Siegen. Es wird kräftig gebaut in Siegen – aber es knirscht auch kräftig: Knappes Material und steigende Preise wirken sich auf Großprojekte aus.

Vor allem im Zentrum ragen die Kräne über der Stadt auf: Es wird kräftig gebaut in Siegen, nicht nur an den Straßen. Aber genau wie die Verkehrsprojekte ist auch der Hochbau von den aktuellen Rohstoffengpässen betroffen. Die Übersicht über die aktuell umfangreichsten Hochbauprojekte der öffentlichen und privaten Hand des Jahres 2022.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

„Vor allem am Baustahl hapert’s“, sagt zum Beispiel Andreas Moll, als Geschäftsführer des Investors Immobilienprojekte Siegerland (IPS) zuständig für das Projekt Johann-Moritz-Quartier (JMQ) am Hauptbahnhof. Die Verfügbarkeit sei aktuell eingeschränkt, es gebe viele Interessenten am Markt – dann wird die Ware knapp. Nicht viel besser sieht es bei anderen Grundbaustoffen aus, so Moll: Das werde sich im Lauf des Jahres wohl auch bei den Preisen bemerkbar machen.

Siegen ächzt bei großen Bauvorhaben unter stark steigenden Preisen

Darunter ächzt die Stadt Siegen bei öffentlichen Bauvorhaben bereits seit Längerem. „So etwas wie in den letzten zwei Jahren habe ich noch nicht ansatzweise erlebt“, sagt Jörg Heide von der technischen Gebäudewirtschaft (TGW). Zum einen die Masse – rund 180 größere Einzelmaßnahmen stemmt die Stadtverwaltung derzeit. Zum anderen aber vor allem die Kostensteigerungen, die auch in der Politik für erheblichen Diskussionsbedarf sorgen (wir berichteten). Für Laien ist oft nicht nachvollziehbar, wie teuer manche Vorhaben werden – und warum. Verlässlich zu kalkulieren sei aktuell kaum noch möglich, sagt Jörg Heide – am Markt bekomme man nur Tagespreise.

Die Übersicht über die aktuellen Großbaustellen in Siegen.
Die Übersicht über die aktuellen Großbaustellen in Siegen. © Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Zwar verfügt die Stadt teils noch über durchaus umfangreichere Fördermittel – die Reste aus dem Programm „Gute Schule“ etwa summieren sich auf rund 8 Millionen Euro, aufgeteilt in kleine „Häppchen“. Aber die Finanzierung über Fördermittel ist für die Kommunen ein zusätzliches Problem, weil das Verfahren mit Bewerben, Ausschreiben, Vergaben wiederum zeit- und kostenintensiv ist. Und wenn einmal vergebene Gewerke preisbedingt teurer werden, die Arbeiten aber vertraglich geregelt sind, droht auch noch juristischer Klärungsbedarf.

Das Johann-Moritz-Quartier am Siegener Bahnhof ist weit fortgeschritten

JMQ: Die drei Tiefgeschosse sind fertiggestellt, aktuell wird an der Erdgeschoss-Ebene gearbeitet, berichtet Andreas Moll. Insgesamt fünf Etagen umfasst das künftige Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke Hindenburg- und Fürst-Johann-Moritz-Straße, „mit dem Rohbau sind wir dieses Jahr noch gut beschäftigt“, sagt der Geschäftsführer. Die ursprünglich für Ende 2023 geplante Fertigstellung musste etwas verschoben werden – Corona, längere Bauzeitunterbrechungen im Winter, die aktuelle wirtschaftliche Schieflage bedingt durch den Ukraine-Krieg. Letzteres könnte im Lauf des Jahres für weitere Komplikationen sorgen. Im ersten Halbjahr 2024 soll das Quartier fertig sein.

Büro- und Geschäftshaus Hindenburgstraße:Nur wenige Meter weiter, an der Ecke Hindenburg- und Heeserstraße, haben die Arbeiten jüngst begonnen: Die Kanzlei „8P“ verlagert ihren Stammsitz in die Innenstadt. Das viergeschossige Gebäude wird an das alte Hauptpostamt angegliedert, die Fassade greift die ursprüngliche Optik auf. Neben der Kanzlei selbst in den oberen Etagen ist im Erdgeschoss Platz für Gastronomie und Handel vorgesehen.

Für viele Millionen Euro wird im Zentrum von Siegen gebaut

Haus der Musik: An der Oranienstraße laufen währenddessen bereits die Fassadenarbeiten: Zum Jahreswechsel soll die neue Heimat der Philharmonie Südwestfalen bezugsfertig sein. 16,7 Millionen Euro kostet das Gebäude – drei Etagen, Tiefgarage, 400 Quadratmeter Probensaal – insgesamt, der Grundstock von 5 Millionen kommt aus dem Stiftungskapital der Philharmonie, die weiteren 11,7 Millionen von Institutionen und privaten Spendern. Dauerspenden sollen den Betrieb ermöglichen.

Am Haus der Musik an der Oranienstraße in Siegen laufen bereits die Fassadenarbeiten.
Am Haus der Musik an der Oranienstraße in Siegen laufen bereits die Fassadenarbeiten. © Hendrik Schulz

SSC: Das Student Service Center der Universität am künftigen Teilcampus Nord an der Sandstraße entsteht auf dem Grundstück des früheren Möbelhauses Wonnemann. Bis Ende 2023 soll das 16,5 Millionen Euro teure Projekt als erstes Teilstück des Hochschulareals entlang der Friedrichstraße abgeschlossen sein.

Herrengarten: Der 4800 Quadratmeter große Bürgerpark als grüne, multifunktionale Freifläche soll ebenfalls voraussichtlich Ende 2023 fertiggestellt sein. Wie berichtet ist der Abriss des 70er-Jahre-Gebäudekomplexes am Siegufer abgeschlossen, für die Landschaftsbaumaßnahmen läuft aktuell das Ausschreibungs- und Vergabeverfahren. Die Gesamtkosten von mehr als 3,6 Millionen Euro gehören noch zum Städtebauprogramm „Siegen – Zu Neuen Ufern“ und werden zum Großteil bezuschusst.

Die Dauerbaustellen: Rund ums Obere Schloss in Siegen und die Rundturnhalle

Oberes Schloss: Ebenfalls ein „Relikt“ ist die Sanierung der rund 1,7 Kilometer langen historischen Stadt- und Schlossmauer, die derzeit im fünften von acht Bauabschnitten steckt: Aus dem Städtebauprogramm „Rund um den Siegberg“. 2018 begonnen, macht sie mit 10 bis 11 Millionen Euro fast die Hälfte der 23 Millionen Euro schweren Gesamtförderung aus. Pro Jahr ein Bauabschnitt – Fertigstellung nach aktueller Planung also voraussichtlich 2025. Schneller fertig dürfte die dazugehörige Instandsetzung der Wege im Park des Oberen Schlosses sein: Bis Sommer soll das über die Bühne gegangen sein.

Auch oben auf dem Siegener Siegberg wird gearbeitet: Schlossmauer und Wege im Schlosspark werden instand gesetzt.
Auch oben auf dem Siegener Siegberg wird gearbeitet: Schlossmauer und Wege im Schlosspark werden instand gesetzt. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Die Rundturnhalle auf der Niederschelder Morgenröthe ist auch so ein Projekt mit durchaus etwas längerer Laufzeit – dafür aber so gut wie fertiggestellt. Nicht das einzige Projekt, das sich mehrfach verzögerte, nach einigen wenigen Restarbeiten soll die sanierte Halle aber noch im Frühjahr wieder für den Vereins- und Schulsport zur Verfügung stehen. Die 2016 beschlossene Sanierung der 1972 für das Gymnasium errichteten Rundturnhalle sollte ursprünglich bis Ende 2020 bewerkstelligt werden, die Kosten erhöhten sich im Lauf der Zeit von 4,5 auf nun 6 Millionen Euro, davon 4 Millionen als Fördermittel.

Bei den Schulen im Siegener Norden kommt noch einiges auf die Stadt zu

Die Jung-Stilling-Grundschule am Stockweg in Weidenau bekommt einen ungewöhnlichen Anbau: 1000 Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche in einem Holzbauweise-Komplex kosten die Stadt rund 6,1 Millionen Euro – auch hier eine deutliche Verteuerung, ursprünglich waren 4 Millionen veranschlagt. Das Fundament ist fertig, die Rohbauarbeiten schreiten voran. Im Frühjahr 2023 soll alles fertig sein.

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++

Die Albert-Schweitzer-Grundschule im Geisweider Wenscht braucht ein Provisorium, das voraussichtlich viele Jahre halten muss. Denn alle drei Geisweider Grundschulen haben angesichts hoher Schülerzahlen ein Platzproblem, das sich voraussichtlich am effizientesten mit einer längerfristigen Container-Lösung beheben lässt. Die sollen gekauft und am Amselweg errichtet werden und einige Jahre bestehen bleiben. Später könnte auch der frühere Standort der Grundschule, weiter oben auf dem Berg am Rüsterweg, wieder ins Spiel kommen – zunächst wird die bereits 2015 als Flüchtlingsunterkunft hergerichtete, dann aber nicht genutzte alte Schule benötigt, um Geflüchtete aus der Ukraine unterzubringen.