Mülheim. Was Mülheims OB und seine Dezernten-Riege 2022 für die Stadt erreichen wollen, haben sie im Gespräch mit der Redaktion verraten.

Mülheim 2022: Wenn die Politik ihnen folgt, werden die Spitzenbeamten des Rathauses allerlei Baustellen anpacken. Wir haben OB Marc Buchholz und seine Dezernenten gefragt, was ihre Schwerpunkt-Ziele für dieses Jahr sind.

Der OB wünscht sich, „dass sich die Stadt zukünftig weiter positiv entwickelt“. Realistisch sei etwa, „dass wir im Laufe des Jahres für das Areal rund um den Rathausmarkt und den Kiosk eine Entwicklung anstoßen“. Auch hofft Buchholz, dass die Stadt ihr Vorkaufsrecht für das AOK-Gelände ziehen kann, als fehlendes Puzzleteil für die Ruhrbania-Fortentwicklung, für die der OB im ersten Halbjahr mit der Politik einen Fahrplan abstimmen will zur Beantwortung der Frage, „was dort eigentlich wann und wie entstehen soll“, wie er zuletzt schon im Interview mit dieser Redaktion betont hatte.

Mülheims OB hofft auf weitere Arbeitsplätze in Speldorf, an der Ruhr und in Raadt

Marc Buchholz, Oberbürgermeister von Mülheim.
Marc Buchholz, Oberbürgermeister von Mülheim. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Der OB setzt auf weitere Ansiedlungen von Arbeitsplätzen auf dem ehemaligen Tengelmann-Areal. Eine solche Entwicklung will er auch für das Ruhrufer zwischen Friedrich-Wilhelms-Hütte und RWW- und Aldi-Gelände in Styrum angestoßen sehen. Für die Entwicklung von „Mülheim-West“ soll es laut Buchholz gelingen, 2022 den Auslobungstext für einen städtebaulichen Wettbewerb abzustimmen. Auch am Flughafen seien zukünftige Entwicklungen bereits teilweise sichtbar. Investitionen seien auf dem Weg, ebenso Forschungsprojekte zum innovativen Fliegen.

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Stadtdirektor Frank Steinfort, gleichsam seit fast zwei Jahren intensiv als Leiter des Corona-Krisenstabes der Stadtverwaltung in Verantwortung, blickt für sein Dezernat mit den Arbeitsschwerpunkten Recht, Sicherheit und Ordnung, Personal sowie Organisation zuvorderst auf die Bedrohungen des öffentlichen Lebens. Sie nähmen zu, stellt Steinfort fest; Katastrophen-Szenarien würden aus verschiedenen Gründen immer wahrscheinlicher. Deshalb will er für die Stadtverwaltung in diesem Jahr einen Plan erstellt sehen, „der zusammenfasst, wie auf bestimmte Bedrohungen durch die Verwaltung reagiert werden soll“.

Ein solcher Katastrophenschutzbedarfsplan betreffe zum Beispiel die Reaktion auf Stromausfälle, Cyberattacken oder Naturkatastrophen; Überschwemmungen ebenso wie Dürre oder Stürme. „Dazu gehören auch Bedrohungen für unsere Tierwelt (Schweinepest, Geflügelpest) und mögliche Terrorangriffe“, so Steinfort.

Stadtdirektor zu Corona: Noch einmal eine große Kraftanstrengung aller nötig

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Als weiteres Schwerpunktthema für 2022 nennt Steinfort die Verkehrswende hin zu weniger Autoverkehr. Den Weg dorthin wolle sein Dezernat ordnungsrechtlich und straßenverkehrsrechtlich unterstützen. Dazu gehöre auch, die Überwachung des ruhenden Verkehrs neu auszurichten. Verstärkt solle das Parken auf Geh- und Radwegen kontrolliert werden. Hierzu werde in diesem Jahr eine Fahrradstaffel des Ordnungsamtes an den Start gehen.

Mülheims Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort.
Mülheims Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Und natürlich steht für den Krisenstabsleiter die Bekämpfung der Corona-Pandemie weiter ganz oben auf der Agenda. Dies gelte es „nach besten Kräften zu organisieren. Wir können mittlerweile auf viel Erfahrung zurückblicken. Viele Abläufe sind Routine geworden. Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr einen Impfstoff bekommen, der auch wirksam gegen die neueste Variante des Coronavirus schützt“, so Steinfort. Er rechnet aber damit, dass es „noch einmal einer großen Kraftanstrengung aller Beteiligten bedarf, um diesen Impfschutz, soweit er denn gewollt ist, jedem und jeder zur Verfügung zu stellen“.

Umbau von Gesundheitsamt und Hartz-IV-Behörde große Themen für neue Dezernentin

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Neu in Verantwortung für die Themen Gesundheit, Soziales, Arbeit und Kultur in der Verwaltung ist Daniela Grobe. Auch sie blickt auf die Corona-Pandemie. Mit ihren immer neuen Virusvarianten werde diese auch in diesem Jahr insbesondere auch das Gesundheitsamt weiter herausfordern. Einen bestmöglichen Gesundheitsschutz für die Menschen in Mülheim auch unter schwierigen pandemischen Bedingungen sicherzustellen, bleibe Ziel in 2022. Es gelte zudem das Gesundheitsamt auch über die Pandemie hinaus für seine anspruchsvollen Aufgaben zu modernisieren und personell zu stärken, etwa im Stadtärztlichen und im Sozialpsychiatrischen Dienst. Im Rahmen des „Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“, auf den sich Bund und Länder geeinigt haben, werde man damit in 2022 beginnen.

Dr. Daniela Grobe, Dezernentin für Gesundheit, Soziales und Kultur in Mülheim.
Dr. Daniela Grobe, Dezernentin für Gesundheit, Soziales und Kultur in Mülheim. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Das Jobcenter zur Betreuung der Hartz-IV-Klientel neu aufzustellen, wird laut Grobe das ganze nächste Jahr andauern. „Dabei wollen wir die arbeitsmarktpolitische Planung im Bereich Qualifizierung an den zu erwartenden Personalbedarfen nach der Pandemie orientieren und den hohen Beratungsstandard auch unter den Einschränkungen der Pandemie für alle Kundinnen und Kunden aufrechterhalten“, so ihr Versprechen. Einen regelmäßigen persönlichen Kontakt wolle die Harzt-IV-Behörde zu ihren Klienten halten. „Ein besonderes Augenmerk werden wir dabei auf die Jugendlichen legen, die wir gut auf das nächste Ausbildungsjahr vorbereiten wollen“, so die neue Dezernentin.

Mehr Schülerinnen und Schüler: Mülheims Schulen müssen wachsen

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Kulturpolitisch will Grobe das kommende Jahr dazu nutzen, „die in Mülheim bereits vorhandenen Ansätze, Kunst und Kultur als Teil der sozialen und baulichen Stadtentwicklung zu verstehen und auch verwaltungsseitig zu stärken“. Dafür wolle sie mit dem Rathaus-Team neue Formen der dezernatsübergreifenden Zusammenarbeit aufbauen und gemeinsam mit den jeweiligen Akteuren der Stadtgesellschaft neue Impulse setzen. „Dabei werden wir die Innenstadt genauso in den Blick nehmen wie die Stadtteile, im nächsten Jahr besonders Styrum“, kündigt Grobe an.

David Lüngen, Dezernent für Schule, Jugend und Sport in Mülheim.
David Lüngen, Dezernent für Schule, Jugend und Sport in Mülheim. © Mike Henning

Auch David Lüngen ist neu in Mülheims Rathaus. Er verantwortet seit Herbst 2021 das Dezernat für Schule, Jugend und Sport. „Aufholen nach Corona“ – das ist laut Lüngen übergreifendes Ziel in seinen Fachbereichen auch für 2022. Dazu zähle, die Mülheimer Schulen für die nächsten Jahre weiterzuentwickeln. Zeitnah will er dafür der Politik einen entscheidungsreifen Bildungsentwicklungsplan vorlegen, der der wachsenden Zahl an Schülerinnen und Schülern gerecht werden soll. In den nächsten Jahren seien teils Erweiterungs- oder sogar Neubauten an Grund-, Förder- und weiterführenden Schulen erforderlich, so Lüngens Prognose. Auch den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule, beginnend ab dem Schuljahr 2026/27, gelte es einzuplanen.

Lüngen will Digitalisierung an Mülheims Schulen weiter vorantreiben

Ein weiteres Hauptthema sieht Lüngen darin, die Digitalisierung gemeinsam mit den Schulen weiter voranzutreiben. „Die Pandemie hat deutlich gemacht, welchen Bedarf Schulen auf dem Weg der Digitalisierung haben. Förderprogramme von EU, Bund und Land helfen bei der Beschaffung von Ausstattung und der Vernetzung in den nächsten Jahren“, sagt er. Viele Fragen, wie Digitalisierung an den Schulen gelingen könne, seien aber unbeantwortet. Ein intensiver Austausch zwischen Schulen und Stadt soll helfen, sie zu beantworten.

Drittes Schwerpunktthema für Lüngen: Er will neue Trendsport-Angebote für Mülheim schaffen. So seien zuletzt im Sportausschuss das Konzept für einen Pumptrack an der Gesamtschule Saarn (ein Rundkurs für Mountainbikes) und die Idee eines Radmotorikparks an der Hügelstraße vorgestellt worden. „Damit könnten im nächsten Jahr attraktive neue Angebote für Kinder und Jugendliche mit Fahrrad, BMX oder auch Mountainbike entstehen“, so der neue Beigeordnete.

Kämmerer will Mülheim erfolgreich aus dem Stärkungspakt führen

Mülheims Stadtkämmerer Frank Mendack.
Mülheims Stadtkämmerer Frank Mendack. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Nichts aber wird im überschuldeten Mülheim ohne Kämmerer Frank Mendack gehen. Der stellt klar: „Vorrangiges Ziel bleibt die Einhaltung der Sparvorgaben durch den Stärkungspakt des Landes.“ Mendack will den Konsolidierungskurs mit zuletzt drei Haushalten mit positivem Jahresergebnis fortsetzen. Das sei „die Basis für die Zeit nach dem Stärkungspakt, für mehr finanziellen Spielraum in den kommenden Jahren, unter anderem für Bildung, Sport und Kultur. Es ist laut Mendack nicht zu erwarten, dass die coronabedingten Steuerausfälle der Stadt von Bund oder Land ausgeglichen werden. Ziel sei es daher auch, wie 2021, ohne Belastungen für die Stadtgesellschaft das Jahresergebnis sicherzustellen.

Bald Wahl eines neuen Dezernenten

Bau- und Umweltdezernent Peter Vermeulen mochte seinem Nachfolger nicht vorgreifen und Ziele für 2022 formulieren. Bekanntlich wird Vermeulen nach 16 Jahren als Beigeordneter Ende April ausscheiden. Eine weitere Amtszeit bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden wollten die schwarz-grüne Ratskoalition und OB Marc Buchholz Vermeulen nicht ermöglichen.

Als Vermeulens Nachfolger wird der aktuelle Leiter des Amtes für Stadtplanung, Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung, Felix Blasch, gehandelt. Seine Wahl gilt als sicher. Blasch soll dann neben seinen jetzigen Zuständigkeiten auch die Bereiche Bauen, Umwelt und Klima verantworten.

Als Immobilien-Dezernent gibt Mendack das Ziel aus, die Sanierung der Schulen fortzusetzen und die bauliche Erweiterung für die Bildungsentwicklungsplanung von Dezernent Lüngen sicherzustellen. Die Sanierungsmaßnahmen an den Schulen hätten nach wie vor Priorität. Ziel sei es, nach der Umstellung von G8 auf G9 und grundsätzlich ansteigender Schülerzahlen neue Räumlichkeiten für Schule zu schaffen. „Dies stellt aufgrund der enormen Baupreissteigerungen, des Baustoffmangels und fehlender Personalressourcen bei den ausführenden Firmen zeitlich und finanziell eine große Herausforderung dar“, so der Kämmerer.