Mülheim. Bei den Bußgeldverfahren gegen Mülheimer Schüler wird jetzt einiges klarer. Offenbar haben Schulleitungen das Ordnungsamt zur Hilfe gerufen.

Im November, als es noch Präsenzunterricht gab, war das Abstandhalten rund um die Schulen ein alltägliches Problem. Eskaliert ist es in Mülheim nach Kontrollen des Ordnungsamtes, die mit Anzeigen gegen rund 80 Jugendliche endeten. Schülervertreter hatten die „Unverhältnismäßigkeit“ dieser Maßnahmen angeprangert, die SPD warf der Verwaltung vor, sie gehe „mit dem Knüppel“ gegen Schüler vor, der OB versprach eilig, auf ein Bußgeld werde verzichtet, wenn jemand Maske getragen hat. Offenbar wird dieses Versprechen auch eingelöst. Dennoch laufen rund 60 Verfahren weiterhin, wie jüngst im Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung dargelegt wurde.

Leiter des Mülheimer Ordnungsamtes: Schulleitungen haben uns gerufen

Warum die Stadt in diesen 60 Fällen hart bleibt, erläuterte der Leiter des Mülheimer Ordnungsamtes, Bernd Otto, jetzt noch einmal auf Anfrage. Die viel kritisierten Kontrollen hätten zwei verschiedene Schwerpunkte gehabt. Zum einen: „Schulleitungen haben uns gerufen: ,Schaut mal, was vor unserer Tür vorgeht’“, erklärt Otto. Junge Erwachsene, bereits volljährig, hätten Grüppchen außerhalb des Schulgeländes gebildet, „sie standen viel zu eng zusammen“.

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In diesen Fällen laufen die Bußgeldverfahren weiter, in Form schriftlicher Anhörungen. „Die Betroffenen nehmen jetzt Stellung“, so der Amtsleiter. „Wer sich zu Unrecht angegriffen fühlt, kann schreiben, warum. Und dann wird entschieden.“ Ja, ein „zähes Verfahren“ sei dies, aber kein Knüppel.

„Wer sich zu Unrecht angegriffen fühlt, kann schreiben, warum“

Roswitha Neumann-Weber, Leiterin des Berufskollegs Lehnerstraße, bestätigt, dass das Ordnungsamt im November zur Hilfe gerufen wurde, weil Schüler augenscheinlich gegen die Corona-Vorschriften verstoßen haben. „Wir melden uns immer dann, wenn etwas auffällig ist und wir es mit unseren Aufsichtskräften nicht selber beheben können.“ So auch in diesem Fall. „An dem Tag war es ein großer Aufreger“, räumt sie ein. „Mittlerweile hört man hier nichts mehr.“

Der Leiter des Berufskollegs Stadtmitte, vor dessen Toren es ebenfalls Kontrollen und Anzeigen gab, hat sich trotz mehrfacher Nachfrage dieser Redaktion nicht zu der Angelegenheit geäußert.

Diese Bußgelder drohen

Grundlage der Bußgeldverfahren gegen die Schüler ist die Corona-Schutzverordnung.

Geahndet wird ein „Zusammentreffen im öffentlichen Raum mit anderen Personen als den Angehörigen des eigenen oder eines weiteren Hausstands oder mit mehr als zehn Personen aus dem eigenen und einem weiteren Hausstand“.

Jedem Beteiligten droht in diesem Fall ein Bußgeld, der Regelsatz liegt bei 250 Euro.

Das Nichttragen einer Alltagsmaske trotz bestehender Verpflichtung kann mit maximal 50 Euro geahndet werden.

Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen muss aber Rücksicht genommen werden.

Bleibt der zweite Kontrollschwerpunkt, den der Ordnungsamtsleiter ebenfalls anspricht: die Haltestellen vor verschiedenen Schulen, unter anderem vor der Gustav-Heinemann-Gesamtschule und dem Gymnasium Heißen. Dort galt eine Maskenpflicht und ein Mindestabstandsgebot. Dass dieses schwer einzuhalten ist, wenn zig Kinder und Jugendliche zum Bus strömen, räumt die Behörde ein. „In 20 Fällen wurden die Verfahren mit einem Belehrungsschreiben beendet“, so Bernd Otto. Diese Jugendlichen waren mit Mund-Nasenschutz unterwegs.

Schülervertretung hätte sich ausführlichere Informationen der Stadt gewünscht

Auch die neu gegründete Bezirksschülervertretung kann diese Differenzierung mittlerweile nachvollziehen. Am Berufskolleg Lehnerstraße etwa habe es beide Konstellationen gegeben: Alltagsmaske, aber kein Abstand - „hier wurden die Verfahren, wie von Herrn Buchholz versprochen, eingestellt“. Falls jedoch gegen die geltende Maskenpflicht verstoßen wurde, was ebenfalls vorkam, so hält die stadtweite Schülervertretung inzwischen „nach Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schülers ein angemessenes Bußgeld für nachvollziehbar“.

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In Sachen Kommunikation sehen die Jugendlichen aber noch Luft nach oben: „Wir würden uns in Zukunft über eine ausführlichere Informationsweitergabe seitens der Stadt Mülheim freuen.“

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