Mülheim. . Korruptionsverdacht rund um Mülheimer Seniorendienste: Unternehmensberater S. haben die Ermittler besonders im Visier. Er muss ein Multitalent sein.

In der Summe sollen sie in einem Zeitraum von nicht einmal drei Jahren knapp eine halbe Million Euro kassiert haben: Drei Berater, die der unter Korruptionsverdacht stehende Heinz Rinas zwischen 2010 und 2013 als Geschäftsführer ins Haus der Mülheimer Seniorendienste geholt hat, stehen im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Duisburg, das absehbar abgeschlossen werden soll, unter Druck. Neben der Korruption sind sie des Betruges und der Beihilfe zur Untreue verdächtig. S. ist einer von ihnen und galt als „Mädchen für alles“, als verlängerter Arm des Hauptbeschuldigten Rinas.

Zum Dienstantritt eingeführt

Rinas soll jenen Berater S., der an seinem Wohnsitz im Oberbergischen eine Beratungsfirma für die Sozialwirtschaft unterhält, direkt zu seinem Dienstantritt im Jahr 2010 in die Seniorendienste eingeführt haben. Quasi als Mann für alle Fälle, so der Eindruck, liest man Berichte der „Ermittlungskommission Ruhr“ des LKA. Ob ein Zaun umzusetzen war, die hauseigene Wäscherei aufgelöst und die Aufgabe an eine Firma in der Eifel vergeben wurde. . . Wenn Möbel für die Unterbringung rumänischer Praktikanten zu liefern waren, ein großer Posten Waschhandschuhe in Mazedonien geordert wurde oder ein Schimmelschaden im Haus Kuhlendahl zu sanieren war – stets erschien S. in den Augen von Rinas offenbar als geeignet, sich der jeweiligen Sache anzunehmen.

Allein für die zwei letztgenannten Aufträge (Möbellieferung und Schimmelschaden) stellte S. an die Seniorendienste Rechnungen in der Summe von gut 37.000 Euro. Dabei soll er etwa bei der Beseitigung des Schimmelschadens laut Zeugenaussagen nur am Rande aufgetaucht sein, schon gar nicht federführend. In einem Bericht bringen die Ermittler ihre Zweifel zum Ausdruck, dass der Unternehmensberater überhaupt in der Lage gewesen sein soll, Möbel zu liefern oder Beratungsleistungen für die Beseitigung eines schweren Baumangels zu erbringen.

Schon früh hegten sie 2013 den Verdacht, dass S. wie zwei andere von Rinas engagierte Berater überhöhte Forderungen an die Seniorendienste gestellt hat. S. habe häufig gar nur pauschale Rechnungen gefertigt, die im Unklaren ließen, was genau er wann im Auftrag der städtischen Tochtergesellschaft an Leistung erbracht haben will. In Rechnung gestellt wurden dann einfach nur ein „Beraterhonorar“ oder eine „betriebswirtschaftliche Beratung“ – in der Summe kassierte S. von den Seniorendiensten 111.000 Euro. Gegen S. ermittelt auch die Steuerfahndung. Auf seinen Rechnungen fehlte eine Umsatzsteuer-ID.

Wäscherei zahlte Provisionen

Für die Vermittlung des Wäscherei-Auftrags an eine Firma in der Eifel haben die Ermittler S. nachweisen können, dafür Provisionen, sogenannte Kickback-Zahlungen, kassiert zu haben, was laut LKA den Verdacht der Bestechlichkeit und Vorteilsannahme im Rahmen des vermuteten Korruptionsnetzwerkes rund um Rinas erhärtet hat. Wie berichtet, glaubte das LKA Anfang 2014 auch, S. könne Teile jener „Provisionen“ bar an Rinas weitergereicht haben. Dafür sollen zeitnahe Barabhebungen von S. auch an einem Bankautomaten in Oberdümpten sprechen, der nicht weit entfernt aufgestellt ist zum Haus „Auf dem Bruch“ der Seniorendienste.

Durchgängig bestehe eine große Nähe zwischen den Beschuldigten S. und Rinas, stellten die Strafermittler Ende 2013 fest. So sei S. auch als vermeintlicher Dienstleister für das von Rinas nebenbei privat betriebene Steinbeis-Beratungszentrum tätig gewesen. Hier bestehe der Verdacht, S. habe Scheinrechnungen geschrieben. Sie könnten laut Ermittlungsberichten ein Trick gewesen sein, um vom Steinbeis-Institut Gelder zu Privatmann Rinas zu lenken. Diese Gelder könnten laut Ermittlern im Zusammenhang mit korrupten Handlungen rund um die Mülheimer Seniorendienste stehen.

Verdacht: Scheinrechnungen gestellt

Zu guter Letzt taucht S. auch im Zusammenhang mit Planungen für ein Seniorenheim in Mazedonien auf, die Rinas mit weiteren Beschuldigten aus dem Ermittlungsverfahren verfolgt haben soll – übrigens im Namen der städtischen Gesellschaft. Insgesamt, so stellen die LKA-Beamten fest, führe das mannigfache Erscheinen des S. zu dem Verdacht, dass dieser für die Mülheimer Seniorendienste entweder gar keine oder nur geringe Leistungen erbracht und die mit der Stadttochter verrechneten 111 000 Euro überwiegend rechtswidrig für sich verbucht habe. Den Geldfluss an S., so die Ermittler, habe Rinas dabei wenn nicht persönlich angewiesen, so mindestens gebilligt. War S. also nur ein Handlanger, um Rinas dabei zu helfen, sich zum Schaden der Stadttochter persönlich zu bereichern?

Heinz Rinas als Hauptbeschuldigter im Ermittlungsverfahren ließ die Frist zur Stellungnahme zu den hier berichteten Verdachtsfällen abermals verstreichen, ohne sich zur Sache zu äußern. Ob die Verdachtsfälle in eine Anklage münden werden, soll laut Staatsanwaltschaft Duisburg in Kürze geprüft sein.