Düsseldorf/Mülheim. Eine Viertelmillion Euro Schadenersatz fordert die Stadt Mülheim von ihrem Ex-Manager Heinz Rinas. Der erschien am Freitag erstmals vor Gericht.

Im Berufungsverfahren gegen die Forderung der Stadt Mülheim, ihr für allerlei Pflichtverstöße knapp eine Viertelmillion Euro Schadenersatz zu zahlen, verstrickte sich Heinz Rinas am Freitag vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf in Widersprüche.

Das Gericht machte schnell klar, dass sie am erstinstanzlichen Urteil des Duisburger Landgerichtes nicht zu rütteln gedenke. Der ehemalige Chef der Mülheimer Seniorendienste wird aller Voraussicht nach zur Kasse gebeten.

Schadenersatz-Forderung von 245.215 Euro und 34 Cent

So lief das Zivilrechtsverfahren am Landgericht

Einen Schadenersatz von 245.215 Euro und 34 Cent nebst Zinsen hatte das Landgericht im September 2018 aufgerufen. 15 Euro werde man abziehen. Ein Rechenfehler, stellte der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht am Freitagnachmittag süffisant fest.

Die erste - und auch letzte - Berufungsverhandlung hatte etwas von einem Showdown. Das Gericht hatte das persönliche Erscheinen von Heinz Rinas angeordnet. Das alleine schon sorgte für Spannung, hatte sich Rinas seit seiner fristlosen Entlassung Ende August 2013 bei zahlreichen Terminen der Arbeits- und Zivilrechtsverfahren rar gemacht, auch schon mal krank gemeldet.

Rinas richtet notdürftig sein schütteres, ergrautes Haar

Heinz Rinas (r.) mit seinem Anwalt Andreas Schmidt und seiner Frau auf dem Weg in den Gerichtssaal.
Heinz Rinas (r.) mit seinem Anwalt Andreas Schmidt und seiner Frau auf dem Weg in den Gerichtssaal. © Martin Möller / Funke Foto Services | Martin Möller

In Düsseldorf schritt er nun zusammen mit Ehefrau und Sohn sowie seinem Rechtsanwalt, dem ehemaligen CDU-Parteivorsitzenden Andreas Schmidt, zeitig vor Verhandlungsbeginn die Treppen hinauf zum Sitzungssaal. Auf offener Straße hätte den mittlerweile 60-Jährigen in Mülheim wohl kaum jemand wiedererkannt.

Um reichlich Pfunde erleichtert, von einstiger Körperspannung und -haltung, von seinem Sendungsdrang ist nichts mehr zu spüren. Heinz Rinas ist alt geworden. Sein in Mülheim einst zur Schau getragener Elan scheint ihm abhanden gekommen zu sein. Auf dem Gerichtsflur richtet Rinas notdürftig mit einem Kamm sein schütteres, ergrautes Haar.

Richter drängt Rinas direkt in die Defensive

Der Vorsitzende Richter und vor allem seine links und rechts sitzenden Richterinnen lassen Rinas an diesem Freitag auch nicht den Hauch einer Chance, den Hansdampf alter Tage zu mimen. Mit den Eröffnungsworten des Vorsitzenden Richters ist Rinas in die Defensive gedrängt.

Dass Rinas die Wäscherei und Reinigung der städtischen Seniorenheime im Alleingang und offenbar ohne jegliche Prüfung der Wirtschaftlichkeit an eine Fremdfirma vergeben hatte, obwohl städtisches Personal weiter zu bezahlen war, wird noch einmal erörtert vor Gericht. Hier meldet sich denn auch Rinas zu Wort, verfängt sich aber nach Sicht der Richter in seiner Argumentation in Widersprüche zu dem, was sein Anwalt zuvor am Landgericht und in der Berufungsbegründung zu seiner Entlastung angegeben hat. Das lässt das Gericht nicht durchgehen.

Schadenersatz-Forderung basiert auf zahlreichen Vorwürfen

Strafverfahren wartet seit August 2018 auf Fortführung

Seit 2016 sieht sich Heinz Rinas einer Anklage der Staatsanwaltschaft gegenüber. Ursprünglich hatte sie ihm in 123 Fällen Untreue und in fünf Fällen Bestechlichkeit vorgeworfen, jeweils in besonders schwerem Fall.

Das Strafverfahren ist im August 2018 eröffnet worden, eine Fortführung steht noch aus.

Von ursprünglich neun Angeklagten werden sich nur noch vier vor Gericht verantworten müssen. Auch die Ehefrau und Geschäftspartnerin des Mülheimer FDP-Fraktionsvorsitzenden Peter Beitz geht straffrei aus. Das Verfahren gegen sie war gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt worden.

Im vorgenannten Fall machen die Seniorendienste einen Schaden von 50.000 Euro geltend. Überdies sieht das OLG keinen Grund, auch nur einen der zahlreichen anderen Schadenersatzansprüche der Stadt zu widerrufen.

Etwa weil Rinas seinen privaten Telefonanschluss über die Seniorendienste abgerechnet hat, dazu private Lebensmitteleinkäufe. Weil er Mitarbeiter der städtischen Tochtergesellschaft für private Kurierdienste, für das Einscannen privater Fotosammlungen, die Organisation von Hilfstransporten nach Mazedonien oder die Büroarbeit seines privat betriebenen Institutes eingesetzt hat.

Die Schlappe vor Augen, holt Rinas am Ende noch einmal aus

Heinz Rinas vor sieben Jahren im Gespräch mit dieser Redaktion zum skandalumwitterten Umbau des Altenheims Haus Kuhlendahl, der seinen Vorgänger den Job gekostet hat.
Heinz Rinas vor sieben Jahren im Gespräch mit dieser Redaktion zum skandalumwitterten Umbau des Altenheims Haus Kuhlendahl, der seinen Vorgänger den Job gekostet hat. © WAZ FotoPool | Christoph Wojtyczka

Das Oberlandesgericht macht deutlich, dass schon aus dem Schiftsatzwechsel zwischen Klägern und Beklagtem deutlich werde, dass Rinas in vielen Fällen die Luft ausgehe, den Nachweis zu bringen, als Geschäftsführer jene Pflichtverletzungen nicht begangen zu haben.

Die klare Schlappe vor Augen, holt Rinas am Ende der Verhandlung noch einmal aus: Er werde immer als „Herrscher“ über alles dargestellt, dabei sei er von Aufsichtsrat, Co-Geschäftsführer Alexander Keppers und insbesondere Beteiligungsmanager Hendrik Dönnebrink abhängig gewesen.

Gericht hält die Schilderungen von Rinas nicht für glaubwürdig

„Die Leiterin unseres Controllings war eine guter Bekannte von ihm, Keppers war der Beauftragte der Beteiligungsholding, der drei- bis viermal wöchentlich bei mir auf dem Schoß gesessen hat.“ Wesentliche Entscheidungen zur Entwicklung habe Dönnebrink doch schon im Vorhinein mit der SPD entschieden. . .

Auch dies hielt das Gericht nicht für glaubwürdig. Habe der Beteiligungschef denn auch vorab entschieden, dass er Mitarbeiter der Stadttochter für seine privaten Zwecke habe einsetzen können, fragte eine der Richterin spöttisch, um auch noch mal daran zu erinnern, dass sich während des Verfahrens herausgestellt hatte, dass Rinas noch in seinen letzten Tagen als Geschäftsführer drei Mitarbeitern Falschaussagen zu seinen Gunsten abgerungen hatte. Später nahmen die Mitarbeiter ihre Aussagen zurück.

Das Urteil des Oberlandesgerichtes ist klar skizziert. Am 30. August soll es verkündet werden.