Mülheim. Mülheim will die Kiosk-Ruine auf dem Rathausmarkt wiederbeleben. Übernehmen sollen ihn Menschen aus den Theodor-Fliedner-Werkstätten.

Der schier unendlichen Geschichte rund um den Kiosk auf dem Mülheimer Rathausmarkt fügt Oberbürgermeister Marc Buchholz (CDU) nun noch eine womöglich letzte Episode hinzu. Beschäftigte aus den Werkstätten der Theodor-Fliedner-Stiftung sollen einen neuen Kiosk übernehmen – mit Aufenthaltsmöglichkeiten und Radstation.

Die Idee sei relativ kurzfristig im Kuratorium der Stiftung entstanden. Im Kopf hatte sie Buchholz aber wohl schon seit einem Rundgang durch die Fliedner-Werkstätten im Sommer. „Leiter Daniel Möller hat mir berichtet, dass seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter längst nicht mehr nur Kerzen drehen wollen“, so der OB. Vielmehr möchten auch die Menschen mit Handicap ihre Arbeit mitten im Leben verrichten – und in diesem Fall auch mitten in der Stadt.

Streben eine Wiederbelebung des Kiosks am Rathausmarkt an: Die stellvertretende Vorsitzende der Theodor-Fliedner-Stiftung, Sabine Halfen (li.) und Fachvorstand Claudia Ott (re.) sowie Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz.
Streben eine Wiederbelebung des Kiosks am Rathausmarkt an: Die stellvertretende Vorsitzende der Theodor-Fliedner-Stiftung, Sabine Halfen (li.) und Fachvorstand Claudia Ott (re.) sowie Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Stadt Mülheim und Fliedner-Werkstätten haben Schnittmengen gefunden

„Eine solche Öffnung der Werkstätten ist für uns auch strukturell sehr wichtig“, betont Claudia Ott, Fachvorstand der Stiftung. Mit Fliedner glaubt Buchholz den Partner gefunden zu haben, der den Standort längerfristig sichert. „Wir haben definitiv eine Schnittmenge gefunden“, bestätigt Ott. „Auf der einen Seite besteht Bedarf, auf der anderen gibt es für unsere Beschäftigten aber auch keine Überforderung.“

Dem OB schwebt eine Kleingastronomie vor, in der es Kaffee, Tee, Brötchen und Kuchen gibt. „Es wird mit Sicherheit keine Konkurrenz zum Ratskeller“, schmunzelt Buchholz. Sabine Halfen, die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stiftung, hat aber auch die häufigsten Veranstaltungen auf dem Rathausmarkt im Visier: Hochzeiten. Sie sagt: „Die Paare und ihre Gäste könnten bei uns einen Sektempfang buchen.“

Anlaufpunkt für schnelle Versorgung in der Stadtmitte

Fliedner-Werkstätten beschäftigen 670 Menschen

Die Fliedner-Werkstätten beschäftigen aktuell rund 670 Menschen mit Handicap. Dazu kommen weitere über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Stiftung feierte vor zwei Jahren ihr 175-jähriges Bestehen. Ihr Name geht zurück auf den evangelischen Pfarrer Theodor Fliedner, der im Jahr 1844 in Duisburg eine Pastoralgehilfen- und Diakonenanstalt gründete. Die Stiftung ist mittlerweile an 30 Standorten in Deutschland tätig.

Grundsätzlich sieht sie in dem Kiosk einen „Anlaufpunkt für schnelle Versorgung mit Aufenthaltsmöglichkeiten“. Geht es nach Buchholz, würde auch ein Außenbereich mit Sitzmöglichkeiten geschaffen. „Man wird auch sanitäre Anlagen brauchen“, sagt der OB.

Womöglich werden in das Projekt auch noch Unterbringungsmöglichkeiten für Fahrräder integriert. Schließlich spielt die Nähe zum Radschnellweg eine Rolle. „Wir können uns auch eine kleine Servicestation für Radfahrer vorstellen“, erklärt Sabine Halfen.

Sechs Personen sollen die Mülheimerinnen und Mülheimer bedienen

Eine Arbeitsgruppe von sechs Personen ist für den Standort vorgesehen. Begleitet würden die Menschen mit Handicap von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern aus den Fliedner-Werkstätten.

Anfang des Jahres wird Buchholz das Projekt der Politik vorstellen. Gibt die grünes Licht, könnte Chef-Stadtplaner Felix Blasch in der ersten Jahreshälfte einen Antrag ans Land stellen. Da die Bausubstanz nicht mehr zu gebrauchen ist, würde der alte Kiosk in jedem Fall abgerissen. Der OB hofft, noch im kommenden Jahr mit den Arbeiten beginnen und womöglich ab 2023 mit dem Betrieb starten zu können.

OB Buchholz will Mülheims Rathausmarkt erhalten

„Damit haben wir die Möglichkeit, dass es wieder ein vernünftiges Entrée zur Stadt wird“, hofft Marc Buchholz, der die Entwicklung des restlichen Rathausmarktes davon nicht beeinträchtigt sieht. Einer kompletten Überbauung steht der OB ohnehin skeptisch gegenüber. „Der Rathausmarkt ist noch eine der letzten Flächen, die wir innerstädtisch bedienen können“, so Buchholz, dem eher eine Belebung durch Veranstaltungen oder gar die Rückkehr des Wochenmarktes vorschwebt.