Mülheim. Tempo 30: Im Mobilitätsausschuss lehnte die Stadt weitere Zonen für Mülheim ab. Grüne und CDU insistierten mit neuem Antrag. Was nun passiert.

Die Verkehrswende in Mülheim wird offenbar noch ein dickes Brett: Schon in der Frage um mehr Tempo 30 rasselten Koalition und Verwaltung im Mobilitätsausschuss aneinander. Nur acht von 18 Straßen wollte diese nach mehrfacher Prüfung aus dem Vorbehaltsnetz nehmen und somit entschleunigen. Schwarz-Grün aber fasste mit einem erneuten Antrag nach. Streitpunkte: Bruch-, Felacker-, Mellinghofer Straße sowie Schneisberg.

Der Zusatzantrag von CDU und Grüne im Mobilitätsausschuss zu fünf weiteren Mülheimer Straßen, die aus dem sogenannten Vorbehaltsnetz genommen werden sollten, war kaum aus dem Drucker gerollt, da hatte die Verwaltung bereits Stellung bezogen und vier davon erneut abgelehnt. Nur an der Langenfeldstraße – auch die hatte sie längst in einer ersten Stellungnahme ausgeschlossen – sei man nun bereit, einen bestimmten Teil in die angrenzende Tempo-30-Zone aufzunehmen.

Mülheims Grüne und CDU kritisieren: Begründung der Stadt „nicht nachvollziehbar“

„Grundsätzlich ist Ihr Anliegen sympathisch“, bekräftigte Umweltdezernent Peter Vermeulen gegenüber der Koalition. Die übrigen vier Straßen hätten aber eine wichtige „Erschließungsfunktion“. Eine Herausnahme aus dem Vorbehaltsnetz sei zum Teil auch für den ÖPNV nicht akzeptabel.

Doch Grüne und CDU wollten dies offenbar nicht akzeptieren. Die erneute Ablehnung sei „nicht nachvollziehbar“, erklärte Verkehrssprecher Axel Hercher (Grüne). So wollten Politik und Verwaltung etwa an der Mellinghofer Straße seit Jahren ein Stadtteilzentrum etablieren, und sei nun nicht einmal mehr bereit, nur diesen Bereich mit Tempo 30 sicherer zu machen?

Und auch an der Felackerstraße bestehe der ÖPNV lediglich aus einer Linie, die einmal pro Stunde dort vorbeikomme, argumentierte Hercher weiter – der könne dann auch 30 km/h fahren. Ebenso gebe es an der Bruchstraße etliche enge Stellen etwa durch parkende Autos, die schon aus Sicherheitsgründen ein Tempo 30 rechtfertigten, ergänzte Carsten Voß, grüner Sprecher in der Bezirksvertretung 3.

CDU: Schneisberg zu schmal für Tempo 50

Unverständlich war Voß bei der Ablehnung der Langenfeldstraße auch, ob sich aus der Anbindung der Saarner Kuppe ein rechtlicher Anspruch herleiten ließe, die Straße im Vorbehaltsnetz zu belassen. Eine Antwort erhielt Voß auch nach zweimaligem Nachfragen nicht.

Den Schneisberg wollte Siegfried Rauhut entschleunigt sehen, für Tempo 50 sei er zu schmal. Peter Beitz (FDP) stimmte zu, schließlich würde der Nachbarsweg das Gebiet schon ausreichend erschließen. Der Fraktionschef der Liberalen mahnte grundsätzlich „kluge Lösungen“ an: etwa gleich eine durchgehende Tempo-30-Zone zu errichten und keinen Schilderwald durch teilentschleunigte Bereiche zu erzeugen.

Die SPD hingegen machte deutlich, der Ablehnung durch die Verwaltung folgen zu können, und kündigte an, den erneuten Koalitionsantrag ebenfalls abzulehnen.

Stadt macht auf politischen Druck Zugeständnisse: Erneute Prüfung

CDU und Grüne feiern Erfolg

„Lärm und Abgasemissionen werden reduziert, und die Leistungsfähigkeit des Verkehrsnetzes wird nicht eingeschränkt“, kommentieren CDU und Grüne die Herausnahme einiger Straßen aus dem Vorbehaltsnetz. Auf einigen Straßen ordnet die Verwaltung abschnittweise Tempo 30 an, ohne die Straßen in Gänze aus dem Vorbehaltsnetz zu nehmen.Allerdings soll es dabei wohl nicht bleiben, denn der Auftrag der Koalition lautet auf Überprüfung des gesamten Vorbehaltsnetzes. Zumindest bei den Grünen geht man davon aus, dass die Verwaltung diese Beauftragung in den kommenden Monaten weiter abarbeitet.

Doch aufgrund des massiven politischen Drucks ruderte die Verwaltung schließlich zurück: Man wolle die abgelehnten Straßen „wieder mitnehmen“ und anschließend doch „Vorschläge machen“, wie man dort Tempo 30 umsetzen könne. Man sei davon ausgegangen, dass es nur um die Frage des Vorbehaltsnetzes gegangen sei.

Grünen-Politiker Voß kritisierte das Vorgehen der Verwaltung: Die Koalition sei angetreten, um Veränderungen und partnerschaftliches Miteinander im Straßenverkehr herbeizuführen. Aus seiner Sicht habe man die Stadt vor einem halben Jahr damit beauftragt, auszuschöpfen, was rechtlich dazu machbar sei.

Bald doch mehr Tempo 30 auf Bruch-, Mellinghofer und Langenfeldstraße?

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Offenbar kam dies so bei der Verwaltung nicht an. Im besagten Mobilitätsausschuss im Juni hatte die CDU selbst sich vehement dagegen verwehrt, man verfolge mit dem Antrag, ein generelles Tempo 30 in der Stadt einzuführen. Auch Grünen-Verkehrssprecher Axel Hercher stimmte damals zu. Die SPD warf der Koalition einen „Eiertanz“ vor. Man stimmte schließlich im Wortlaut ab, „das Vorbehaltsnetz daraufhin zu überprüfen, welche Straßen aus dem Vorbehaltsnetz entfernt werden können“.

So hielt sich die Verwaltung wortgetreu an die Vorgabe. Dennoch belässt es die Koalition nun nicht dabei, sondern ließ im Aussschuss gegen die Stimmen der SPD beschließen, den Schneisberg und Felackerstraße aus dem Vorbehaltsnetz zu nehmen und in die angrenzenden Tempo-30-Zonen zu integrieren. Auch Bruchstraße, Mellinghofer und Langenfeldstraße werden nun darauf geprüft, mit welchen Mitteln ein Tempo 30 abschnittweise möglich werden kann.