Mülheim. Mülheims offener Ganztag wird neu ausgeschrieben. Für weitere Gruppen wird der Personalkostenzuschuss gekürzt. Viele Gründe für Kritik im Rat.
Zunehmend mehr Mülheimer Kinder drängen in die Offene Ganztagsschule (OGS), die eine Betreuung bis weit in die Nachmittagsstunden anbietet. Zum Schuljahr 2022/23 sollen sechs neue Gruppen an den Start gehen, im darauffolgenden Jahr weitere acht. Dass dafür der Personalkostenzuschuss gekürzt werden muss, stößt auf massive Kritik bei Trägern und Eltern. Auch der Rat war sich am Donnerstag alles andere als einig beim immer wieder strittigen Thema OGS. Die Mehrheit entschied aber immerhin, dass die Verwaltung nun zügig die europaweite Ausschreibung für die OGS und die Schule von acht bis eins auf den Weg bringen soll.
Caritas und Diakonie sind in Mülheim seit Jahren hauptverantwortlich tätig für den Offenen Ganztag an Grund- und Förderschulen. Wenn sie oder andere freie Träger diese Aufgabe über das aktuelle Schuljahr hinaus wahrnehmen möchten, müssen sie sich bald erneut bewerben – die 2018 mit ihnen abgeschlossene Rahmenvereinbarung nämlich endet zum 31. Juli kommenden Jahres. Ein neuer Vertrag über einen Zeitraum von vier Jahren muss her; gegebenenfalls kann er um zwei Jahre verlängert werden. Aufgenommen werden in die Ausschreibung auch die vier Grundschulen, in denen die Stadt aktuell noch selbst als OGS-Trägerin auftritt, von denen sie sich aber alsbald trennen möchte.
Auch wenn neue Gruppen eingerichtet werden, bleibt der städtische Beitrag gleich
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Im Vorfeld hatten die Mülheimer Parteien ausgiebig über besagte Rahmenvereinbarung diskutiert, so ging es auch im Bildungsausschuss Ende November noch um konkrete Änderungen. Und immer wieder auch um die Probleme, die mit dem massiven Ausbau der OGS – ab 2025/26 soll es einen Rechtsanspruch für jedes Kind geben – einhergehen. Auch wenn neue Gruppen eingerichtet werden, bleibt der städtische Beitrag gleich. Er ist streng gedeckelt.
Heißt: Wenn im Sommer an der GGS Trooststraße, der GGS am Sunderplatz, der Schildbergschule sowie der Barbaraschule je eine weitere Gruppe an den Start geht und an der Katharinenschule sogar zwei, bekommen das automatisch auch alle anderen Einrichtungen zu spüren. Damit das Ganze kostenneutral über die Bühne gehen kann, wird der Personalkostenzuschuss für alle Standorte reduziert: und zwar von 54.500 Euro für eine Vollzeitkraft auf dann nur noch 53.200 Euro.
SPD-Ratsmitglied Gabriele Hawig kritisierte die strengen finanziellen Vorgaben
Ratsmitglied Gabriele Hawig kritisierte die strengen finanziellen Vorgaben: „Wir haben früh genug erkannt, dass man Finanzmittel in die Hände nehmen muss, wenn man die OGS auch als Bildungsstandort ansieht“, sagte die Sozialdemokratin. „Mit jeder Gruppe, die dazu kommt, wird es finanziell enger“, so Hawig. „Da von Planungssicherheit zu sprechen, erschließt sich mir nicht.“
Diesen Begriff hatte ihr CDU-Kollege Heiko Hendriks zuvor ins Spiel gebracht. „Die Ausschreibung ist zurecht ziemlich diskutiert worden, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen“, befand er. Mülheim investiere für die OGS doppelt so viel wie Duisburg und liege auf dem Niveau von Düsseldorf. Aber auch Hendriks möchte nach den vier Jahren „genau hinschauen, ob wir mit dem uns zur Verfügung gestellten Deckel zurechtkommen, wenn wir weiterhin die hohe Qualität gewährleisten wollen“.
SPD und MBI enthielten sich bei der Abstimmung über die Rahmenvereinbarung
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Dass der Standard tatsächlich gehalten werden kann, bezweifelt die SPD. „Den Ausbau allein durch Landesmittel und Elternbeiträge zu gewährleisten, ist für uns auf Dauer nicht tragbar“, stellte Gabriele Hawig klar. Da die Deckelung Teil der Rahmenvereinbarung ist, enthielten sich die Sozialdemokraten später bei der Abstimmung. Verständnis gab es dafür lediglich von den MBI, die ebenfalls nicht mit abstimmten.
Anders sah es freilich bei den Grünen aus. „Ich verstehe das Verhalten der SPD nicht“, wunderte sich Franziska Krumwiede-Steiner. Nicht umsonst sei die Ausschreibung erst in dritter Version, nach ausgiebiger Diskussion, verabschiedet worden. „Warum haben Sie sich denn nicht mit eingebracht?“, fragte sie in Richtung der Genossinnen und Genossen. Und betonte: Nichts sei auf Dauer in Stein gemeißelt. „Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, werden wir uns noch einmal zusammensetzen“, versprach Krumwiede-Steiner.