Berg in die Stadt reserviert hat.
Im einzelnen geplant sind für die Uni in der Stadtmitte zwei Campus’ als Ergänzung zum Unteren Schloss als Kern, der bereits Mensa, altes Stadtkrankenhaus und Hörsaalzentrum im Karstadtgebäude um sich schart. Am nördlichen Teilcampus, von der Julius- entlang der unteren Friedrichstraße bis zum Kölner Tor, soll die Philosophische Fakultät I einziehen – mitsamt all dem, was eine Fakultät braucht, inklusive Bibliothek, Seminar- und Büroräume. Auf der Fläche soll die ungeordnete Hinterhofstruktur abgelöst werden von Neubauten in einheitlicher Kubatur. Da bleibt wenig Platz für ein Behördenzentrum. Ebenso wenig auf der südlichen Seite des Siegbergs, wo entlang von Häutebachweg und Weiss bis zum Gelände des Löhrtor-Stadtbads das Pendant für die Fakultät II (Bildung, Architektur, Künste) entsteht.
Irgendwann wird auf dem Haardter Berg Platz frei – aber der ist anderweitig verplant
Auch der Bereich rund ums Kreishaus wird nicht in Frage kommen. Derzeit läuft der Architektenwettbewerb für den Kreishaus-Campus, der zusammen mit dem Neubau eines weiteren Verwaltungsgebäudes an der Ecke Leimbachstraße/St.-Johann-Straße entstehen könnte. Der Landrat sieht den Bedarf für die Kfz-Zulassungsstelle und das Jugendamt. Aus dem politischen Raum gibt es Widerspruch, die Entscheidung steht noch aus.
Irgendwann wird auch auf dem Haardter Berg in Weidenau viel Platz frei, wenn die Uni dort nur noch den Campus Adolf Reichwein betreibt. Für die Anforderungen des Gerichts dürften die Campus Hölderlin und Paul Bonatz deutlich zu abgelegen sein. Eher wird der Haardter Berg wohl wieder ein bisschen mehr Wohngebiet.
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„Hervorragend an den ÖPNV angebunden“, so stellte es der Grundstückseigentümer fest, ist der ehemalige Standort des Stahlwerke-Hochhauses in Geisweid. Nur: Wolfgang Thelen ist schon mit dem Innenministerium handelseinig geworden – bliebe für das Gericht allenfalls noch das Nachbargrundstück Richtung Birlenbacher Straße. Am Neubau der Kreispolizeibehörde wird allerdings deutlich, dass die Zeit-Vorstellungen des Gerichts wenig realistisch sind. 2020 wurde mit dem Vergabeverfahren für die Polizei begonnen, 2024 soll Einzug sein. Bisher wurden weder ein Bebauungsplanverfahren – Dauer: in der Regel zwei Jahre – noch die Planung zur erneuten Verlegung des Sohlbachs, wie schon nebenan für den neuen Rewe-Markt am Rathaus, in Angriff genommen. 2024 will auch das Gericht einziehen – irgendwo.