Sundern-Allendorf. 60 bis 80 Stunden arbeitet er in der Woche: Warum Bernd Schulte-Hobein als Pferdewirt trotzdem kaum über die Runden kommt.

Der Reiterhof der Schulte-Hobeins liegt in Alleinlage am Rand von Sundern-Allendorf, an einem schmalen Feldweg. Umringt ist er von Weiden und Feldern, von Wald – und großen Herausforderungen. „Die Zukunft der Pferdewirtschaft ist ungewiss“, sagt Bernd Schulte-Hobein. Vor 15 Jahren hat er den elterlichen Betrieb übernommen - ob er es seinem Sohn einmal raten soll, den Betrieb zu übernehmen, weiß er nicht.

Landwirtschaft ist ein schwieriges Metier, so Bernd Schulte-Hobein, Landwirtschaft sei immer auch sehr abhängig von Subventionen. Pferdewirtschaft, sagt er, werde kaum subventioniert. „Dafür, dass ich meine Mutterkühe auf Stroh halte, bekomme ich Zuschüsse. Beim Pferd wird das vorausgesetzt“, erklärt er - und das, obwohl es noch immer keine Mindeststandards für die Haltung von Pferden gibt. Nur ein Beispiel.

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„Mir ist es wichtig, dass die Pferde es hier gut haben“, sagt Bernd Schulte-Hobein. Er ist gelernter Landwirt und Greenkeeper sowie studierter Agraringenieur. Jeden Tag kümmert er sich um die Versorgung der Pferde und der Anlagen. Neben den Pferden hält er Kühe, er betreibt einen kleinen Holzhandel und hat eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, die bares Geld bringt, weil er den Strom einspeist. Um über die Runden zu kommen, hat er trotzdem noch einen Minijob in einem Schweinemastbetrieb.

Pferdewirtschaft wird nicht subventioniert

In der Landwirtschaft sei man ein Stück weit abhängig von den Subventionen des Staats, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Zudem könnten Mast- oder Milchbetriebe die gestiegenen Kosten viel eher auf das Produkt umlegen. „Ich gönne denen faire Preise von ganzem Herzen“, sagt Bernd Schulte-Hobein.

Der mittlerweile feststehende Wegfall der Agrardiesel-Subventionen treffe ihn nur wenig - aber die Bürokratisierung mache auch ihm zeitweise das Leben schwer. „Ich hab mich mittlerweile damit abgefunden und weiß, wie ich damit umgehen muss“, sagt er. „Die Zeit bezahlt mir aber keiner.“ Manche Auflagen, die den Landwirten auferlegt werden, versteht er sogar. Warum er aber zum Beispiel für seinen Radlader, der nur auf Privatgelände zum Misten eingesetzt werde, Kfz-Steuern bezahlen müsse, die ja eigentlich für die Instandhaltung der öffentlichen Straßen eingesetzt werden sollten, verstehe er nicht. „Ich subventioniere damit doch quasi den Staat.“

Sundern-Allendorf ist sehr ländlich geprägt. Auf der rechten Seite sieht man bereits die Weiden und einen Teil der Anlage des Hofs Schulte-Hobein.
Sundern-Allendorf ist sehr ländlich geprägt. Auf der rechten Seite sieht man bereits die Weiden und einen Teil der Anlage des Hofs Schulte-Hobein. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Harte Jahre seit 2019: Hitze, Dürre, Corona, Krieg

Die Pferdewirtschaft hat vier harte Jahre hinter sich - wenn man das Hitzejahr 2019 mit einbezieht, sogar fünf. Die strengen Corona-Regeln in Reitbetrieben, die genau regelten, wie viele Menschen gleichzeitig am Stall sein durften und wie lange Pferdebesitzer mit ihren Tieren Zeit verbringen durften, setzten der Pferdewirtschaft zu. Und dann folgte der Ukrainekrieg: Preisexplosionen bei Kraftstoffen, bei Dünger, bei einfachen Dingen wie den Folien für die Rundballen. „Die Kosten konnte ich nicht einfach auf meine Einsteller umwälzen“, erklärt er. Mittlerweile hat er die Einstellkosten ein bisschen erhöht; aber eben nicht so weit, wie er es hätte machen können und müssen.

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Der Preis werde nicht nur von seinen Ausgaben, sondern auch vom Markt bestimmt - also den anderen Pferde-Einstellplätzen im Umkreis von etwa 30 Kilometern, so Bernd Schulte-Hobein. Der sei im Hochsauerland relativ überschaubar - und im Vergleich zu Ballungsgebieten seien auch die Preise moderat - nichts, mit dem man großes Geld verdienen könne. „Pferdewirtschaft macht man nicht, um Geld zu verdienen“, sagt er - Landwirtschaft generell nicht. Ein Stellplatz kostet im Monat 300 Euro pro Pferd - bis zu 100 Euro mehr müsste er nehmen, um wirklich Gewinn zu machen, sagt er - aber dann würde er Einsteller verlieren und so trotzdem Geld verlieren.

Engagement im Landwirtschaftsverband: Wird der gehört?

Neben seinem Betrieb setzt sich Bernd Schulte-Hobein ehrenamtlich beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV) ein. „Jeder Bauer hat andere Probleme und wichtige Punkte, in denen er vertreten werden will“, sagt er. Nur der Agrardiesel, der sie alle mehr oder weniger betroffen hatte, der hatte sie in Schulte-Hobeins Augen „stark und einig“ gemacht - sichtbar wurde das in den vielen Protestaktionen im Januar. Insgesamt aber würden durch die breite Aufstellung des Verbands immer wieder auch wichtige Punkte verloren gehen.

Über die Bauernproteste

Im Dezember 2023 wurde bekannt, dass im Haushalt 2024 fast eine Millarde Euro durch Kürzungen an Subventionen für die Landwirtschaft gespart werden sollen: Die Subvention des Agrardiesels, der vergünstigt wurde, weil Landwirte mit ihren Maschinen nur wenig auf öffentlichen Straßen unterwegs sind, und das grüne Kennzeichen, also die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge und Anhänger, sollten entfallen.

Das sorgte seit Dezember für große Proteste: Zum ersten Mal am 18. Dezember in Berlin, dann nochmal am 8. Januar an verschiedensten Stellen Deutschlands - unter anderem auf dem Flugplatz in Meschede-Schüren. Tausende Landwirte gingen gemeinsam auf die Straße und demonstrierten gegen Bürokratisierung, gegen die Abschaffung von Subventionen und für mehr Diskurs.

Mittlerweile ist klar: Das grüne Kennzeichen bleibt bestehen; aber die Agrardiesel-Subventionierung fällt bis nach und nach 2026 weg. Laut WLV liegen die Mehrkosten dadurch bei mehreren Tausend Euro pro Landwirt.

„Die Politik zeigt uns Landwirten gegenüber keinerlei Wertschätzung“, sagt Bernd Schulte-Hobein ganz deutlich. Das sehe man am Wolf, der sich ungestört ausbreiten könne, während er die Weidehaltung in der Landwirtschaft - auf der ja auch sein Prinzip der Pferde- und Mutterkuhhaltung basiert - stark bedroht. Das sehe man an den fehlenden Subventionen, dem fehlenden Verständnis, der Art, wie die deutsche Landwirtschaft im internationalen Wettbewerb geschwächt werde durch Regelungen und Gesetze. „Mir geht es nicht darum, um meine Arbeitszeit zu kämpfen. Ich arbeite 60 bis 80 Stunden in der Woche, gar kein Problem. Landwirtschaft ist so eine Freude, wenn man das machen will, dann aus Überzeugung“, sagt Bernd Schulte-Hobein. „Aber was für ein Signal setzen wir unserer Jugend?“

Mir geht es nicht darum, um meine Arbeitszeit zu kämpfen. Ich arbeite 60 bis 80 Stunden in der Woche, gar kein Problem. Landwirtschaft ist so eine Freude, wenn man das machen will, dann aus Überzeugung. Aber was für ein Signal setzen wir unserer Jugend?
Bernd Schulte-Hobein - Pferde- und Landwirt aus Sundern-Allendorf

Bernd Schulte-Hobeins ältester Sohn ist jetzt 15 Jahre alt, hilft schon neben der Schule im Betrieb mit. „Er soll erstmal eine richtige Ausbildung absolvieren, er macht erstmal eine Lehre zum Anlagenmechaniker“, erzählt der Vater. „Dann kann er immer noch überlegen, ob er den Hof irgendwann übernehmen will.“ Nach Ansicht von Bernd Schulte-Hobein hat die Pferdewirtschaft keine Zukunft, wenn sie von der Politik weiter so wenig Wertschätzung bekomme.