Mülheim. . Interview mit der Regisseurin: Im Gespräch mit Alexander Klugewird das vielfältige Werk des verstorbenen Experimentalfilmers beleuchtet.

Werner Nekes (1944 bis 22. Januar 2017) zählt zu den Mülheimer Persönlichkeiten, die europaweit, ja sogar weltweit Geschichte schrieben. Er war führender Experimentalfilmer, exzessiver Sammler von Objekten zur optischen Wahrnehmung und gefragter Wissenschaftler. Bei einer Ausstellung 2005 im Altonaer Museum, wo ein großer Teil seiner Sammlung gezeigt wurde, lernte die Hamburger Regisseurin Ulrike Pfeiffer ihn kennen.

Weggefährten wie Helge Schneider kommen zu Wort

Daraus entstand der Dokumentarfilm „Das Leben zwischen den Bildern“, der am Samstag und Sonntag, 11. und 12. November, jeweils um 15.15 Uhr, auch im Rio im Medienhaus läuft. Roter Faden sind Gespräche mit Alexander Kluge. Weggefährten wie Helge Schneider kommen darin auch zu Wort.

Nekes war genial, in dem, was er gemacht hat. Im persönlichen Umgang galt er als eher schwierig.

Pfeiffer: Ja, schwierig war er auch. Aber ich hatte im Rahmen der Ausstellung in Hamburg einen guten Einstieg, fand es sehr spannend, was er so machte – diese Kombination aus dem Rückblick in die Vorgeschichte des Kinos und der avantgardistische Film. Für die Zeitschrift „Kameramann“ habe ich 2005 ein Interview mit ihm gemacht. Bei dieser Gelegenheit habe ich ihn in Mülheim besucht und die Sammlung vor Ort gesehen. Dort ist ja nur ein kleiner Teil von rund 40 000 Objekten zu sehen.

Was soll mit der Sammlung nach seinem Tod passieren?

Seine spätere Ehefrau Ursula Richert-Nekes hat die Verantwortung übernommen und führt sie weiter. Sie und Werner hatten vielleicht erst ein, zwei Jahre vor seinem Tod geheiratet. Ursula Richert-Nekes hat bereits seit Mitte der 90er Jahre an der Sammlung mitgearbeitet, hat sich um Management, Kataloge und Ausstellungen gekümmert. Sie kennt die Sammlung gut und sucht nach einem Haus, wo sie untergebracht werden kann. Werners Wille war, dass die Sammlung auf keinen Fall auseinandergerissen wird. Es soll alles zusammenbleiben, weil gerade die Zusammenhänge, die anhand der Objekte hergestellt werden können, sehr interessant sind. Ich finde es eine Schande, dass diese Sammlung bisher keinen Ort gefunden hat. Es gab Angebote aus Amerika, sie zu kaufen, aber Werner meinte, das muss alles zusammen und in Deutschland bleiben.

Es gab einst Pläne, die Camera Obscura zu seinem Museum zu machen. Ausgerechnet in seiner Heimatstadt scheiterte die Idee, weil sich Stadt und Sammler nicht einigen konnten. Ein anderer Sammler erhielt den Zuschlag.

Ja, darüber war Werner Nekes ein bisschen verbittert. Auch darüber, dass er in Mülheim nicht die Anerkennung fand, die ihm gebührte. Er wollte immer etwas Großes, hat sich nie mit Kleinigkeiten begnügt. Und er hat alles, was er verdient hat – an Film- und durch seine Professorentätigkeit – immer wieder in die Sammlung gesteckt. Für ihn war das die Hauptsache.

Professor an verschiedenen Kunsthochschulen

Nekes war in den 70er Jahren jüngster Professor an der Hamburger Kunsthochschule, beeinflusste die innovative Filmszene. Sein Werk umfasst rund 100 Filme und er erhielt Auszeichnungen.

Ja, er war außerdem an der Kunsthochschule für Medien in Köln, Professor an der Kunsthochschule Offenbach und an der Uni Wuppertal. Werner Nekes war auch Mitbegründer des Filmbüros NRW. Er erhielt u.a. das Filmband in Silber, den Preis der deutschen Filmkritik und den Helen Hill Award.

Wo verorten Sie Werner Nekes – eher als Künstler, Filmemacher, Sammler oder Wissenschaftler?

Das eine ergibt sich aus dem anderen. Er hat mit dem Blick eines filme­machenden Künstlers gesammelt. Er hatte auch immer einen praktischen Bezug, schöpfte viele Ideen seiner Filme aus der Sammlung. Natürlich wurde er dadurch auch zum Wissenschaftler. Aber ursprünglich kam er ja von der Malerei. In Oberhausen lernte er in den 60er Jahren die Künstlerin Eva Hesse kennen, die sehr, sehr wichtig für ihn war. Sie hat ihn dazu gebracht, seine Ideen der Malerei in den Film zu übertragen, die Leinwand als malerische Fläche zu begreifen. Denn es war für ihn wichtig, ein Filmkünstler zu werden.

Die Ex-Frau bleibt still

Werner Nekes war schon in den Anfängen mit Helge Schneider befreundet, der in seinem Film Johnny Flash die Hauptrolle spielte. Jahrzehnte später zog Helge Schneider ins Nachbarhaus am Kassenberg. Wie war ihr Verhältnis?

Es war gut. Ab und zu haben sie sich getroffen. Helge hat seine Sammlungen angeguckt, immer wenn Werner etwas Neues hatte.

Im Zusammenhang mit Nekes ist das Werk seiner Exfrau, der Filmemacherin und Künstlerin Dore O., nicht wegzudenken. Kommt sie auch vor im Film?

Ja, sie kommt natürlich darin vor, aber sie bleibt still. Sie hat gezögert, dann ja gesagt unter der Bedingung, nichts über die Zusammenarbeit mit Werner zu erzählen. Das habe ich verstanden. Dore O. hat ein eigenständiges künstlerisches Werk geschaffen und möchte auch so wahrgenommen werden.

<<< HERZ FÜR JUNGE TALENTE

Seit er 1967 die Hamburger Film Coop mitbegründete, galt Werner Nekes als einer der bedeutendsten Experimentalfilmer. In der Dokumentation schickt Regisseurin Ulrike Pfeiffer anhand von Gesprächen mit Weggefährten die Zuschauer in die Weiten seiner Wunderkammern und filmischen Werke. Nekes förderte junge Talente wie den verstorbenen Christoph Schlingensief, der mehre Jahre sein Assistent war. Oder Helge Schneider, der über ihn sagt: „Teils waren Werners Experimente so richtig kindisch – und das ist ja das Schöne daran, weil daraus Sachen entstehen, die man sich als Erwachsener eigentlich gar nicht ausdenken kann. Es ist viel zu kompliziert, das können nur Kinder. Werner Nekes ist ein Kind.“ Ähnlich sah das Nekes selbst. Er vergleicht die Gestaltungsmöglichkeiten mit der Kamera mit den Handlungen eines Kindes, das sich die Welt erobert.