Sögtrop. Für den Schmallenberger Thomas Wiese geht es ums Ganze. Darum setzt sich der Sögtroper Bauer für eine Landwirtschaft mit Zukunft ein.
Den Hof in Schmallenberg-Sögtrop, auf dem Land- und Forstwirt Thomas Wiese lebt und arbeitet, gibt es schon seit dem 17. Jahrhundert - 1652 wurde er erstmals urkundlich erwähnt. Seitdem wird hier Landwirtschaft betrieben. Auf seinem Hof hält er 40 bis 50 Mutterkühe mit ihren Kälbern sowie zwei Zuchtbullen. Die Kälber dürfen bei der Mutterkuhhaltung bei den Müttern in der Herde groß werden, bevor sie nach acht bis neun Monaten in die Mast gehen.
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Herden auf den Weiden
Die meiste Zeit des Jahres verbringen die Mutterkühe in Herden auf der Weide, nur im Winter kommen sie in den Stall. Der ist hell, mit Stroh eingestreut, und zu fressen gibt es immer genug Heu und Heulage. „Eigentlich sind sie nur von circa Ende November bis März drin“, sagt Thomas Wiese. „Mehr Tierwohl geht eigentlich nicht.“
Die Mutterkuhgruppen von Thomas Wiese weiden auf insgesamt 65 Hektar Grünland rund um die Schmallenberger Dörfer Sögtrop und Kirchrarbach. „Das sind Hangflächen, die können anders in keiner Form landwirtschaftlich genutzt werden“, erklärt der Mutterkuhhalter. Deswegen seien die Mutterkühe auch so wichtig für den Erhalt der Naturlandschaft: Sie prägen nicht nur die Aussichten im Sauerland, sondern pflegen auch Flächen, die sonst keinerlei Nutzen haben. Das macht die Region insgesamt attraktiver. „Das Problem ist, dass von der Bevölkerung die Wichtigkeit der Mutterkuhhaltung nicht wahrgenommen wird.“
Vereinsgründung für mehr Öffentlichkeitsarbeit
Thomas Wiese ist schon seit Jahren ehrenamtlich sehr aktiv, um die Probleme der Landwirtschaft an die Politik heranzutragen. 2018 war er einer der Gründungsmitglieder des Arbeitskreises Mutterkuh im Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV) - daraus entstanden ist der Verein „Mutterkuh NRW“, der seit seiner Gründung vor etwa anderthalb Jahren schon über 250 Mitglieder erlangen konnte. Dazu ist Wiese seit Kurzem WLV-Stadtverbandsvorsitzender. „So, wie es aktuell um die Landwirtschaft bestellt ist, kann es einfach nicht weitergehen. Dafür müssen wir uns einsetzen.“
Gesetze aus Misstrauen gegen die Landwirtschaft
Die meisten Problemfelder in der Landwirtschaft gibt es nicht erst seit gestern, auch das weiß er. Laut seiner Aussage hat sich die Anzahl der Höfe in den letzten 15 Jahren halbiert - und das liege an steigenden bürokratischen Hürden und gesetzlichen Vorgaben, die das Leben und Arbeiten der Landwirte zunehmend erschweren. „Die Gesetze, die uns übergestülpt werden, sind alle aus Misstrauen gegenüber den Landwirten entstanden“, sagt Wiese. „Wir sind alle top ausgebildet, müssen aber die Flut an Gesetzen und Inkompetenz ertragen.“ Deswegen verlieren immer mehr Landwirte die Lust.
Töchter als Nachfolgerinnen? Das wäre grob fahrlässig
„Früher habe ich mir gewünscht, dass eine meiner Töchter den Betrieb übernimmt. Ich hab gesagt, ich mach‘ so lang weiter, bis es so weit ist“, erzählt der Landwirt - die Mädchen sind 14 und 16 Jahre alt. „Aber heute? Wie soll ich denn in so einer Situation eine Nachfolge für meinen Hof finden? Das wäre grob fahrlässig.“ Neben der Mutterkuhhaltung bewirtschaftet er noch seine Forstflächen und betreibt einen Handel mit Brennholz. Er sagt: Damit er ihnen ohne schlechtes Gewissen den Hof überlassen würde, müssten die Rahmenbedingungen für die bäuerlichen Betriebe vereinfacht werden und das Baurecht, Ordnungsrecht und Emmissionsrecht überarbeitet werden.
Auch die neue Düngeverordnung, die 2025 in Kraft treten soll, bereitet ihm große Sorgen. „Wir haben viel größere Probleme als den Agrardiesel“, sagt Wiese. „Aber immerhin konnten wir mit den Protesten das grüne Kennzeichen erhalten. Die Besteuerung von Anhängern wäre das garantierte Aus für ganz viele kleine Betriebe geworden.“
Thema Wolf: Ist das Raubtier das Ende der Weidetierhaltung?
Und dann ist da noch das Thema Wolf, das Thomas Wiese beschäftigt. „Der darf sich ungehindert ausbreiten und darf nicht abgeschossen werden, obwohl er schon längst zahlenmäßig wieder als etabliert gilt.“ Das Problem: Weidetiere, also auch Mutterkühe, können vorm Wolf nicht geschützt werden.
„Der Nabu setzt sich auch weiter für die unbegrenzte Ausbreitung ein. Ich frage mich, was das mit Tierschutz zu tun hat, wenn die Weidetiere aufgerissen werden und sich in purer Panik schwerstverletzt teilweise stundenlang durch die Gegend schleppen?“ Für Wiese gibt es eine einfache Lösung: „In wenig besiedelten Gebieten darf sich der Wolf gern breit machen. Aber jeder Wolf, der ein Nutztier reißt oder sonst irgendwie problematisch auffällt, muss entnommen werden.“
Weidetierhaltung dem Untergang geweiht
Wenn das nicht bald passiert, ist die Weidetierhaltung dem Untergang geweiht. „Und dann will ich mal sehen, ob die Politiker hier unsere Hang- und Trogtalflächen pflegen“, sagt Wiese. Deswegen will er sich weiter ehrenamtlich einsetzen, die parteiübergreifenden Kontakte in die Landes- und Bundesregierung pflegen, um etwas zu erreichen - damit es nicht in den nächsten Jahren so weiter geht. „Ich frage mich ja wirklich: Ist unser Berufsverband in der Vergangenheit nicht gehört worden oder hat er das, was beschlossen wurde, einfach ohne Widerstand hingenommen?“