Mülheim. . Künftig kontrollieren zehn Mitarbeiter den ruhenden Verkehr, auch Abendstunden sollen bedacht werden. Vermehrt fordern Bürger ein Eingreifen.

Rund 92 000 Pkw sind in Mülheim angemeldet und müssen irgendwo mal abgestellt werden. Vielerorts wird das zu einem zunehmenden Problem. Erneut ist die Zahl der Verstöße im ruhenden Verkehr leicht gestiegen. Rund 40 000 Knöllchen schrieben die Verkehrsaufseher laut Ordnungsamt im vergangenen Jahr. „Angesichts der Verstöße müssten es eigentlich noch mehr sein“, sagt Kerstin Kunadt, Abteilungsleiterin Allgemeine Gefahrenabwehr und Zentraler Außendienst des Ordnungsamtes. Es könnten künftig auch mehr werden, denn die Stadt erhöht die Zahl der Verkehrsüberwacher von sieben auf zehn.

Vor allem in den späten Nachmittagsstunden und am Abend soll dann vermehrt kontrolliert werden. Dabei will die Stadt weder „Wegelagerei“ betreiben, wie manche den Verkehrsüberwachern vorwerfen und diese häufig beschimpfen und beleidigen, noch will man den Haushalt aufbessern. Zuletzt brachten die Knöllchen im Jahr 600 000 Euro in die Stadkasse. „Es sind vor allem Beschwerden von Anwohnern, denen wir nachgehen“, so Kerstin Kunadt. Die Klagen aus der Bevölkerung über Falschparker nehmen zu.

Künftig steht auch ein eigenes Auto zur Verfügung

„Ich komme aus meiner Einfahrt nicht mehr raus“, „bei uns ist der Bürgersteig zugeparkt“, „der Radweg ist verstellt“ – in der Leitstelle des Ordnungsamtes häufen sich derartige Beschwerden. Das Telefon steht kaum mal still. „Das ist unser Alltag“, sagt die Abteilungsleiterin. Künftig steht der Verkehrsüberwachung auch ein eigenes Auto zur Verfügung, mit dem ein Mitarbeiter zügig zum entfernten Einsatzort gelangen kann.

Parken auf Gehwegen ist mit das größte Problem. Aber auch das längere Parken im eingeschränkten Halteverbot bereite Probleme, sagt die Abteilungsleiterin. Dagegen sei der nicht gezogene Parkschein eher selten. Aber auch beim Ordnungsamt weiß man, dass der Parkdruck vielerorts groß ist. „Das betrifft vor allem den ganzen Bereich rund um die Innenstadt“, sagt Kerstin Kunadt. Wohin mit dem Auto? Viele nutzten den Gehweg aus Verzweiflung, viele aber auch, weil sie glaubten, das sei erlaubt. „Ist es aber nicht, es sei denn, ein Schild erlaubt es“, betont man im Ordnungsamt. Nicht immer gibt es jedoch in dem Fall ein Knöllchen. Man versuche, mit gesundem Menschenverstand die Lage zu beurteilen. Heißt: Wo andere nicht gefährdet oder behindert werden, drückt der Aufseher ein Auge zu.

Geringe Abschleppquote in Mülheim

Überhaupt gehen die Mitarbeiter des Mülheimer Ordnungsamtes bei Verstößen im ruhenden Verkehr im Vergleich eher zurückhaltend vor, insbesondere was das Abschleppen angeht. An die 100 Fälle im Jahr – das ergibt eine vergleichsweise äußerst geringe Quote. „Abschleppen“, sagt Kerstin Kunadt, „ist für uns das schlimmste Mittel. Hier wird massiv in die Rechte anderer eingegriffen.“ Wenn Rettungswege versperrt sind, Baufahrzeuge gestoppt, konkrete Gefährdungen verursacht oder Behindertenplätze zugeparkt werden, greift aber auch die Stadt Mülheim auf den Abschleppdienst zurück.

Um den Parkdruck zu mildern, hat die Stadt vor zwei Jahren das Anwohnerparken in der Altstadt eingeführt. In dem Gebiet habe sich für Anwohner die Lage deutlich entspannt, aber auch für Besucher der Krankenhäuser, so Peter Pickert (SPD), Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung 1. Allerdings habe durch die Regelung eine Verdrängung stattgefunden. „Wir werden uns in einer der nächsten Sitzungen der Bezirksvertretung damit befassen müssen, ob und wie wir den erhöhten Parkdruck Richtung Sporthalle bewältigen können“, sagt Pickert. Derzeit registriere die Politik sehr viele Meldungen von Anwohnern über den Mangel an Parkplätzen im gesamten Umfeld der Innogy-Sporthalle. Auch in anderen Stadtteilen, so Pickert, werde man derartige Engpässe versuchen zu mildern.

Freiparken für städtische Mitarbeiter 

„Vorige Tage“, schrieb der Redaktion ein Leser, „fiel mir beim Parken in der Innenstadt folgender Brief hinter der Windschutzscheibe meines Nachbarfahrzeugs auf. Ich würde es als ,Überall frei parken’ Ticket bezeichnen. Dürfen die Mitarbeiter unserer Stadtkanzlei auch demnächst bei Rot über die Ampeln fahren, wenn sie es eilig haben?“, fragt der Leser.

Die besagte Sondergene
Die besagte Sondergene © SH

Auf dem mitgesandten Bild ist zu lesen, dass das Referat des Oberbürgermeisters dem Fahrzeugführer genehmigt, ohne zu zahlen auf gebührenpflichtigen Parkplätzen zu parken, auch im eingeschränkten Halteverbot, auf Gehwegen und Straßen, wenn Fußgängern noch ein Meter und dem Kfz-Verkehr noch 3,50 Meter bleiben. . . Voraussetzung: Im Umkreis von 100 Metern gibt es keine andere Abstellmöglichkeit. Ferner genehmigt das Papier aus der Stadtkanzlei dem Kfz-Fahrer, gesperrte Straßen, Wege und Plätze zu befahren. Was also hat es damit auf sich, fragt der Leser.

Sondergenehmigung für Dienstgeschäfte

Stadtpressesprecher Volker Wiebels klärt auf: „Die fotografierte Sondergenehmigung gestattet ausgesuchten Verwaltungsmitarbeitern unter anderem das kostenfreie Parken im Mülheimer Stadtgebiet.“ Es handele sich um Kollegen, die ihren privaten Pkw für dienstliche Zwecke zur Verfügung stellten, was der Stadtverwaltung unter dem Strich Kosten spare. „Wenn die Mitarbeiter dienstlich unterwegs sind“, so Wiebels, „ist es selbstverständlich, dass sie auch ,dienstlich parken’ dürfen. Das gilt beispielsweise für die städtischen Lebensmittelkontrolleure, die im Stadtgebiet unterwegs sind, aber auch für den Pressesprecher, der jederzeit abrufbar sein muss, um unter anderem bei größeren Feuerwehreinsätzen schnell vor Ort sein zu können.“

Somit sei die Sonderparkgenehmigung nicht als „Privileg“ zu sehen, sondern zur Erfüllung der Dienstgeschäfte nötig.