Mülheim. Risikofaktor Omikron: Feuerwehr, Kliniken, Polizei und Müllabfuhr müssen auch bei hohem Krankenstand funktionieren. Wie Mülheim aufgestellt ist.

Die Omikron-Infektionen nehmen auch in Mülheim zu: 34 nachgewiesene Fälle waren es laut Gesundheitsamt am Mittwoch. Die hochansteckende Virus-Variante könnte bei einer fünften Welle die so genannte „Kritische Infrastruktur“ der Stadt vor große Herausforderungen stellen. Denn Feuerwehr, Rettungsdienste, Polizei, Stadtverwaltung, Müllabfuhr und so weiter müssen ja auch funktionieren, wenn viele der dort Beschäftigten erkrankt oder in Quarantäne sind.

Die Polizei Essen/Mülheim sieht sich gut aufgestellt und ihre Funktionsfähigkeit nicht in Gefahr. „Wir arbeiten alle ganz normal, und wer kann, aus dem Homeoffice“, sagt Polizeisprecher Pascal Schwarz-Pettinato. Die Ausfallquote sei gering, die Impfquote liege bei 98 Prozent. Die allermeisten Polizistinnen und Polizisten seien auch schon geboostert.

Polizei und Feuerwehr in Mülheim können ihr Schichtsystem umstellen

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Sollten neue Vorgaben wie Notfallpläne vom NRW-Innenministerium angeordnet werden, so könne man rasch auf die Erfahrungen aus der ersten Welle zurückgreifen, betont der Polizeisprecher. Damals, 2020, habe man einen eigenen Pandemiestab im Haus gebildet. Beim Wach- und Wechseldienst wurde auf Zwölf-Stunden-Schichten umgestellt, um mit nur zwei Einsatzgruppen pro Tag eine geringere Durchmischung des Personals in festen Dienstgruppen zu haben.

Die Mülheimer Feuerwehr muss immer einsatzbereit sein. Daher gab es in Vor-Corona-Zeiten bereits Notfallpläne für mögliche größere Grippe-, Erkältungs- oder Norovirus-Wellen. „Wir haben schon vor Jahren Pläne erstellt, um mit solchen Szenarien umgehen zu können“, sagt Feuerwehrchef Sven Werner. „Das gilt auch jetzt.“ Die Feuerwehr hat rund um die Uhr 43 Personen im Wachdienst einsatzbereit, erklärt Werner. Das ist das nötige Personal, um die beiden Löschzüge und die Rettungsdienst-Fahrzeuge zu besetzen. Dazu kommen noch vier Führungskräfte. Die Feuerwehrleute arbeiten im Dreier-Schicht-System: Eine Schicht hat 24 Stunden Dienst und ist dann 48 Stunden später wieder an der Reihe.

Silvester ist die Mülheimer Feuerwehr immer mit mehr Kräften im Einsatz

Sollten krankheitsbedingt sehr viele Feuerwehrleute ausfallen, so würde zunächst versucht, die Leute aus der Freizeit und dem Urlaub zu aktivieren. Im schlimmsten Fall würde bei akuter Personalknappheit auf ein Zweier-Schicht-System umgestellt werden, erklärt der Feuerwehrchef. Dann müssten die Feuerwehrleute nach ihrem Dienst genau 24 Stunden später wieder antreten. „Damit könnten wir im Worst-Case-Szenario viel auffangen“, sagt Sven Werner und betont, dass dies natürlich verkürzte Erholungszeiten und viele Überstunden bedeuten würde. „Wir versuchen aber alles, damit wir das nicht machen müssen.“

Auch für den Rettungsdienst braucht die Mülheimer Feuerwehr täglich festes Personal.
Auch für den Rettungsdienst braucht die Mülheimer Feuerwehr täglich festes Personal. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Bisher, so Feuerwehrchef Werner, habe man das mit guter Planung in den nun fast zwei Coronajahren ja auch gut hinbekommen. Auch zu Silvester im vergangenen Jahr, wo man – wie in jedem Jahr, und so auch nächste Woche wieder – die Schichtstärke mit mehr Personal hochgefahren hat und auch drei Rettungswagen mehr als sonst in der Nacht im Einsatz sind.

Die Einhaltung der Hygieneregeln gelten auch in der Feuerwache: Maske tragen, Abstand halten, auch in der Kantine und beim Dienstsport. Alle Türklinken, Handläufe oder die Rutschstange würden wie alle Kontaktflächen regelmäßig desinfiziert, so Werner. Der Impfstatus der Feuerwehr liege über 95 Prozent.

Mülheimer Stadtverwaltung: Können unsere jetzigen Ressourcen jederzeit aufstocken

Die Mülheimer Stadtverwaltung betont ihre Flexibilität, sich schnell auf eine sich ändernde Infektionslage einstellen zu können. „Wir sind ja ohnehin im Krisenmodus“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels. „Das notwendige Personal ist auch zwischen den Jahren erreichbar. Wenn nötig, können wir unsere jetzigen Ressourcen jederzeit aufstocken.“ Der Krisenstab tage auch zwischen den Feiertagen. Dieses Entscheidergremium könne, wenn nötig, auch öfter zusammenkommen, so Wiebels.

Was bedeutet Kritische Infrastruktur?

Kritische Infrastrukturen sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen.

Dazu gehören zum Beispiel: Energieversorgung, Informationstechnik/Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung, Finanz- und Versicherungswesen, Staat und Verwaltung.

Bei ihrem Ausfall oder Beeinträchtigungen würden nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten.

Die beiden Mülheimer Krankenhäuser haben schon zu Beginn der Pandemie Krisenstäbe eingerichtet, die die Entwicklung beobachten und, falls nötig, Schutz- und Hygienemaßnahmen anpassen. Wegen der Omikron-Variante wurde aktuell eine Verschärfung der Maskenpflicht beschlossen, so dass nun alle Mitarbeitenden, Patientinnen und Patienten sowie Besucherinnen und Besucher eine FFP2-Maske ohne Ventil tragen müssen. Patienten, die stationär in der Klinik sind, bekommen FFP2-Masken vom Krankenhaus gestellt.

Maskenpflicht in Krankenhäusern als Reaktion auf die Omikron-Variante

„Wir nehmen die Lage ernst und bereiten uns vor“, sagt Carsten Preuß, Geschäftsführer des St. Marien-Hospitals. „Die Ansteckungsgefahr durch Omikron scheint, Stand heute, noch deutlich höher zu sein als bei der Delta-Variante“, so EKM-Geschäftsführer Nils B. Krog. „Insofern war bei der Maskenpflicht eine Anpassung notwendig. Die weiteren Schutzmaßnahmen sind unverändert.“ Dazu zähle eine umfassende Teststrategie, die regelmäßige Testungen für Mitarbeiter und Patienten vorsieht. Im EKM seien „über 90 Prozent“ der Mitarbeitenden vollständig geimpft, im St. Marien-Hospital „rund 90 Prozent“. Viele seien zudem geboostert.

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Die Notfalleinsatzpläne der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) gelten seit März 2020. „Seitdem wissen alle Verantwortlichen, was notfalls zu tun ist“, sagt Jennifer Schakau aus der Pressestelle. „Wir haben den Worst Case schon damals mit angedacht“ – also den Fall, in dem im Unternehmen fast gar nichts mehr geht. Es gebe eine Prioritätenliste, die regelt, wann welcher Service im Ernstfall wegfällt. Klar sei: „Die Müllabfuhr wird am längsten aufrechterhalten – schon aus Hygienegründen.“

RWW-Pressesprecher: „Wir waren von Anfang an auf große Ausfälle vorbereitet“

Auch bei der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW) hat sich durch die hochansteckende Corona-Variante kaum etwas geändert. Laut Pressesprecher Ramon Steggink tagt weiterhin einmal wöchentlich das Pandemieteam und prüft, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. „Wir waren von Anfang an auf große Ausfälle vorbereitet.“ Wer könne, arbeite im Homeoffice. Und für diejenigen, die vor Ort sein müssen, stünden wöchentlich drei Schnelltests zur Verfügung.

Im Styrumer Wasserwerk wird im Drei-Schicht-System gearbeitet, „und es gibt immer eine Ersatz- sowie eine Springerschicht, die übernehmen können“. Außerdem, so Steggink, könne man notfalls den Ersatz-Leitstand in Dorsten in Betrieb nehmen und zum Beispiel mit abwechselnden Schichten aus beiden Städten arbeiten, um Personal zu entzerren. „Das haben wir im vergangenen Jahr schon erfolgreich ausprobiert.“