Lüdenscheid/Berlin. Ist der Bürgerbeauftragte des A-45-Brückenneubaus zu teuer? Das wirft die CDU Lüdenscheids Bürgermeister Wagemeyer vor. Der kontert.
Der Bundesrechnungshof soll die Ausgaben des Brückenbauerbüros in Lüdenscheid unter die Lupe nehmen. Das fordern der CDU-Bundestagsabgeordnet Florian Müller und weitere CDU-Politiker aus der Region. Aus ihrer Sicht sind die Kosten des Büros zu hoch, zudem fehle die Kontrolle. Der Bürgerbeauftragte Sebastian Wagemeyer weist die Vorwürfe als haltlos zurück.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte den Lüdenscheider Bürgermeister kurz nach der Sperrung der Sauerlandlinie zum Bürgerbeauftragten ernannt. Er ist seitdem zentraler Ansprechpartner rund um den Neubau der Rahmedetalbrücke - mit Büro, extra Personal und einem direkten Zugang zum Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Weitreichende Kompetenzen hat Wagemeyer (SPD) allerdings nicht.
1,13 Millionen Euro Ausgaben in zwei Jahren
1,13 Millionen Euro hat der Bürgerbeauftragte in den ersten beiden Jahren gekostet. Das geht aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage von Florian Müller hervor. Genau gesagt: 531.206,59 Euro zahlte das Ministerium der Stadt Lüdenscheid im Jahr 2022, 599.881,27 Euro im Jahr darauf.
Die Höhe der Kosten verwundere ihn, sagte Florian Müller der WESTFALENPOST. Er wirft dem Verkehrsministerium eine falsche Prioritätensetzung vor. Minister Wissing sei bei Finanzierungswünschen der Anwohner und der betroffenen Kommunen sehr strikt gewesen, für das Büro werde dagegen sehr viel Geld ausgegeben. „Wenn man bedenkt, dass sich viele Menschen abseits der offiziellen Umleitungsstrecken Unterstützung beim passiven Lärmschutz gewünscht haben, kann ich mir bei so hohen Beträgen einen viel sinnvolleren Einsatz des Geldes vorstellen“, so Müller weiter. Was ihn ebenfalls wurmt: Eine Kontrolle der Aktivitäten des Bürgerbeauftragten finde offenbar nicht statt. „Im Rahmen seiner Tätigkeit handelt der Bürgerbeauftragte selbstständig und eigenverantwortlich“, antworte Oliver Luksic (FDP), Staatssekretär im Ministerium, auf eine andere Müller-Anfrage.
Die CDU ist auch deswegen sauer, weil das Brückenbauerbüro jüngst aus ihrer Sicht „ein Imagevideo für Herrn Wagemeyer“ produziert und eine Umfrage gegen Marco Voge (CDU), Landrat des Märkischen Kreises, initiiert habe. Darin sei es um die Entscheidung des Landrates gegangen, in Kierspe zunächst kein Lkw-Durchfahrtsverbot zu verhängen. „Ist das noch Brückenkommunikation oder schon Kommunalwahlkampf?“, fragt Ralf Schwarzkopf, Vorsitzender der CDU in Lüdenscheid und Landtagsabgeordneter, in einer Pressemitteilung. In dieser äußert sich auch Karsten Meininghaus, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion: „Es ist mehr als ungewöhnlich, dass ein Bürgermeister in einer anderen Kommune eine Unterschriftenkampagne gegen den Landrat anzettelt. Dass die Ampel aus Berlin das aber auch noch bezahlt, macht mich fassungslos.“
Wagemeyer: Kosten werden nach schriftlichem Nachweis erstattet
Florian Müller sieht das Ausgabeverhalten des Ministeriums insgesamt kritisch. „Auf der einen Seite will Wissing der Autobahn GmbH angeblich 20 Prozent des Budgets kürzen, auf der anderen Seite erleben wir solche unkontrollierten Ausgaben. Wir werden den Bundesrechnungshof bitten, das Brückenbauerbüro unter die Lupe zu nehmen.“ Das Brückenbauerbüro habe zwar bei der Antragstellung für individuelle Lärmschutzmaßnahmen „gute Arbeit“ geleistet, zuletzt sei es jedoch nicht mehr groß aufgefallen. „Das Geld sollte besser dafür eingesetzt werden, direkt den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zu helfen“, sagte Müller.
Sebastian Wagemeyer weist die Vorwürfe scharf zurück. „Der Auftrag und die Aufgaben des Brückenbauer-Bürgerbeauftragten und des Brückenbauer-Bürgerbüros sind inhaltlich klar definiert und geregelt – und zwar in Form einer Vereinbarung zwischen der Autobahn GmbH des Bundes, vertreten durch die Niederlassung Westfalen, und der Stadt Lüdenscheid. Die ehrenamtliche Arbeit des Bürgerbeauftragten und sämtliche Aktivitäten des Büros erfolgen auf Grundlage dieser Vereinbarung“, sagte er der WESTFALENPOST. „Die Autobahn GmbH erstattet der Stadt Lüdenscheid die Kosten, die für die Arbeit des Brückenbauer-Büros anfallen, nach schriftlichem Nachweis, der regelmäßig erfolgen muss. Mit anderen Worten: Die Ausgaben des Büros unterliegen jederzeit einer Kontrolle. Der Bundesrechnungshof darf also sehr gern jederzeit die Ausgaben des Büros und die Zahlungen unter der Lupe nehmen.“
„Verlässlicher Ansprechpartner“
Wagemeyer betonte, dass die Arbeit des Büros wichtig und sinnvoll sei, „um die schwierige Situation in Lüdenscheid und der Region zu meistern, die die Vollsperrung der A45 verursacht hat und weiterhin verursacht“. So sei das Büro ein fester, verlässlicher Ansprechpartner in allen Fragen rund um die Sperrung, Sprengung und den Neubau der Talbrücke Rahmede. In der Frühphase der Vollsperrung habe man vor allem die unmittelbaren Anlieger der A45-Umleitung bei der Beantragung des Einbaus von Lärmschutzmaßnahmen und der Kostenübernahme beraten und unterstützt. Dafür musste extra ein Bundesgesetz geändert werden. „Ohne die Arbeit des Brückenbauer-Büros und meine Rolle als Bürgerbeauftragter wären die Sorgen und Nöte der direkten Anlieger womöglich nicht ausreichend wahrgenommen worden und die Gesetzesänderung vielleicht ausgeblieben. Letztendlich hat der Bund die Kosten für die Lärmschutzmaßnahmen übernommen“, sagte Wagemeyer. Zudem unterstütze das Büro Bürgerinnen und Bürger, die die Ausnahmesituation der Sperrung nutzen möchten, „um die Zukunft ihrer Region aktiv zu gestalten – und zwar Hand in Hand mit den zuständigen Stellen in der Verwaltung“.