Mülheim. Trotz hoher Inzidenz: Mülheims Stadtdirektor und Krisenstabschef Steinfort verteidigt den Verzicht auf die Notbremse. So beurteilt er die Lage.

Die Stadt Mülheim folgte am Montag mit einer neuen Allgemeinverfügung dem von Kanzlerin Angela Merkel verurteilten Kurs der NRW-Landesregierung zum Schutz vor Corona. Trotz steigender Infektionszahlen lässt auch Mülheim die Geschäfte unter Bedingungen geöffnet.

Die Sieben-Tage-Inzidenz lag auch am Montag in Mülheim weit jenseits der kritischen 100er-Marke bei 134,8. Trotzdem belässt es die Stadtverwaltung dabei, dass Geschäfte weiter im Click&Meet-Verfahren Kunden zum Shoppen empfangen können. Bedingung: Ein Kunde weist mit Schnell- oder Selbsttest nach, dass er innerhalb von 24 Stunden negativ getestet worden ist.

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Schnell- und Selbsttests: Telefondrähte in Mülheims Rathaus liefen am Montag heiß

Diese Regelung hat die Drähte im Rathaus heißlaufen lassen. Am frühen Montagnachmittag registrierte Krisenstabsleiter Frank Steinfort bereits rund 1200 Anrufe unsicherer Bürger. Die Bürger hätten in Erfahrung bringen wollen, was genau denn nun zu tun sei.

Steinfort stellt dazu klar, dass es grundsätzlich zwei Wege gebe, sich via Test Zutritt zu verschaffen. Erstens: Bürger könnten in Arztpraxen, in Apotheken oder sonstigen Testzentren Schnelltests machen lassen und sich dort eine negative Testung bescheinigen lassen, die sich später etwa beim Zutritt zu einem Handelsgeschäft vorweisen lasse. Zweite Möglichkeit: der Selbsttest. Dieser kann nur wirksam sein, wenn er direkt am Eingang zu einem Ladenlokal und unter Aufsicht von Ladenpersonal vorgenommen wird. Ein solcher Selbsttest, den Ladenbetreiber selbst zu organisieren haben, müsse dann vor jedem Geschäft gemacht werden, in das man hineinwolle, so Steinfort. Heißt: drei Geschäfte, drei Selbsttests. „Wenig praktikabel“, sagt Steinfort. Aber Realität.

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Mülheim zieht keine Notbremse - Stadtdirektor: Wir halten es für vertretbar

Entgegen der deutlichen Kritik von Kanzlerin Angela Merkel an der NRW-Strategie, die eigentlich zwischen Bund und Ländern fest vereinbarte Notbremse nicht zu ziehen, verteidigt Mülheims Krisenstabsleiter das aktuelle Vorgehen. „Das Land hat es eingeräumt. Dass wir es jetzt so machen, ist legal. Wir halten es auch für vertretbar.“ Natürlich sehe man mit Sorge die steigenden Zahlen. Es bestehe aber die Hoffnung, dass durch mehr Tests mehr Infizierte, die sonst unter dem Radar blieben, identifiziert werden. Auch gebe die Regelung, dass nur negativ Getesteten Zutritt in Geschäfte und Einrichtungen gewährt wird, eine zusätzliche Sicherheit.

„Es wird sicher noch einige Wochen unangenehm bleiben“, prognostiziert Steinfort angesichts der steigenden Infektionszahlen. Er sieht aktuell aber „keinen Grund zur Panik, auch wenn die Lage ernst ist“. Die Mülheimer Kliniken berichteten am Montag im Krisenstab laut Steinfort von steigender Belastung, aber nicht von Kapazitätsengpässen. Mitunter stauen sich vor den Kliniken Rettungswagen, weil Patienten vor der Aufnahme noch zu testen sind. Inzwischen sei die Zahl der Corona-Patienten zwischen 20 und 60 Jahren dort höher als die der Patienten jenseits der 60.

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Krisenstab berät über neue Quarantäne-Regeln für Mülheims Schulen

Der Krisenstab hat am Montag weiterhin beraten, ob die Einführung der Luca App in den Testzentren Sinn machen könnte. In die App könnten die Testergebnisse eingespielt werden. Die große Frage dabei: Werden auch genügend Bürger die App nutzen, damit der Aufwand lohnt?

Einen großen Aufwand bedeuten auch die pro Tag rund 100 bei der Verwaltung eintrudelnden Impfanträge von Vorerkrankten, die es zu verarbeiten und bescheiden gilt. Und ebenfalls diskutiert der Krisenstab darüber, ob nach den Osterferien die Quarantäne-Regeln für Schulen gegebenenfalls entschärft werden, so dass nicht gleich eine ganze Klasse/Lerngruppe in Quarantäne muss, wenn ein Mitschüler positiv getestet ist.