Mülheim. Das Ordnungsamt Mülheim will an Schulen strenger kontrollieren und mehr Elternhaltestellen einrichten. Was Eltern dazu nun beitragen sollen.
Das Thema Elterntaxi ist zurzeit ein großes in Mülheim: Um abzuklären, an welchen Grundschulen das Problem besonders schwerwiegend ist und ob weitere Elternhaltestellen möglicherweise Abhilfe schaffen können, hat das städtische Ordnungsamt vor drei Wochen alle 22 Grundschulen angeschrieben und um Informationen über die Schulwege der Kinder gebeten.
Liegen die Erkenntnisse vor und offenbaren sich Gefahrenquellen, wollen auch die Verkehrsüberwacher darauf reagieren und mit konzertierten Aktionen an den Schulen und im nahen Umfeld für Sicherheit sorgen.
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„Es ist ein Leichtes, am Reißbrett Elternhaltestellen zu planen“, sagt Sonja Knopke, Leiterin der Straßenverkehrsbehörde im Ordnungsamt, „doch wenn man Akzeptanz will, muss man Schulen und Eltern mit ins Boot holen.“ Nur wenn man genau wisse, wo die Eltern langfahren, um ihre Kinder zur Schule zu bringen, könne man sinnvoll Kurzzeit-Parkplätze einrichten. Und nur wenn man wisse, welche Pfade die Jungen und Mädchen nutzen, die zu Fuß kommen, könne man Gefahrenstellen entschärfen.
14 der 22 Mülheimer Grundschulen haben bereits Interesse am Projekt bekundet
Knopke hat den 14 Schulen, die schon vor den Herbstferien Interesse an dem Projekt signalisiert haben, Auszüge aus dem Stadtplan zugeschickt. Sie setzt darauf, dass die anderen Schulen nachziehen. „Jedes Kind bekommt dann einen solchen Auszug mit nach Hause und die Eltern sollen einzeichnen, wo sie entlangfahren oder wo ihr Kind entlangläuft.“ Die Lehrerinnen und Lehrer sammeln die Pläne mit den Schulweg-Markierungen später wieder ein. Und dann, so Knopke, soll die Schule daraus „einen Autowegplan und einen Fußwegplan“ erstellen. „Mit dickerem Strich können sie markieren, wo besonders viele Kinder – und gegebenenfalls viele Eltern – unterwegs sind.“
Man rechne damit, dass die Väter und Mütter und vielleicht auch die Lehrer bei dieser Gelegenheit auch Problemstellen benennen, „wir haben das aber nicht gezielt eingefordert“. Wenn die Daten die Errichtung einer Elternhaltestelle nahelegen, will man aktiv werden. „Im Idealfall liegen die dafür vorgesehenen Parkstreifen rund 300 Meter von der Schule entfernt“, erklärt die Fachfrau, „und sie sind ungefähr so lang wie ein Bus.“ Drei Plätze für Autos hintereinander müssten es sein, andernfalls helfe es nichts zu Stoßzeiten.
Die Elternhaltestellen werden unmissverständlich ausgeschildert
Die Elternhaltestellen werden unmissverständlich ausgeschildert. Ein zumeist auf den Vormittag und Mittag begrenztes eingeschränktes Halteverbot wird eingerichtet, „es geht ja nur ums kurze Absetzen oder Abholen des Kindes“. Oft hänge man zudem ein besonderes Elternhaltestellen-Schild dazu – so etwa geschehen an der Brüder Grimm Schule in Styrum oder der Grundschule an der Heinrichstraße in Heißen.
„Elterntaxis sind an allen Mülheimer Schulen ein Problem“ – dabei kann Zufußgehen Spaß machen und es stärkt erwiesenermaßen das Selbstbewusstsein der Jungen und Mädchen. Es könne trotz allem „auch gute Gründe“ für einen Chauffeurdienst zur Schule geben, sagt Knopke. Etwa wenn ein jüngeres Kind ohnehin zur nahe gelegenen Kita gebracht wird oder wenn ein Schüler mal verschlafen hat. Zu Chaos vor der Schule aber dürfe das nicht führen.
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Mülheimer Behörde kann sich kaum retten vor Bürgerbeschwerden
Die Informationen, die die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde zusammenträgt, interessieren auch Ordnungsamtsleiterin Kerstin Kunadt. Die Behörde kann sich kaum retten vor Bürgern, die sich über schwierige Verkehrssituationen beklagen und schärfere Überwachung anmahnen: durch Blitzen oder Knöllchenschreiben. Man könne nicht alle Beschwerden auf einmal abarbeiten, müsse Prioritäten setzen. „Für uns sind die Bereiche rund um die Schulen das Wichtigste.“
Man wolle genau wissen, welche Wege Schüler beschreiten, wo sie Schwierigkeiten haben. Wo missachten Autofahrer geltende Regeln? Wo parken sie kreuz und quer? Wo wenden sie harakirimäßig? Wo bringen sie junge Menschen in Gefahr?
Leiterin des Ordnungsamtes: „Eine Mammutaufgabe für die Schulen“
SPD-Fraktion hat „Bike-to-School“-Kampagne angestoßen
Ums Thema Sicherer Schulweg ging es jüngst auch im städtischen Mobilitäts- sowie im Bildungsausschuss: Die SPD-Fraktion hat eine „Bike-to-School“-Kampagne angestoßen – die sich aber eher an ältere Schüler wendet. Ihre Kritik: Noch immer benutzen zu wenige Schüler und Schülerinnen das Rad, um zum Unterricht zu gelangen.
Radfahren sei eine exzellente Möglichkeit, um aktiv zu werden. Es fördere die motorische Entwicklung und bringe den Kindern ebenfalls Selbstständigkeit im Verkehr bei. Mehr Schüler auf dem Rad hieße eine Entlastung des Nahverkehrs zu Stoßzeiten, was hinsichtlich der Corona-Ansteckungsgefahr gut sei.
Die Verwaltung wurde beauftragt, Daten vorzulegen: Wie viele Kinder legen den Schulweg mit dem Rad zurück? Wie steht es um die Ausstattung der Schulen mit Abstellplätzen und welche Fördertöpfe für neue Anlagen gibt es? Wie viele Kinder haben nach der Grundschulzeit den Fahrradführerschein? Könnten Kampagnen wie das Stadtradeln ausgeweitet werden? Gemeinsam mit den Schulen soll die Stadt Maßnahmen erarbeiten, um Kinder langfristig zum Umsteigen zu motivieren.
Da es wenig Einsicht gebe, werde man konsequent gegen die Verkehrssünder vorgehen, sobald die Schulen Daten geliefert haben. Kuhnert hofft, dass sich möglichst viele beteiligen; „uns ist aber auch klar, dass das eine Mammutaufgabe ist“.
Acht klassische Verkehrsüberwacher, die sich um Verstöße im ruhenden Verkehr kümmern, zählt Kunadt zu ihrem Team. Unterstützung erhalten diese von 16 Leuten des Kommunalen Ordnungsdienstes. Dort, wo das Chaos besonders groß ist, will Kunadt künftig mit dem kompletten Team aufkreuzen und „sichtbar, klar und deutlich“ auftreten. Nur so, glaubt sie, lässt sich das leidige Thema endlich in den Griff bekommen.