Bernd Otto, Leiter des Mülheimer Ordnungsamtes, geht in Pension. Von Kobra bis Corona hat er viele problematische Situationen in Mülheim erlebt.

Die aktuelle Corona-Krise, die Flüchtlingskrise, die Kontrollen von Clanstrukturen, reichlich Bombenentschärfungen und nicht zuletzt die Jagd nach der „Mülheimer Kobra“, die bundesweit für Schlagzeilen sorgte: Bernd Otto, scheidender Leiter des Mülheimer Ordnungsamtes, hat viel erlebt in seiner langen Dienstzeit. Die endet nun nach über 44 Jahren. In diesen Tagen räumt er seinen Schreibtisch.

Offiziell endet Ottos Amtszeit, die mit seiner Ausbildung 1977 begann, erst am 31. Juli. Doch Resturlaub und ein Lebensarbeitszeitkonto machen es möglich, dass Bernd Otto (65) schon am kommenden Dienstag offiziell verabschiedet wird. Natürlich ohne Feierstunde. Denn wer sollte die aktuellen Coronaverordnungen besser kennen, als der Leiter jenes Amtes, das für die Gefahrenabwehr zuständig ist, das die Umsetzung und Einhaltung der Corona-Regeln in der Stadt kontrolliert.

Bernd Otto, 1956 in Holthausen geboren, ist Mülheimer durch und durch. „Ich bin hier verwurzelt“, sagt der Vater eines erwachsenen Sohnes und Großvater zweier Enkeltöchter, der heute mit seiner Frau in Saarn lebt. Nach dem Abitur an der Otto-Pankok-Schule „wollte ich nicht studieren, sondern möglichst früh auf eigenen Beinen stehen“, erinnert er sich. Die Zusage der Mülheimer Verwaltung schon in der Tasche absolvierte er zunächst seinen Dienst bei der Bundeswehr, bis er seine Ausbildung zum Diplomverwaltungswirt beenden konnte. „So sind 45 Jahre im öffentlichen Dienst zusammengekommen, 44 davon in Mülheim“, schmunzelt er.

Die vielen „Möglichkeiten der Berufsausübung“, die eine Verwaltungsausbildung biete, schätzt er bis heute. In der Bauleitplanung begann Bernd Ottos Laufbahn im Mülheimer Rathaus. Sein technisches Interesse konnte er später auch in der Straßenverkehrsbehörde ausleben. „Man lernte dort, zu entscheiden“, erinnert er sich. Dass er das auch kompromisslos tat, brachte ihn wenig später in die Position des Referenten des Baudezernenten. Es folgte der Wechsel zum Rechtsdezernat, wiederum als Referent, und 2007 wurde Bernd Otto stellvertretender Leiter des Mülheimer Ordnungsamtes. 2013 übernahm er die Amtsleitung. „Das Schöne an dem Beruf ist, dass man wechseln kann, dass es immer wieder neue Herausforderungen gibt“, sagt er. „Und das von jetzt auf gleich.“

Eine Herausforderung, an die er sich bis heute gut erinnert, war die aufwendige Suche nach der entwischten Monokel-Kobra in einem Haus auf der Heimaterde vor elf Jahren. Die junge, aber hochgiftige Schlange ging erst nach drei Wochen in eine Klebe-Falle. „Da fragt man sich ja erst mal: Was macht man da“, so Bernd Otto. Das Haus komplett räumen, Experten befragen, ein Serum bereitstellen, zum Beispiel.

Lob für die Mitarbeitenden

Kleines Tier, große Aufregung: Die giftige Monokel-Kobra ging im Jahr 2010 nach drei Wochen in die Falle.
Kleines Tier, große Aufregung: Die giftige Monokel-Kobra ging im Jahr 2010 nach drei Wochen in die Falle. © Andreas Köhring/ WAZ Archiv

Den gesellschaftlichen Wandel in bestimmten Bereichen der Stadt konnte Bernd Otto auch am Einsatz seiner Mitarbeiter verfolgen: „Es gab ja früher keinen richtigen Außendienst, bis auf die Verkehrsüberwachung. Heute sind wir als kommunaler Ordnungsdienst, ausgerüstet mit stich- und schusssicherer Weste, gemeinsam mit der Polizei im Einsatz“, erinnert er an die großen Kontrollen im Milieu in der Innenstadt und in Eppinghofen. „Wir haben uns, vom Servicegedanken kommend, zu einer ordnungsrechtlichen Truppe entwickelt.“ Das Ausländeramt gehört zum Ordnungsamt, und so war Bernd Otto auch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise 2015 oft gefragt: „Es gab plötzlich jeden Tag etwas, das ganz besonders dringlich war.“

Alle diese Aufgaben könne man nur bewältigen, wenn man sich als Team verstehe, lobt Bernd Otto seine Mitarbeitenden. „In besonderen Situationen packen alle mit an.“ Er selbst hat stets versucht, bei allem Stress freundlich zu bleiben und „die gute Laune zu behalten.“ Ein Miteinander ist ihm sehr wichtig, auch in den politischen Gremien, und dass man immer fair und offen im Umgang miteinander sei.

Von der Bußgeldstelle bis zum Tierheim

Das Mülheimer Ordnungsamt (Amt 32) gewährleistet die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Zu seinen Abteilungen gehören etwa die Bußgeldstelle, das Ausländerwesen und das Melderecht, das Veterinärwesen und die Lebensmittelüberwachung sowie Straßenverkehrsrechtliche Angelegenheiten.

Das Städtische Tierheim wird über das Mülheimer Ordnungsamt verwaltet. Auch die Fundtiere aus Oberhausen werden im Mülheimer Tierheim betreut.

Der Krisenstab der Stadt Mülheim tagt in der Coronakrise regelmäßig. Das Bild stammt aus dem letzten Frühjahr.
Der Krisenstab der Stadt Mülheim tagt in der Coronakrise regelmäßig. Das Bild stammt aus dem letzten Frühjahr. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Diese Haltung ist sicher auch in den Krisenstabssitzungen von Bedeutung, die seit Frühjahr 2020 an der Tagesordnung sind. Spätestens nach der Loveparade hat auch die Stadt Mülheim Mechanismen geprobt, um eine größere Krise besser bewältigen zu können. „Aber auf eine Pandemie kann man sich nicht vorbereiten“, sagt Bernd Otto. Um 180 Grad habe sich seit 2020 das Aufgabenspektrum im Ordnungsamt gedreht. „Alles, was vorher wichtig war, war dann erst mal gar nicht mehr so wichtig“, erinnert Bernd Otto sich. Doch heute seien diese Veränderungen schon längst die neue Routine.

Zeit für Garten und Motorradtouren

Kritik übt der scheidende Amtsleiter an der Coronaschutzverordnung, er sieht die Ermüdungserscheinungen bei den Bürgern nach so langer Zeit: „Die Menschen, die nicht mitmachen wollen, über die müssen wir reden“, sagt er. „Wir sind ja nicht konsequent. So viele kleinteilige Regeln – da nehmen wir die Menschen einfach nicht mehr alle mit. Weniger wäre hier mehr.“ Das sähen seine Leute auch täglich auf der Straße.

Dort werden ihn seine Leute künftig allenfalls als Passanten antreffen. Bernd Otto freut sich, bald mehr Zeit zu haben: für den Garten, für Motorradtouren. Und später, nach der Pandemie, freut er sich auf gemeinsame Reisen mit seiner Frau und auf den Kontakt mit Freunden, den er bald wieder genießen möchte. Wenn ihn aber jetzt jemand fragen würde, ob er seinen Beruf noch einmal ergreifen würde, so gibt Bernd Otto eine sehr kurze Antwort: „Jederzeit.“