Mülheim. Seit 1973 gibt’s bei Optik Breuer Sehhilfen für Mülheimer. Chef Klaus Reike hat Spannendes erlebt. Wie er die Entwicklung im Wallviertel sieht.

Die Reklame, die Harald Breuer einst an potenzielle Kunden versandte, um auf sein neues Geschäft aufmerksam zu machen, endete mit einem hoffnungsfrohen Satz: „Mit ganzem Einsatz werde ich mich bemühen, Sie als Stammkunden zu gewinnen.“ Das Unterfangen ist geglückt. Seit 50 Jahren ist Optik Breuer an der Wallstraße eine feste Größe – mit durchaus illustren Käufern.

Helge Schneider etwa hat sich mehrfach bei Breuer eingedeckt. Auch eine schräge Brille, die Mülheims Jux-Ikone im Film „00 Schneider – Jagd auf Nihil Baxter“ trägt, hat er dort erworben. 1986 entstand im Laden sogar ein Film mit ihm: Klaus Reike, der das Geschäft damals gerade von dem verstorbenen Harald Breuer übernommen hatte, muss noch heute breit grinsen, wenn er an die Aufnahmen zu „Johnny Flash“ denkt: „Wir hatten richtig Spaß, haben uns kaputtgelacht, weil die so herrlich bekloppt waren.“ Reike hat alle, die später so bekannt wurden, live erlebt: Mülheims Experimental-Filmer Werner Nekes führte Regie bei der Schlagerfilmparodie. Und der noch junge Christoph Schlingensief war als Aufnahmeleiter beteiligt.

Mülheimer Filmcrew um Werner Nekes drehte „Johnny Flash“ bei Optik Breuer

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Hängengeblieben sind Reike „ein Haufen dummer Sprüche und Blödeleien mit einer fluoreszierender Flüssigkeit, die eigentlich für Kontaktlinsen gedacht ist“. Ihre herrlich grün-gelben Effekte im Auge faszinierten die Crew. Reike erinnert sich auch gern an den Schauspieler Andreas Kunze, der einen Optiker darstellte, „mit dem damals noch üblichen weißen Kittel, unter dem eine ganz schöne Wampe steckte. . .“

Helge Schneider, Andreas Kunze und Werner Nekes (v.r.) Anfang 1988 bei der Premiere des Filmes „Johnny Flash“, der zum Teil bei Optik Breuer in Mülheim entstand.
Helge Schneider, Andreas Kunze und Werner Nekes (v.r.) Anfang 1988 bei der Premiere des Filmes „Johnny Flash“, der zum Teil bei Optik Breuer in Mülheim entstand. © Walter Schernstein

Seit 7. Juni 1973 verkauft Optik Breuer an der Wallstraße Brillen und Kontaktlinsen, kontrolliert Augen auf vielfältige Weise. Anfangs war das Geschäft zwei Schaufenster weiter links, irgendwann aber reichten die 70 Quadratmeter dort nicht mehr. Man zog exakt acht Meter um, in ein Ladenlokal mit 110 Quadratmetern. Dort arbeiten Klaus Reike und sein Team, zu dem zwischenzeitlich auch Tochter Merit gehört, nun seit 20 Jahren.

Seit Sommer 2022 führt Tochter Merit Reike das Mülheimer Geschäft

Vor einem Jahr hat die 31-Jährige den Betrieb mit fünf Angestellten offiziell übernommen, der Vater steht ihr aber noch zur Seite. Lange Jahre behagte ihm die Vorstellung nicht, dass sein Kind es ihm nachtun wollte. Vor allem die Arbeitszeiten im Einzelhandel sind doch schwierig, dachte er. Heute aber ist er froh über ihre Beharrlichkeit. Und seine Nachfolgerin sagt ganz klar: „Ich habe mit den vielen Stunden kein Problem, ich bin damit ja groß geworden.“

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Merit Reike ist Augenoptikermeisterin und Optometristin, hat auf der gleichen Meisterschule gelernt wie vor 40 Jahren schon ihr Vater. Damals gab es deutschlandweit gerade drei dieser Schulen für Optiker – in Köln, Berlin und in München. Klaus Reike entschied sich für die bayrische Hauptstadt; noch heute trifft er sich mit Weggefährten von damals. Auch wenn die allermeisten längst jenseits der 65 sind, stehen einige von ihnen noch immer hinter der Ladentheke. „Die Arbeit macht einfach Spaß.“

Vom ersten Tag an waren die Absolventen der Optiker-Meisterschule begehrt

Vom ersten Tag an waren die Münchener Absolventen begehrt. 1977, als junger Meister, inserierte Reike in der Fachzeitschrift „Der Augenoptiker“ und bekam auf einen Schlag 80 Zuschriften. „Da war aber nichts dabei, was mich reizte. Ich wollte zurück ins Ruhrgebiet, in die alte Heimat“, so der gebürtige Essener. Da kam die Info, dass ein Mülheimer Geschäft Personal suchte, gerade recht. Nur Tage nach dem Bewerbungsgespräch bei Harald Breuer ging’s los an der Wallstraße. Mit einem der Kollegen arbeitet Reike seit jenen Tagen zusammen: Auch Udo Möllhoff (66) ist vielen Mülheimern seither ein vertrautes Gesicht.

Das Geschäft von Optik Breuer im Jahre 2023.
Das Geschäft von Optik Breuer im Jahre 2023. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Spezialisiert hat sich Reike – der noch heute oft als „Herr Breuer“ angesprochen wird – auf Kontaktlinsen, ihm gefällt „das Filigrane“ an seiner Arbeit „und die Technik“. Die Kunden, so sagt er, kommen aus ganz Deutschland, „eine Frau sogar aus den USA“. Keine Person, die den Laden ansteuert, ist gleich: „Das macht es so spannend“, findet auch Merit Reike.

Reike: „Der Zusammenhalt der Geschäftsleute rund um die Wallstraße wächst wieder“

Dass sich die Wallstraße in den 50 Jahren stark verändert hat, von den vielen Fachgeschäften rundum kaum noch welche übrig sind, bedauert ihr Vater. „Doch wir hatten nie Ambitionen, hier wegzuziehen.“ Früher aber gab es deutlich mehr Laufkundschaft, vor allem, als der Markt noch vor dem Rathaus stattfand. Reike hält die immer wieder diskutierte Entscheidung, dort vor allem auf einen Parkplatz zu setzen, für grundfalsch – „man könnte aus dem Platz so viel mehr machen“.

Das Geschäft von Optik Breuer im Jahre 1973.
Das Geschäft von Optik Breuer im Jahre 1973. © FUNKE Foto Services | Repro: Oliver Müller

Doch insgesamt, so sagt der 73-Jährige, ist die Entwicklung in der City nicht nur schlecht. „Der Zusammenhalt im Wallviertel ist gut. Wir haben wieder deutlich mehr Kontakt miteinander, tauschen uns aus.“ Und so schneit vielleicht auch der ein oder andere Nachbar am 9. oder 10. Juni bei Optik Breuer rein, wenn Reike und Co. mit den Kunden aufs Jubiläum anstoßen und ihnen als besondere Aktion die komplette Kollektion der aktuell angesagten Brillenmarke „Theo“ präsentieren wollen.