Mülheim. Rollschuhlaufen, Online-Spiele oder Kaninchen hüten: Fünf Mülheimer Kinder berichten, wie sie sich im oft zähen Corona-Lockdown beschäftigen.

Draußen regnet's, die Schule ist dicht, Treffen mit Freunden sind tabu: Bei so viel Zeit zu Hause, kommt bei Kindern schnell Langeweile auf. Daher verraten Finja und Findus, Maja, Kasimir und Fridolin, wie sie sich fantasievoll die Zeit vertreiben - und sich dabei ihre gute Laune bewahren.

Finja und Findus Freitag haben die Nase voll von Corona. Aber sie meckern nicht, sondern machen das Beste daraus. Jeden Tag schnüren sie ihre Rollschuhe und brausen damit durch die Saarner Siedlung rund um den Lindenhof. Das haben die Geschwister während des Lockdowns für sich entdeckt. "Hier kann man gut Rollschuh fahren, weil nur wenige Autos unterwegs sind", findet der neunjährige Findus. "Wir fahren aber auch viel mit dem Fahrrad. Und wenn's regnet, ziehen wir eben Regenjacken drüber", sagt die elfjährige Finja.

Finja schreibt an ihrem eigenen Kriminalfall

"Außerdem habe ich angefangen, einen Kriminalfall zu schreiben", verrät Finja. "Dafür braucht man nichts, außer seine eigene Fantasie." Die Handlung und die Charaktere denkt sie sich selbst aus, nur die beste Freundin darf zwischendurch reinlesen. "Seit der Quarantäne lese ich auch gerne Harry-Potter-Bücher und male viel." Und wie hältst du Kontakt zu den Klassenkameraden? "Viele aus unserer Klasse sind bei einem Online-Spiel angemeldet. Das spielen wir zusammen und telefonieren dann dabei."

Bevor es an einem Homeschooling-Tag an die Lernaufgaben geht, "bewegen wir uns erst einmal, um richtig wach zu werden", sagt Finja. "Oft machen wir online Pilates-Übungen." Anschließend lernt jeder für sich seine Schulaufgaben und spielt danach wieder was. "Ich mache viel mit meiner Playmobil-Ritterburg", sagt Findus. Auch Brettspiele habe die Familie wiederentdeckt. "Monopoly spielen wir oft zusammen", sagt der Neunjährige.

Ab und zu darf Findus auch seinen besten Freund besuchen, das ist laut Vorgaben ja erlaubt. "Der wohnt nur 1000 Meter von hier entfernt." Zwar fände er es schöner, wieder normal in die Schule gehen zu dürfen, aber es gebe auch gute Seiten im Lockdown: "So können wir viel mehr Zeit mit Mama und Papa verbringen."

Kleine Kämpfe zwischen Brüdern mit weichen Schwimmnudeln

Kasimir (9) rettet in diesen düsteren Zeiten sein "Boba Fett"-Helm. Wenn er den aufzieht, fühlt er sich wie ein "Star Wars"-Held. Er schlüpft in die Haut der Film-Figur, nimmt sich seine Nerf-Pistole und zielt mit Pfeilen auf eine Dartscheibe. Richtig cool sind auch die kleinen Kämpfe, die er mit seinem Bruder Fridolin (5) nachspielt - mit Hilfe weicher Schwimmnudeln. "Außerdem lese ich im Star Wars-Lexikon von Helden und Schurken. Das hat genug Seiten für den ganzen Tag." Ab und an erlauben Mama und Papa auch ein Filmchen aus der "Ewoks"-Serie, erzählt der Neunjährige.

Damit ihm die Decke nicht auf den Kopf fällt, geht's mit dem Rad von Broich aus in den Wald. Coronagerecht, mit dem immer gleichen Freund. Die Jungs zerlegen Wurzeln umgefallener Bäume, bauen Höhlen oder Tipis. "Manchmal fahre ich auch mit Mama Rad oder mache mit Fridolin ein Feuerchen im Garten." Trotz aller schönen Dinge sagt der Grundschüler: "Ich vermisse meine Freunde und Verwandten - vor allem Omi. Es ist sehr schwer, ohne sie auszukommen." Und auch an die 96-jährige Ur-Oma in Konstanz denkt Kasimir; die sei durch Corona "ganz angsterfüllt".

Das Familien-Tablet nimmt der Papa lieber mit zur Arbeit

Dass der Papa, der Lehrer an einem Berufskolleg ist, das Familien-Tablet mit zur Arbeit genommen hat, findet Kasimir übrigens blöde. "Das macht er, weil es hier nirgends vor mir sicher ist - ich bin sehr gut im Suchen und Finden..."

Seine Schwester Maja (12) hatte in der vergangenen Woche Geburtstag. Nicht nur für sie ein Highlight, auch für Fridolin: "Da kriegen wir immer ein Geschwistergeschenk." Er findet die Coronazeit "blöde, weil ich nicht in den Kindergarten kann". Manchmal backt er mit Mama Kuchen - sie arbeitet als Steuerberaterin im Homeoffice -, manchmal spielt er Ball mit den Geschwistern in der Müga. Und Blödsinn reden, das ist auch schön: "Ich mache immer so viel Quatsch, dass meine Mama ganz doll lacht. Und ich knuddele mit ihr."

Wenn die Jungs zu frech zu den Kaninchen werden, gibt's "Häschenverbot"

Fridolin mag es hin und wieder auch, "die Häschen ein bisschen zu ärgern". Das gefällt Maja nicht; sie liebt ihre Kaninchen Speedy und Checky über alles, hat hart dafür gekämpft, dass sie einziehen durften. Und findet es richtig, dass die frechen Jungs ab und an "Häschenverbot" bekommen. Seit den Herbstferien leben Speedy und Checky im Garten hinterm Haus. In einem warmen Stall, der über eine Röhre mit einem Außengelände verbunden ist. "Wenn sie frische Luft brauchen, gehen sie einfach raus", erzählt Maja. Sie schwärmt vor allem von Checky, "einem Mädchen, das seinen eigenen Kopf hat".

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Dass man jetzt überall Maske tragen muss, man nicht mehr Schwimmen gehen oder andere schöne Dinge machen kann, hält Maja schwer aus. "Man ist so eingequetscht, man hängt immer nur zu Hause ab", so die Sechstklässlerin der Otto-Pankok-Schule. In den vergangenen Wochen konnte sie am Wochenende zumindest noch eine gute Freundin in Essen-Werden besuchen, "was zum Glück so weit weg ist, dass man da auch gleich übernachten muss...". Ohne solche Treffen sei die Gefahr groß, durchzudrehen.

Den Geburtstag will Maja groß nachfeiern

"Zum Glück fällt mir eigentlich immer etwas ein", sagt Maja. Ihr ist Bewegung wichtig; "sonst kann ich nachts nicht schlafen". Das habe sie schon mal "schmerzlich erlebt", als sie den ganzen Tag nur Bücher gelesen und CDs gehört und dann lang wach gelegen habe. Dass Papa sie regelmäßig die Treppen rauf- und runterscheucht, sei trotzdem nicht nur super: "Ich versuche immer, seinen Fitnessübungen zu entkommen", sagt die Zwölfjährige grinsend. Ihren Geburtstag will sie übrigens groß nachfeiern: in einer Wasserski-Anlage oder einem Hochseilgarten. Und vor allem mit: vielen Freunden!

INFO

Valerie und Jens Renken, 42 bzw. 49 Jahre alt, wohnen mit Maja, Kasimir und Fridolin in Broich. Die Mutter empfindet die Coronazeit mit Homeoffice und Homeschooling als "sehr anstrengend". Man könne einfach nicht allem gerecht werden, nicht Ruhe für Arbeit und Ruhe für Kinder gleichzeitig aufbringen. "Man funktioniert eigentlich nur noch."

Es sei schade, dass man die gewonnene Zeit kaum nutzen könne. Aber zumindest sei man durch die Kinder gezwungen, auch mal vor die Tür zu gehen "und ein wenig auf sich zu achten". Das heimische Büro dürfe nicht die ganze Zeit und Kraft auffressen.

Nicht ganz ohne sei auch der Schulunterricht zu Hause. "Die Kinder sind allein noch nicht fit genug für die Lernplattformen und Videokonferenzen." Da sei noch viel Engagement der Eltern erforderlich.

"Letztlich wissen wir aber, dass es uns mit unserem Haus und dem kleinen Garten im Vergleich zu vielen anderen wirklich gut geht", sagt Jens Renken.